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Leider war der Montag keine Ausnahme. Auch wenn die Temperaturen noch im Minus Bereich sind und der Schnee noch immer da ist, beginnt das normale Leben in der Stadt wieder. Ich stand jeden Morgen mit Chan auf, damit ich nicht den ganzen Tag im Bett liege. Ich trinke mit ihm eine Tasse Kaffee, ehe er auch schon geht um vor der Arbeit noch im Fitness Studio vorbei zu schauen. Ich lernte einiges über seinen Tagesablauf. Er ging morgens um kurz vor neun und kam meist gegen Zwanzig Uhr wieder nach Hause. Es gibt Tage da kam er später, doch meist schrieb er mir dann eine Nachricht. Ich erinnere mich noch an die erste Woche die er hier gelebt hat. Da kam er nie vor dreiundzwanzig Uhr nach Hause. Über das Wochenende das wir gemeinsam verbracht haben, hat sich etwas verändert und darüber bin ich auf eine Merkwürdige Art froh. Abends kochte ich meist etwas für uns beide, so dass wir gemeinsam Essen können.

Wenn er allerdings weg war, sah mein Leben nicht besonders schön aus. Ich Angelte mich von Babysitting Jobs, zu Wohnungen die ich für ein paar Tausend Won Putze, bis hin zu Hundeausführ Jobs, weil die Menschen bei dem Wetter nicht mit ihren Tieren raus gehen wollen. Ich versuchte damit so viel Geld wie es geht zu verdienen, doch reicht es bei weitem nicht. So kann ich immerhin Lebensmittel kaufen, ohne Pleite zu gehen. Doch was ich mit der Miete machen soll, weiß ich nicht.

„Ich bin so müde" jammert Chan, während er seine Schuhe anzieht. „Und ich habe heute auch noch eine Besprechung für eine Neues Comeback einer Girl Group. Das bedeutet immer so viel Stress" beschwert er sich. Wenn ich könnte, würde ich für Chan gehen, doch kann ich leider nicht. Zum einen habe ich nicht das Wissen das ich brauche um seinen Job zu erfüllen und zum anderen bin ich nicht er. Es geht eben nicht so einfach. „Das wird schon. Ich kann etwas zu Essen machen bis du heimkommst, damit du dich entspannen kannst" schlage ich vor. „Das würdest du wirklich für mich machen?" fragt er und sieht mich schon beinahe mit Tränen in den Augen an. Das ist eine Sache die ich über Chan gelernt habe. Er kommt auch mit sehr wenig schlaf aus, doch wird er dann immer sehr Emotional.

„Willst du etwas bestimmtes?" frage ich ihn. Er schüttelt den Kopf. „Nein. Es ist mir egal, solange es vor dir kommt" sagt er und ist mit einem Schritt bei mir. Seine Arme legen sich um meinen Körper und ich kann spüren wie er sein Gesicht an meinem Nacken versteckt. „Du riechst heute so gut" sagt er. Mir läuft ein Schauer den Rücken herunter, als ich bemerke das er mich wittert. Ich zerfließe beinahe in seinen Armen, da mir gar nicht bewusst war, dass sich so etwas so gut anfühlt. Meine Hände krallen sich in seine Starken Oberarme, damit ich nicht zu Boden gehe.

Als ich seine Lippen an meiner Haut spüre hätte ich beinahe gewinselt, so empfindlich war ich mit einem Mal. Wie von selber lege ich den Kopf schief, so dass Chan mehr Platz hat. Es ist als würde irgendetwas in mir wollen das er mich wittert. „M-Musst du nicht gehen?" stottere ich irgendwann. Chan brummt etwas unverständliches und löst sich ein wenig von mir. Seine Arme sind allerdings noch immer um mich geschlungen. Nun ist er es der den Kopf zur Seite legt und ich verstehe sogleich was er von mir will.

Ich lehne mich nach vorne und atme seinen angenehmen Duft nach Regen ein. Ich will mich am liebsten in den Duft Wälzen und mich gar nicht mehr von ihm lösen. Allerdings muss er noch immer Arbeiten. Eine Leise Stimme dringt durch den Nebel in meinem Kopf und schließlich schaffe ich es mich von Chan zu lösen. Wir beide schauen uns etwas verwirrt an. Seine Augen scheinen etwas neblig zu sein und er blinzelt mich ein paar Mal an. „Bis später" murmelt er schließlich. Ich winke ihm zu, bis er gegangen ist.

Was war das denn bitte?

Ich versuche nicht daran zu denken und mich stattdessen fertig zu machen um mit ein paar Hunden spazieren zu gehen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Chan Geruch hängt überall an mir dran. Es ist fast so als wäre es zu einer zweiten Haut geworden. Selbst als ich etwas frisches und Warmes an habe und mich mit meinen Dicken Winterklamotten auf den Weg zu meinen ersten Kunden mache, habe ich noch immer seinen Geruch in der Nase.

„Du bist zu spät" ist das Erste was die Hundebesitzerin zu mir sagt, als sie die Tür öffnet. „E-Es tut mir leid" stammle ich unbeholfen und schaue auf meine Armband Uhr. Ich bin eine Minute zu spät! „Ich will keine Entschuldigungen hören. Nimm einfach den Hund und verschwinde" sagt sie zu mir und drückt mir schon die Leine mit Samt dem Hund in die Arme. Verwirrt stehe ich da, als mir die Tür vor der Nase zu geschlagen wird. Ich schaue zu dem Hund, ehe ich ihn auf dem Boden setze. „Wir werden das schon schaffen oder?" frage ich ihn. Er schaut mich für einen Moment noch an, ehe er damit beginnt seinen eigenen Schwanz zu jagen. Ich seufze und gehe mit ihm zu noch einem Zweiten Hund den ich abholen soll.

Am ende kämpfe ich mich mit zwei Hunden bei minus sieben Grad durch den Schnee. Der eine Hund ist nicht großer als mein Schuh und ständig versucht seinen eigenen Schwanz zu jagen und der andere Hund reicht mir zwar bis zum Knie doch scheint er ein totaler Angsthase zu sein und traut sich nicht über den Schnee zu gehen.

Zwei anstrengende Stunden später war ich 10.000 Won reicher. Das war weit aus weniger als abgemacht, doch die eine Frau hatte leider nicht mehr und die andere Schlug mir erneut die Tür vor der Nase zu, ehe ich etwas dagegen sagen konnte. An demselben Tag putze ich noch eine Wohnung die Schlimmer als schlimm aussah. Ich war fast vier Stunden beschäftigt und bekam an Ende 25.000 Won. So verdiente ich an dem Tag etwas 35 tausend, was ungerechnet etwas weniger als 25 Euro sind. Für Sechs Stunden Arbeit ist das unter dem Mindestlohn, doch beschweren will ich mich nicht. Immerhin hatte ich heute etwas zu tun. Gestern hat mir die Mutter für die ich Babysitten sollte, einfach abgesagt.

Ziemlich erschöpft komme ich wieder nach Hause. Ich habe unglaubliche Kopfschmerzen, gegen die ich gleich etwas nehme. Am liebsten würde ich mich jetzt in mein Bett verkriechen und Schlafen, doch ausruhen werde ich mich nicht. Immerhin habe ich noch vor etwas für Chan zu Kochen. Ich schaue in den Kühlschrank nur um fest zu stellen das wir kaum noch etwas dahaben, von den Sachen die wir man Samstag gemeinsam gekauft haben. Heute ist Freitag. Ich schaue auf die paar scheine in meiner Hand. Was soll es. Ich stecke sie mir in die Hosentasche und laufe wieder zu der Haustüre. Ich werde einkaufen gehen. Morgen beginnt das Wochenende und das bedeutet das keine Schule und kein Kindergarten ist, weshalb mehr Eltern ihre Kinder beschäftigt haben wollen.

Mit einige Tüten voller Lebensmittel und übrigen 1000 Won komme ich wieder nach Hause. Ich räume die Einkäufe weg und beginne sogleich mit dem Kochen. Währenddessen werden die Kopfschmerzen nicht besser, sondern noch schlimmer, weshalb es schwer ist mich auf das Essen zu konzentrieren. Doch ich gebe mein Bestes.

„Ich bin wieder da" ruft Chan in die Wohnung kaum das er wieder hier ist. Sogleich habe ich das Gefühl das es mir ein wenig besser geht. Ich kann seinen Geruch wieder wahrnehmen und will mich an ihn schmeißen. Allerdings muss ich dafür sorgen das, das Essen nicht anbrennt. „Wie war dein Tag?" frage ich Chan, als er zu mir kommt. „Ganz gut. Allerdings hat mich der Manager ziemlich aufgeregt, da er einfach keine Ahnung von dem Zeug hat das ich mache und dann will er mich auch noch vorschreiben wie ich es besser machen soll" beginnt Chan über seinen Tag zu erzählen. Ich höre ihm gespannt zu, doch irgendwann werde ich wieder an die Kopfschmerzen erinnert die ich habe. Sie werden immer schlimmer so dass ich mir am Leisten den Kopf abreißen will. Auch beginnt mein Magen zu krampfen und der Geruch des Essens hilft dabei nicht.

„Was ich dich noch Fragen wollte ist vielleicht etwas unangenehm" beginnt Chan und ich versuche so gut es geht ihm zu zuhören. „Ich weiß das wir uns noch nicht so lange kennen und so aber ich verbringe wirklich gerne Zeit mit dir. Du bist einfach so unglaublich lieb und lustig. Naja was ich eigentlich fragen wollte ist ob du mit mir auf ein Date gehen willst?" Ich versuche ihm wirklich zu folgen, doch mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen und ich kneife die Augen zusammen. Ich krümme mich etwas, so das er Schmerz erträglicher wird.

„Seungmin geht es dir gut?" Ich höre das Chan etwas sagt, doch verstehe ich seine Worte nicht. Mein Fokus liegt auf dem Schmerz der durch meine Adern Pulsiert. Es ist als würde mich etwas von innen heraus auffressen. Mir steigen Tränen in die Augen und ich kneife sie fest zusammen. Es wird gleich aufhören. Ganz sicher.

Leider tut es das nicht. Es wird in jeder Sekunde schlimmer und schließlich bekomme ich gar nichts mehr mit. Alles wird schwarz vor meinen Augen und ich merke nur noch wie meine Beine nachgeben. Wie ich auf dem Boden aufkomme merke ich schon gar nicht mehr. 

Eingeschneit zu Weihnachten ˢᵉᵘⁿᵍᶜʰᵃⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt