Mein?

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Oikawa PoV

"Es war taktlos und absolut respektlos", wiederholte Atsumu zum gefühlt hundertsten Mal und ließ meine Schuldgefühle um ein weiteres Kilogramm schwerer werden. "Ich weiß", murmelte ich reumütig und seufzte tief. Ich wollte Kageyama nicht bevormunden. Ich wusste doch, wie sehr er es hasste, nicht als gleichrangig angesehen zu werden.

Doch ich hatte beobachtet, was Jutos Pheromone mit ihm angestellt hatten. Seine sonst so schillernd blasse Haut war ganz bleich, fast schon grau geworden und er sah aus, als ob er sich gleich übergeben würde. Was meine eigenen Pheromone dann auch noch mit ihm angestellt hatten stand noch einmal auf einem ganz anderen Papier. Ich musste meinen Omega einfach beschützen.

Doch Kageyama war nicht mein. Das hatte er eindeutig gesagt. Und diese Worte hatten sich tief in meine Brust gebohrt. Mir war klar, dass das was zwischen uns war weder etwas festes, noch etwas offizielles war, das hatten wir eindeutig uneindeutig gelassen. Das diese Tatsache mich jedoch so sehr schmerzen würde, war mir eindeutig neu.

"Aber er hat recht", stimmte nun Kuroo in die Diskussion mit ein und holte mich so aus meinen Gedanken. "Kageyama ist nun mal ein Omega. Vielleicht war es ein Fehler, ihn überhaupt ins Managementteam zu lassen. Dieses ständige Ausgesetztsein unserer Pheromone muss doch absolut anstrengend für ihn sein. Außerdem-" - "Wenn du auch nur ein Wort sagst, dass es für dich anstrengend ist, deine Pheromone zu unterdrücken, hau ich dir eine runter", knurrte ich und funkelte ihn wütend an.

Kuroo hob jedoch nur abwehrend die Hände. "Hey, ich meine es doch nur gut. Ich will genauso wenig wie du, dass Kageyama etwas passiert", erwiderte er empört und schaute nun ebenfalls wütend. "Kuroo?", unterbrach eine zaghafte Stimme unsere Diskussion. Wir schauten zur Seite und sahen den blonden Schopf von Kenma vorsichtig um die Ecke lugen.

Kuroos Gesicht wechselte in einer Sekunde von seiner wütenden Grimasse zu einem begeisterten Lächeln. "Kenma", rief er fröhlich und Kenma trat nun unsicher grinsend hinter der Ecke hervor. "Ich weiß, ich bin ein bisschen zu früh da, aber Kageyama sagte, heute findet nur noch die Teamchallenge statt", fuhr er nervös fort und traute sich gar nicht, mir oder Atsumu ins Gesicht zu schauen. Ich hatte Mühe mein Grinsen zu unterdrücken.

Kuroo hatte eine Schwäche für den kleinen Beta und ich wusste, dass auch dieser mehr als nur freundschaftliches Interesse an Kuroo hatte. Das sah man schon an den Blicken, die er unserem Mittelblocker immer zuwarf.

"Wir sind gerade auf dem Weg dahin", nickte Kuroo und legte einen Arm um die schmalen Schultern seines Freundes und lief uns voran. Atsumu warf mir einen letzten prüfenden Blick zu, sodass ich seufzte. "Hey. Ich werde mich bei ihm entschuldigen okay? Wir sehen ihn sowieso gleich wieder, ich werde also sofort mit ihm reden", sagte ich nachdrücklich.

***

Die Teamchallenge bestand aus mehreren kleinen sportlichen Wettkämpfen, die unabhängig von unseren eigentlichen Disziplinen getestet wurden. Sie dienten dazu, mit den anderen Mannschaften in Kontakt zu kommen, doch vor allem feuerten sie unsere gegenseitige gesunde Rivalität an. Wer diese Challenge gewann, würde vor allen anderen das Barbecue genießen können, während die anderen ihre Strafrunde drehen mussten. Und das wollte niemand verpassen.

Gerade wartete ich darauf, Iwaizumi beim Staffellauf abzulösen, als mein Blick erneut durch die Menge glitt und nach einer hochgewachsenen schwarzhaarigen Gestalt Ausschau hielt. Kageyama war erst kurz vor Beginn in die Halle gestürzt und hatte sich dann zu den anderen Mitgliedern des Managerteams gesetzt. Er sah müde und geschafft aus und sofort regte sich in mir eine Sorge nach seinem Zustand. Stand er vor seiner Hitze? Würde sich der Zwischenfall der Eröffnungsfeier wiederholen?

Doch ich hatte keine Chance mit ihm zu sprechen. Während der gesamten Challenge spürte ich jedoch seinen Blick auf mir, feurig, verlangend und beinahe wäre ich über die kleine Absperrung gesprungen, die die Manager vom Spielfeld trennten und hätte jedem klar gemacht, zu wem Kageyama gehörte.

Auch jetzt nahm mich sein Blick wieder gefangen. Seine Augenbrauen waren leicht zusammengezogen, fast herausfordernd und beinahe hätte ich verpasst los zu laufen, als mich die Rufe meines Teams wieder in das Hier und Jetzt zurück holten und ich den Staffelstab von Iwaizumi übernahm.

Ich wunderte mich, wie wir die Teamchallenge überhaupt gewinnen konnten. Mein Kopf war gefüllt mit den Gedanken an den Omega und womöglich hatte ich es einzig und allein dem Team zu verdanken, nicht absolut versagt zu haben. Wir machten uns also frisch und während sich meine Teamkameraden lauthals freuten, die ersten am Barbecue zu sein, beeilte ich mich, die Umkleide zu verlassen und mich auf die Suche nach Kageyama zu machen.

Das Barbecue fand auf der Außenterrasse der Kantine statt und es tummelten sich schon einige Manager, Trainer und vereinzelte Studenten um die einzelnen Grillstationen. Ich schob mich zwischen ihnen hindurch bis ich am Rand Kageyama mit Kenma fand, die offenbar hitzig über etwas diskutierten. Ich war unsicher, ob ich dazwischen gehen sollte, doch mein Drang, mich bei Kageyama zu entschuldigen zog mich unwillkürlich zu ihnen.

"... sieht nicht gut aus, glaub mir doch", sagte Kenma gerade mit Nachdruck und der Omega schüttelte den Kopf. "Mir geht es gut, also lass mich bitte damit in Ruhe", antwortete er und wischte sich müde mit der Hand über das Gesicht.

"Kageyama?", unterbrach ich Kenma, der gerade wieder zum Reden ansetzte. Er verstummte sofort und schaute verunsichert abwechselnd zwischen uns hin und her. Kageyama drehte sich langsam zu mir. Aus der Nähe sah er noch viel erschöpfter aus und ich sah, dass seine Wangen gerötet waren.

"Könnte ich kurz mit dir sprechen? Bitte?", fragte ich ihn und hielt ihm meine Hand hin. Er schaute noch ein letztes Mal zu Kenma, der ihm einen intensiven Blick zuwarf, den ich nicht deuten konnte. Dann wandte dieser sich wortlos ab und ging hinüber zu Kuroo und den anderen, die just in diesem Moment die Kantine betraten.

"Hör zu Kageyama... ich... also ich wollte mich wirklich bei dir entschuldigen", setzte ich an und versuchte mit ihm Blickkontakt aufzunehmen. Kageyama senkte jedoch den Kopf und fummelte nervös am Saum seiner Jacke herum. "Hm", antwortete er nur. "Es war nicht richtig was ich gesagt habe... und ich weiß, wie sehr es dich stört, wenn man dich als schwach ansieht. Das war nicht meine Absicht und es tut mir wirklich leid", fuhr ich fort und er nickte nur abwesend, doch antwortete nicht.

"Ich will mich nicht mit dir streiten... kannst du mir... Kageyama?", fragte ich besorgt, als er leicht nach vorn wankte und ich automatisch meine Arme nach ihm ausstreckte. Ich legte eine Hand an seine Wange und hätte sie fast wieder weggezogen. Seine Haut glühte. Er hob endlich den Kopf und ich sah, dass er schwer atmete. "Oikawa", keuchte er schwer und seine glasigen Augen schauten mich flehentlich an. "Ich kann nicht mehr", murmelte er verzweifelt und mit einem Mal explodierten seine Pheromone in meiner Nase.

Wie eine Welle übermannte mich seine Präsenz, während er in meinen Armen zusammen sackte. "Kageyama? Hey! Kageyama", rief ich und gab ihn einen leichten Klaps auf die Wange. Er atmete schwer, doch zeigte keine Reaktion, dass er mich hören konnte. "Was ist hier los?", fragten mich einige der umstehenden Leute und in einigen Gesichter sah ich, wie sich ein hungriger Blick über ihre Züge legte. Fuck!

Kageyamas Pheromone zerrten an meiner Selbstbeherrschung und ich fasste einen kurzen Entschluss. Ich fasste ihn unter den Armen und Beinen und hob ihn auf meine Arme.

Drowning in your pheromones || Oikawa x KageyamaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt