Oikawa PoV
Mein Sichtfeld war eingeschränkt. Ich hatte das Gefühl, mein Bewusstsein würde auf ein Minimum zusammenschrumpfen, als mein Blick Juto entdeckte, der rücklings auf Kageyamas Körper saß, seine Handgelenke rechts und links neben seinen Kopf gepinnt hatte und sich gerade über ihn beugte. Sein Mund war geöffnet, seine Zähne blitzten und waren nur Zentimeter von seinem Nacken entfernt.
Ein Grollen entwich meiner Kehle, welches ihn innehalten ließ. Den Ruf von Jin hatte er wahrscheinlich gar nicht vernommen. Seine Pupillen waren geweitet, fast nichts von seiner Farbe war mehr zu sehen. Langsam drehte er den Kopf und schaute uns an. Er keuchte und war schweißnass. Kageyama wand sich kraftlos unter ihm und wimmerte.
Der Alpha in mir knurrte erneut und ich stürzte nach vorn, während sich auch Jin vor mir in Bewegung setzte und wir mit wenigen Schritten ans Bett traten. Der Arzt packte Juto an den Schultern und versuchte ihn von dem wehrlosen Omega zu zerren. Ohne nachzudenken ließ ich meine Faust nach vorn schnellen.
Sie traf mit einem hässlichen Knirschen sein Gesicht und Juto riss es zur Seite. Seine kurze Benommenheit ließ ihn den Griff um Kageyamas Handgelenke lockern und Jin zog wieder an seiner Jacke. Er schaffte es ihn vom Bett herunter zu zerren und sie stolperten auf den Boden. Wie im Wahn sprang ich leichtfüßig auf das Bett und baute mich vor Kageyama auf, den Blick hasserfüllt auf Juto gerichtet. Ich brachte keine zusammenhängende Sätze heraus, der Alpha in mir hatte das Ruder an sich gerissen.
Stattdessen vibrierte meine Brust und erneut entwich ein Knurren meine Kehle. Juto wischte sich über die blutende Nase und richtete sich ebenfalls wieder auf, gebeugt, lauernd. Es fehlte nur noch, dass einer von uns fauchen würde damit das animalische Bild komplettiert wäre.
Juto funkelte mich an, wahnhaft, aber immer noch geduckt und hielt meinem Blick noch ein paar Sekunden stand. Seine stinkenden Pheromone tanzten um ihn herum und trieften aus jeder Pore seines Körpers. Ich hielt den Ganzen jedoch locker stand, ließ meinen eigenen Duft ausströmen und zeigte ihm, wer der überlegene von uns beiden war. Der Anblick seiner blutenden Nase hatte mich nur kurz befriedigt, ich wollte, dass er büßt für das, was er getan hat.
Ich spannte mich an und wollte gerade vom Bett hechten, als sich Jin mit erhobenen Armen zwischen uns schob. Der Arzt schaute mir tief in die Augen und sagte etwas, was ich zuerst nicht verstand. Ich wollte jetzt nicht reden, ich wollte Juto weh tun. Ihn bezahlen lassen. Er sollte sich nie wieder Kageyama nähern. Meinem Omega.
„Ich weiß, dass das dein Omega ist, Alpha", drang die dumpfe Stimme Jins an mein Ohr. Ich blinzelte kurz und legte den Kopf schief. Hatte ich das eben laut ausgesprochen?
„Juto wird mit mir nach draußen kommen. Und dann bin ich sofort wieder bei dir", sagte er ruhig und ich spürte, wie das Rauschen in meinen Ohren nachließ als ich mich nicht mehr auf den Alpha konzentrierte.
„Er soll ihn nicht anrühren", knurrte ich und Jin nickte. „Er wird ihn nicht anfassen. Er wird jetzt gehen", sagte er nickend, doch Jutos Kehle entließ ein Grollen. Sofort spannte sich wieder mein gesamter Körper an.
Juto zog die Augenbrauen zusammen und dann sah ich, wie sich sein Blick etwas klärte und er kurz den Kopf schüttelte. Jin nahm seinen Arm. „Juto? Kannst du mich hören?", fragte er ihn und fühlte den Puls an seinem Handgelenk. „Sein Puls ist hoch. Wir gehen jetzt aus diesem Zimmer hinaus, Juto", erläuterte er mit Nachdruck und Juto, der nun immer mehr im hier und jetzt anzukommen schien, schaute irritiert im Zimmer umher. „Wo bin ich? Was...", dann fiel sein Blick auf Kageyama hinter mich und in seinem Gesicht spiegelte sich schmerzhafter Unglaube.
„Das... das war nicht meine Schuld... er hat... also wegen ihm-", stotterte er beim hinausgehen während ich wütend hinterher rief: „Verpiss dich endlich!" Jin schob ihn zur Tür hinaus, wo ich unter anderem das Gesicht seines Trainers entdeckte, der ihn direkt anfing zu maßregeln, während er immer noch benommen mit dem Kopf schüttelte und die Tür sich bald schloss.
Jin trat wieder ans Bett heran. Mein rational denkendes Ich wussten, dass von dem Arzt keine Gefahr ausging, sondern er mir nur helfen wollte, doch der Alpha in mir fletschte nach wie vor die Zähne und hätte auch ihn am liebsten angeknurrt. Er hob die Hände beschwichtigend und mit wachsamen Augen kletterte ich vom Bett hinunter.
"Ich werde ihn mir kurz ansehen, Oikawa. Dafür muss ich ihn anfassen. Lässt du mich das tun?", fragte er und neigte den Kopf nach vorn. Ich hielt kurz inne, dann flochten sich plötzlich schlanke Finger um meine. Mein Kopf zuckte nach unten. Kageyama war wach. Seine Wangen waren gerötet und er atmete schwer, doch seine tiefblauen Augen schauten mich wachsam an.
Ich nickte also abgehackt ohne den Blick von ihm zu wenden. Der Arzt trat ans Bett heran und fühlte kurz Kageyamas Stirn, dann seinen Puls. "Kageyama hast du irgendwelche Blocker genommen?", fragte er mit gerunzelter Stirn. Der Omega nickte schwach. "Aber nur eine Tablette", murmelte er und ich versteifte mich automatisch.
"Ist deine Hitze planmäßig?", fragte Jin weiter und Kageyama schüttelte den Kopf. "Sie sollte erst in ein paar Tagen kommen", sagte er leise. Jin hob fragend eine Augenbraue und ich sprang ein. "Er nimmt seine Blocker durchgängig. Und während seiner Hitze zwei Stück am Tag." Jins Augen weiteten sich. "Du weißt, dass das nicht gesund ist, oder?", fragte er und fühlte erneut seine Temperatur. "Ich halte dir jetzt keinen Vortrag darüber. Du bist sowieso grad nicht ganz bei der Sache. Hört zu, alle beide. Das hier ist eine eindeutige Überreaktion. Die zu hohe Dosis der Blocker, gepaart vielleicht mit emotionalen Stress", bei diesen Worten wurde mein Gesicht unangenehm warm, "und Jutos Pheromone haben ihm den Rest gegeben. Ihr könnt euch denken, was in seiner Hitze das beste wäre", sagte er fachmännisch und ich spürte, wie die peinliche Berührung nun auch Kageyama ergriff.
"A-aber... wenn ich einfach meinen Blocker nehme", stotterte er doch Jin schnitt ihm das Wort ab. "Hast du mir nicht zugehört? Dir geht es so schlecht, weil du zu viele deiner Blocker genommen hast. Solltet ihr beide keine solche Beziehung führen, schlage ich vor, Oikawa verschwindet nun von hier und ich fahr dich nach Hause, damit du dein Fieber ausschlafen kannst und deine Hitze normal vorbei geht. Dass er überhaupt so ruhig neben dir stehen kann, beweist mir, dass du ihm nicht vollkommen egal bist und er deine Pheromone gut kompensieren kann."
Überrascht schaute ich zu dem Arzt der nun die Arme verschränkte und uns erwartungsvoll anschaute. "Wir sind nicht mehr im Kindergarten. Kageyama kann in seinem Zustand zwar keine sonderlich rationalen Entscheidungen fällen, doch ihr gebt mir nicht das Gefühl, dass ihr euch nicht mögen würdet. Dennoch: auch wenn ihr Alpha und Omega seid ist Konsens das A und O." Wir schauten uns an.
Seine rosigen Wangen auf seiner blassen Haut ließen mich schlucken. Er befeuchtete seine vollen, roten Lippen mit der Zunge und ich zerrte meinen Blick wieder von ihm weg. "Ich will nichts tun, was er bereut", sagte der Omega plötzlich mit fester Stimme. Sein Blick war grimmig und entschlossen und der Arzt verzog seinen Mund zu einem Lächeln. "Ich denke, das wird nicht das Problem sein. Oikawa, hilfst du ihm beim Aufstehen? Ich werde euch das Seminargebäude aufschließen und ihr könnt auf direkterem Weg zum Wohnheim zurück."
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Drowning in your pheromones || Oikawa x Kageyama
FanfictionInhalt: Seit er sich als Omega manifestiert hatte und die lange Linie an Alphas in seiner Familie unterbrochen hat, versucht Kageyama, mit dieser unerwarteten Wendung in seinem Leben klarzukommen. Er bleibt gern unter dem Radar, fällt nicht sonderli...