6 | Tiffany Großarsch (inklusive Rubys Trauma)

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,,Ruby, Ruby, Ruby..." Die Therapeutin schüttelte den Kopf.
In meiner Fantasie zwirbelte sie dabei ihren Ziegenbart.

Genau Ruby..., grinste Grins.

Hach, Ruby..., seufzte Alice.

Ruby, Ruby..., gluckste der Hutmacher.

,,So heiße ich!", zischte ich.

,,Bist du gereizt?", hakte die Frau nach.

,,Nein.", log ich.

,,Du wirkst gereizt."

,,Nur, weil meine Fantasiefreunde so nervig sind. Gerade. Sonst sind sie ganz okay." Letzteres musste ich hinzufügen, denn ich wollte sie nicht schlecht machen. Schließlich waren sie meine Freunde.

,,Und was war heute in der Schule? Waren sie da auch... nervig?"

Ach ja, die Schule. Wegen meiner Aktion dort saß ich jetzt hier. Meine Eltern hatten mich sofort abgeholt und die Therapeutin angerufen, die noch genug Termine frei hatte.

,,Ja. Naja. Nein. Doch, ja."

,,Haben sie dich wieder dazu gebracht, Dinge zu sagen?", hakte sie nach.

,,Mhm." Ich nickte. Sie nickte. Wir nickten beide. Während sie mir tief und traurig in die Augen starrte. Es war ein sehr intimer Moment.
Und auch ein wenig unangenehm. Deshalb fing ich zögernd an wieder zu sprechen.

,,In Nordkorea gibt es Teenagerinnen, die aus Schulen genommen werden, weil sie sehr hübsch sind." Ich wurde dezent irritiert angeblinzelt. Sie hatte jetzt bestimmt nicht erwartet, Demografie von mir zu hören zu bekommen.
,,Und dann werden sie verglichen und es wird nachgesehen, ob sie auch ja Jungfrauen sind." Ich wurde immer wütender. Man durfte Frauen nicht auf so etwas herabstufen. Schön und nicht schön. Jungfrau und widerliche Hure. Das war so ungerecht.
,,Und dann tanzen sie, wenn dieser Kim Young On Diktator Typ Reden hält. Und wenn sie gerade nicht tanzen... dann..." Meine Hände waren praktisch ineinander verknotet und ich sah die Therapeutin nicht an.

Grins und der Hutmacher begannen mir Dinge einzuflüstern. Ekelhafte, gemeine Dinge. Und Sexistische. Alice beschwerte sich und jammerte. Ich war kurz davor zu heulen und das sah man mir wahrscheinlich an.

,,...dann sind sie keine Jungfrauen mehr. Sie sind seine Konkubinen." Ich presste die Lippen aufeinander, mein Herz raste. Ich war. So. Wütend.

🔫🔫🔫

Ich war so wütend. Man behandelte mich wie einen Serienmörder. Dabei war ich nur ein Mörder und auch nur zu regulären Zeiten.
Es fehlten nur Handschellen, als mich fünf Windeldrogen-Mitarbeiter in das Restaurant eskortierten. Eigentlich sollten sie eine Mauer bilden, damit mich niemand sah, aber der Mann vor mir war so klein, dass sein Gesicht in meinem Schoß gelandet wäre, wenn er sich umgedreht hätte.

Im Grunde war es sowieso egal, denn das Restaurant war direkt im angrenzenden Gebäude, das war also nur eine Vorsichtsmaßnahme.

Warren war auch ein Teil meiner Mauer. Er lächelte mich stolz an, vermutlich, weil ich einen dunkelblauen Anzug trug. Irgendwann wurde es ihm dann doch zu peinlich und er holte sein Handy raus.

In dem Lokal angekommen schwärmten sie plötzlich aus. Nur der gute Warren blieb bei mir, um mich zu seinem Boss zu führen.
Als ich ihn zum ersten Mal sah, dachte ich, ich müsste ihn wirklich verführen. Er sah aus das Klischee eines schwulen Bösewichtes. Seine Haare besaßen ein helles Blond, das alleine in dem schummrigen Licht glänzte. Außerdem schien sein lila Seidenanzug sehr eng zu sein. Er gehörte zur italienischen Mafia, aber er hätte genauso gut ein schwedisches 2,08 Meter Model sein. Es fehlte nur mehr eine Augenklappe und ein weißer Hase - der auch eine Augenklappe hatte.

criminal manWo Geschichten leben. Entdecke jetzt