19 | Aggressionen und Sachertorte

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,,Ich weiß, dass du wütend bist, und du musst ja auch nicht mit mir sprechen, aber würdest du bitte wegrutschen, du sitzt auf meinem Shirt.", bat ich Ruby.

Sie starrte die Wand an, ihr Mund war eine schmale Linie und sie musste vor drei Minuten und siebenundzwanzig Sekunden das letzte Mal geblinzelt haben.
Schlecht gelaunt war sie zwar seit dem Verhör, aber erst richtig wütend war sie, nachdem sie aus meinem Appartement stürmen wollte und darauf Dank einem heftigen Stromschlag zu Boden ging.

Vielleicht hätte ich ihr sagen sollen, dass ich die sieben-Meter-Sperre bereits aktiviert hatte (einfach vom Handy aus zu bedienen, ein Folterwerkzeug so unkompliziert wie Online Banking), doch erstens hätte sie sich darüber im Klaren sein sollen und zweitens (der eigentliche Grund) konnte der boshafte Teil in mir nicht widerstehen.
Jedenfalls kam ich eine Minute später, um sie am Boden liegend vorzufinden, wo sie gerade von einer drei sekündigen Bewusstlosigkeit erwachte. Ich musste ihr aufhelfen und sie zum Bett schleifen, was nervig war, denn eigentlich wollte ich gerade eine Dusche nehmen.

Überraschenderweise sagte sie nichts. Aber ich sah ihr nicht in die Augen, denn ich wusste, dass das schlimmer als ihre Worte wäre.

Nun war ich also zurück aus der Dusche, wollte mich anziehen und konnte es nicht.
,,Du musst nur ein wenig das Bein heben.", setzte ich so heiter wie möglich an. Positive Schwingung sollte schließlich die Stimmung erhellen.

Ganz, ganz langsam sah sie mich an. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten, ihre Augen sprühten Funken. Zuckte sie?
,,Wenn du mich jetzt angreifst, rutscht mir das Handtuch runter.", warnte ich sie.
Es war beleidigend, wie sie diese Tatsache abzuschrecken schien. Augenblicklich entrollte sie ihre Fäuste und drehte sich wieder weg.
Ich kam ihr herausfordernd näher.

,,Und wenn du mir mein Shirt nicht gibst, muss ich den ganzen Tag mit allein diesem Handtuch herumlaufen.", murmelte ich grinsend auf sie hinunter.

Mir wurde im Leben noch nie so schnell Kleidung ins Gesicht gefetzt - und ich hatte mit einer Menge Frauen Bekanntschaft gemacht, die mir bereitwillig ihre Dessous zugeworfen hatten. Allerdings langsamer. Und meistens gab es dazu den Geruch von Parfüm in der Luft und Champagner in der Nähe.

,,Danke." Ich war ihr so Nahe, dass ich einen sehr langen Moment damit verbrachte, zu überlegen, ob ich sie küssen sollte. Nur leicht, am Hals oder auf der Wange... aber meine Gedanken schienen den ganzen Raum einzunehmem, wie dichter Nebel breiteten sie sich aus und Ruby musste das spüren, denn sie drehte den Kopf zu mir, sodass ich mich in der Schusslinie ihrer Augen befand.
Wenn ich mich drei Zentimeter weiter bewegte, würde mein Gehirn von Laserstrahlen durchbohrt werden, so viel stand fest.

Schmunzelnd nahm ich mein Shirt und ging zurück in das angrenzende Badezimmer. Schließlich musste ich hübsch aussehen für mein Treffen mit Carusoe.

***

Ich sah hübsch aus. Wenn nicht sogar gutaussehend oder attraktiv. Aber Carusoe hatte sich eindeutig mehr ins Zeug gelegt. Sein rosafarbener Anzug besaß mehrere Rüschen in der Form von Blumen und er trug mindestens fünf Ringe - ich wollte sie zählen, doch er gestikulierte zu hektisch mit seinen Händen, während er sprach.

,,Ich bin begeistert, wirklich! Ich dachte schon, ich muss irgendwelche Maßnahmen ergreifen und ihre Leute foltern oder so, damit es schneller geht." Er strahlte.
Ich presste meine Zunge gegen die Oberlippe und starrte auf die Kerze zwischen uns. Was sollte ich jetzt darauf sagen?

Ich entschied mich dafür: ,,Ja, die Deadline von einem ein Monat, während die Zielperson gut bewacht in einer Anstalt war..."

,,...Unmöglich." Carusoe nickte.

criminal manWo Geschichten leben. Entdecke jetzt