Kapitel 10

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»Bist du bereit?«, fragte Alea ihre neue Freundin. »Ich frage dich das zum letzten Mal. Willst du das wirklich machen? Ich kann es verstehen, wenn du einen Rückzieher machst. Das ist nicht deine Angelegenheit.«

»Ich halte meine Versprechen«, erwiderte Rixa sofort. »Über Nacht habe ich meine Meinung nicht geändert.«

»Okay, ich frage nur eben schnell Carlo, wann er kommen kann.«

Sie telefonierte schnell mit ihm und erfuhr, dass er noch was zu tun hatte und nachkommen würde. Also gingen die beiden jungen Frauen alleine los.

Auf dem Weg dorthin wuchs Rixas Aufregung Stück für Stück. Auf der einen Seite hatte sie Angst, auf der anderen Seite war sie stolz, dass sie sich so etwas traute und an einem wahrscheinlich paranormalen Fall mitarbeitete.

Alea hingegen hatte ein wenig das Gefühl, dass sie zum ersten Mal nicht diejenige war, die lernte, sondern lehrte. In diesem Fall war ihre Kommilitonin die Praktikantin und nicht sie selbst, was ihr eine Menge Stärke gab. Voller Zuversicht wollte sie sich heute nicht abwimmeln lassen und gegen Herrn Jahn vorgehen.

Nach einer Weile standen sie also vor dem Haus und blickten auf die Eingangstür.

»Wollen wir lieber erst einmal auf Carlo warten?«, fragte Alea.

»Nein, das ist nicht nötig. Lass uns doch erst mal so versuchen, mit ihm zu sprechen«, schlug die aufgeregte Philosophiestudentin vor.

Alea ahnte schon, dass dies nichts nützen würde, weil Herr Jahn am Vortag schon so forsch geworden war. Nur weil sie eine weitere Person mitbrachte, würde er wohl nicht anders reagieren. Da kam ihr eine Idee.

»Vielleicht klingelst du erst einmal alleine. Mich kennt er schon und er wird mir vielleicht nicht einmal die Tür öffnen, wenn er durch den Spion schaut oder er wird die Tür zumindest gleich wieder schließen, wenn er mich sieht.«

»Und... und...«, stotterte Rixa plötzlich, »was soll ich dann sagen?«

Alea dachte kurz nach.

»Sag ihm, du bist die neue Nachbarin, die sich gerne vorstellen möchte und warte ab, wie er reagiert. Ich verstecke mich um die Ecke.«

Rixa verstand und nickte.

»So machen wir das.«

Der Plan wurde also gleich in die Tat umgesetzt. Alea lief schnell um das Haus und Rixa trat vor die Tür und setzte zum Klingeln an. Ein Signalton war zu hören und ein paar Sekunden später öffnete Herr Jahn die Tür.

»Was wollen Sie denn jetzt?«, blaffte er die junge Studentin ohne Umschweife an.

»Entschuldigen Sie bitte die Störung...«

»Ich habe doch gestern schon eine andere Frau zum Teufel gejagt und jetzt kommt die nächste«, redete sich der Mann in Rage. »Sagen Sie Ihrer Kollegin, dass man mich in Ruhe lassen soll, sonst setzt es Saures.« Seiner Drohung verlieh er mit einer geballten Faust Nachdruck.

Rixa war total verängstigt. Ein kalter Schauer lief ihr plötzlich über den Rücken, was aber nicht in erster Linie der Aggressivität des Mannes zu verdanken war. Irgendeine andere böse Macht spürte sie, welche aus dem Haus von Herrn Jahn kam. Sie riss sich aber zusammen und blieb in ihrer Rolle, was sie alle Anstrengung kostete, die ihr Körper aufzubringen vermachte.

»Ich verstehe Sie nicht. Ich bin die neue Nachbarin und wollte mich bloß vorstellen.«

»Stellen Sie sich vor!«, raunte er erneut. »Und zwar vor eine Wand, gegen die sie Ihren Kopf hauen können. Aber lassen Sie mich gefälligst in Ruhe.« Dann schlug er die Tür zu.

Mission Schicksal - 1.3 Rufe der VerzweiflungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt