Prolog

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Die Lichter brannten in seinen Augen. Sie brannten, wie seine Kehle zuvor.
Dieser Ort war laut, viel zu laut. Er hielt sich die Ohren zu.
Alles war unangenehm, er wollte heulen, sich verkriechen, so wie er es immer tat. Er wollte sich aus den Fängen der Leute um ihn herum heraus winden, wollte gehen, doch er konnte nicht.
Seine Knie zitterten, als ob er gerade von einem Schiff wieder an Land steigen würde.
Seine Lunge wurde zugedrückt, von dem Schmerz, der Panik, den Menschen, der Hitze, dem Alkohol.
Jede ungewollte Berührung, die er heute abbekommen hatte, fühlte sich dreckig und falsch an.
Er fühlte sich unwohl.
So unwohl, wie er sich sonst nie fühlte.
Und er wollte fliehen.
Irgendwohin, wo es Luft, kühle Luft und keine Menschen gab.
Immer wenn er durch die tanzende Menge schielte und mit seinen verschwommenen Sinnen wahrnahm, dass die Türe geöffnet wurde, schnappte er nach Luft, als ob sie ihn erreichen würde.
Die Sehnsucht nach der Straße, dem kühlen Wind und der Ruhe, die seinem pochenden Kopf entgegenkommen würde, wurde immer stärker.

Einen Fuß vor den anderen setzend, Schritt für Schritt, arbeitete er sich durch die Menschen, versuchte, möglichst wenig von schwitzenden Körpern berührt zu werden und hier drinne nicht hinzufallen.
Eine schweißgetränkte Hand patschte unsanft an seinen Arm, er zog ihn hektisch weg, wischte ihn an seiner Hose ab, doch es brachte nichts. Er bildete sich ein, die ekelhafte Flüssigkeit auf seiner Haut zu spüren, wie sie sich in sein Fleisch bohrte und ihn verrückt machte.
Er wurde geschubst, stützte sich mit bebenden Armen an einem Fremden ab und entschuldigte sich mit leiser, zitternder Stimme.
Bestimmt sahen ihn nun alle an.
Dort lachte jemand, bestimmt über ihn.
Über ihn und seine Unfähigkeit.
Über ihn und seine Angst.
Bestimmt dachte sich der Fremde, in dessen Shirt er sich eben gekrallt hatte, dass er nur ein besoffener durchgeknallter war, der sich nicht mehr auf den Beinen halten konnte - irgendwie war er das ja auch.

Die Tür lag nun direkt vor ihm, er sprintete nahezu zu ihr, ignorierte Blicke, den Ruf seines Kumpels und das Paar, welches sich vor ihm über die Musik hinweg stritt.
Er stieß die Tür auf, stolperte hinaus, fiel zum Glück nicht hin.
Frische, kühle Luft sog er in seine Lungen, die Tür schlug zu und die Musik war endlich leiser.
Pure Dunkelheit umgab ihn.
Atemlos sah er sich um, stolperte an den Rauchern vorbei und die Straße hinunter.

Er hasste Partys.
Er hasste das Gewühl, die Musik, die bunten Lichter.
Partys waren laut, bunt, voll, aufdringlich, beklemmend, unangenehm und regten dazu an, so viel zu saufen, bis man kaum mehr geradeaus gucken konnte.
Und er hasste jeden einzelnen Punkt abgrundtief.

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Ich gehe in diese Story jetzt einfach mal komplett ohne Vorwort rein, wobei ich natürlich trotzdem hoffe, dass sie auf interessierte Leser und Feedback trifft. Danke jedenfalls fürs Reinschauen und Lesen, für Verbesserungen, Feedback oder Derartiges stehen meine Kommentare immer offen<33

Kurz nochmal ne Triggerwarnung:
In dieser Story geht es neben Rauschmittelmissbrauch und mentalen Problemen auch um Kindheitstraumata, den Tod, Kriegen, Vergewaltigung und Depression. Lies diese Geschichte eher nicht, wenn du dich mit einem dieser Themen unwohl fühlst oder - wenn du sie ließt - brich ein Kapitel ab, sobald du das Gefühl bekommst, dass es dich triggern könnte. Deine Gesundheit geht vor<33

Lost Souls | boy×boyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt