34 | Praktikanten am Werk

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Natürlich stand außer Frage, dass meine Freunde ich dabei sein sollten. Wir wurden auch nicht gefragt. Wir wagten es auch nicht, zu fragen. Garantiert würde es uns niemand erlauben. Das war auch der Grund, wieso Cassandra und ich nun in Lydias Kofferraum hockten. Katharina Solace wurde von ihrem Vater im Hauptquartier bewacht, er schien seine Tochter gut genug zu kennen. Joel und Seth hatten bei Eva, ihrer Freundin, Unterschlupf gefunden und natürlich durfte Henry bei Felix mitfahren. 

Sie schmuggelten uns mit.

Oder sollten wir in Hinblick auf Henry und Felix nicht schmusen sagen?, wandte die Grinsekatze breiter grinsend als sonst ein.

,,Oder schnuckeln?", rätselte ich.

Schmuckeln?, fügte der Hutmacher hinzu.

Klingt wie schmücken, stellte Alice erfreut fest.

,,Sie schmücken uns aber nicht.", warf ich ein.

Alles nur, weil wir keine Tannenbäume sind! Grins schüttelte enttäuscht den Kopf.

Das ist Rassismus!, beschwerte sich der Hutmacher.

,,Ich wusste gar nicht, dass Tannenbäume eine menschliche Rasse sind.", erwiderte ich trocken.

,,Wenn das so wäre, dann hätte der Rest der Menschheit echt eine große Schuld bei ihnen zu bekennen.", hängte Cassandra sich der Diskussion an. 

,,Verstümmelung, Verschleppen, Missbrauch und dann Verbrennung.", zählte ich die Schandtaten meines Volkes auf. 

,,Irgendwann kommt es sicher zum Aufstand der Tannenbäume.", murmelte Cassandra düster in die Dunkelheit des Kofferraums. Es war kurz still, dann lachten wir. 

,,WOLLT IHR DA HINTEN VIELLEICHT DAS MAUL HALTEN, IHR MACHT MIR ANGST!", brüllte Lydia nach hinten. ,,Verstümmelung, Missbrauch, Verbrennung, was soll dieses Gerede vor der großen Schlacht? Wollt ihr das Unglück anziehen? Wollt ihr dieses Schicksal für uns manifestieren?"

,,Du hast Verschleppen vergessen.", rief ich nach vorne. 

,,KLAPPE!"

Den Rest der Fahrt spielten Cassandra und ich Schere, Stein, Papier, was sich etwas kompliziert gestaltete, weil es im Kofferraum so dunkel war. Es wurde nur geschummelt und irgendwann inspirierten meine Fantasiefreunde mich, mir völlig neue Zeichen auszudenken, was am Ende ausartete. Als Lydia schließlich eine Vollbremsung hinlegte und flüsterte "Wir sind da, wartet mit dem Aussteigen!", war Cassandra gerade dabei, mir ihr "Hufeisen" in den Hals zu drücken. Ich röchelte hilflos und trat ihr mehrmals gegen das Schienbein. 

,,Das hört sich richtig steamy da hinten an, was macht ihr da?", wollte Lydia pikiert wissen.

Mein "Hilfe!" kam als ein halbes Stöhnen raus.

"OH GOTT, NICHT JETZT, MÄDELS!", regte sich Lydia flüsterschreiend auf.

Als wir schließlich ausstiegen, zehn Minuten nach Lydia, fühlte sich mein Hals etwas eingedrückt an, aber immerhin humpelte Cassandra. Während wir uns die Waffen nahmen, die am Rücksitz für uns übrig gelassen worden waren, stellte ich fest: ,,War vielleicht keine so gute Idee, uns vor dem Kampf zu prügeln."

,,Es war auch keine gute Idee, Schmetterling zu erfinden. Oder dass er gegen die Schere gewinnen soll!", fauchte Cass. 

,,Sagt diejenige, die sich Christbaumkugel ausgedacht hat. Gegen den verdammten Stein.", erwiderte ich. Ich nahm mir eine Pistole und betete, dass eine reichen würde. Zielen konnte ich sowieso kaum, aber dafür hatte ich festgestellt, dass ich mit einem Messer oder stumpfen Gegenstand sehr gut umgehen konnte. Deshalb steckte ich mir ein primitives Küchenmesser ein und schulterte einen noch primitiveren Schürhaken.

criminal manWo Geschichten leben. Entdecke jetzt