Kapitel 5

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Ich spürte, wie Hoseok mich fest in den Arm nahm. Die Wärme seiner Umarmung drang durch meinen fröstelnden Körper und ich klammerte mich an dieses bisschen Trost, das er mir schenkte. In diesem Moment fühlte es sich an, als ob die Dunkelheit, die mich umhüllte, ein wenig nachließ.

Wir saßen eine Weile schweigend da und ich spürte, wie langsam die Spannung in meinem Körper nachließ. Hoseok streichelte sanft über meinen Rücken, als könnte er so die Dunkelheit vertreiben. Doch ich wusste, dass es nicht so einfach war.

"Ich bin hier für dich, Yoongi. Du musst nicht alleine durch das Dunkle gehen", flüsterte Hoseok schließlich.

"Hobi", murmelte ich leise. Er gab ein zustimmendes Brummen von sich. "Ich muss pinkeln."

Hoseok ließ mich schnell los und ich rannte in Richtung Badezimmer. Ich hatte es für die letzten zehn Minuten verdrängt, weshalb es jetzt um so dringend war.

Die kalten Fliesen im Badezimmer unter meinen Füßen brachten mich wieder in die Realität. Mein Blick fiel auf den Spiegel über dem Waschbecken und ich konnte nicht anders, als mein eigenes Spiegelbild anzustarren. Die roten Augen, die blassen Wangen, die zitternden Hände - all das erinnerte mich daran, dass ich nicht einfach so davonlaufen konnte, nicht vor mir selbst.

Nachdem ich meine dringenden Bedürfnisse erledigt hatte, wusch ich mir das Gesicht, als könnte ich auf diese Weise die Dunkelheit abwaschen. Ein bitteres Lächeln erwiderte mir die Person im Spiegel und ich schüttelte den Kopf, als wollte ich meine eigenen Gedanken vertreiben, doch es machte alles nur noch schlimmer.

Ich wusch schnell das Blut von meinem Arm ab. Das angenehm kühle Wasser beruhigte mich auf gewisse Weise. Die roten Spuren, die ich auf meinem Unterarm hinterlassen hatte, wurden nach und nach vom Wasser fortgespült und ich spürte, wie sich ein Hauch von Erleichterung in meinem Inneren ausbreitete.

Ich konnte nicht fassen, dass ich wieder einmal dieser Selbstverletzung verfallen war. Wie konnte ich so schwach sein? Wie konnte ich mich immer wieder in dieser Situation landen?

Ich schluckte schwer, bevor ich aus dem Badezimmer trat.

Hoseok saß noch immer auf dem Bett, den Blick auf seine Hände gerichtet. Als er mich sah, hob er den Kopf und seine Augen fanden meine. Er lächelte nicht, wie ich es erwartet hatte, deutete mir aber an, mich neben ihn zu setzen.

Ich sah zu ihm und stockte, als ich erkannte, was er in den Händen hielt, meine eben benutzte Klinge, die eigentlich unter dem Kopfkissen versteckt gewesen war.

Hoseok betrachtete das blutverschmierte Objekt ohne ein Wort, und eine peinliche Stille lag zwischen uns.

"Hoseok, das... das ist nicht, was du denkst", stammelte ich, meine Stimme von Panik erfüllt.

Er sah mich ernst an, ohne die Klinge aus den Händen zu legen. Sein Blick schien meine Seele zu durchdringen, und ich spürte, wie sich meine Erschöpfung in meinen Knochen manifestierte.

Es gab nichts, was ich sagen konnte, um die Wahrheit zu verstecken.

Anstatt, dass er mich, wie ich es erwartet hatte, anschrie oder beschuldigte, streckte er mir seine Arme entgegen und deutete mir an, sich auf seinen Schoß zu setzen.

Hoseok ließ die Klinge auf das Nachttischchen fallen und zog mich in eine Umarmung.

Ein schweres Seufzen entrang sich meiner Brust, als ich mich gegen ihn lehnte, und ich spürte, wie sich die Spannung in meinem Körper allmählich löste.

"Yoongi-Hyung...", begann Hoseok sanft und seine Stimme erklang nur als ein Flüstern. "Es ist in Ordnung. Du bist nicht allein, weißt du? Wir sind hier für dich, immer."

Ich konnte keine Worte finden, um zu antworten, aber seine Umarmung sagte mehr als tausend Worte.

Tränen rannten meine blassen Wangen hinab und tropften auf Hoseoks Pullover. Ich hob meine Hand zu meinem Gesicht, um mir mit meinem Ärmel die Tränen und den Rotz aus dem Gesicht zu wischen. Meine Finger zitterten, und ich fühlte mich elend und zerbrechlich wie nie zuvor.

"Hobi...", flüsterte ich schließlich, meine Stimme brüchig vor unterdrücktem Schluchzen. "Ich... ich weiß nicht mehr weiter. Es ist alles so verdammt schwer..."

Hoseok zog mich enger an sich, als könnte er so meinen Schmerz wegnehmen. Seine Hand strich beruhigend über meinen Rücken und ich klammerte mich an seine Nähe, als ob sie mich vor dem Abgrund retten könnte, der mich zu verschlingen drohte.

"Es ist okay, Hyungie. Du musst nicht alles alleine durchstehen", erwiderte er sanft und platzierte einen vorsichtigen Kuss auf meiner Stirn.

Wäre ich nicht viel zu müde und erschöpft, hätte ich gegen seine Handlung protestiert, aber jetzt schloss ich meine Augen und versank langsam in einem tiefen Schlaf, während ich mich an Hoseoks warmen Körper kuschelte.

Es war früh am Morgen, als ich wieder aufwachte. Ich konnte nicht mehr als vier oder fünf Stunden geschlafen haben, aber zu mehr hatte ich keine Zeit. Heute stand unser letztes Konzert an, hier in Seoul.

Ein Hauch von Aufregung mischte sich mit der Erschöpfung, als ich mich langsam aus Hoseoks Umarmung löste und mich aus dem Bett erhob. Mein Körper fühlte sich schwer an, als ob jede einzelne Zelle nach Ruhe und Erholung verlangte, aber mein Verstand war entschlossen, den letzten Auftritt zu meistern.

Ich zog mich an und betrachtete mein Spiegelbild im Badezimmer. Die Augenringe unter meinen Augen waren tiefer denn je, und meine Wangen wirkten hohl und eingefallen. Doch ich zwang mich, mein Lächeln aufzusetzen, auch wenn es nur eine Fassade war.

Als ich in der Küche auf die anderen traf, waren diese bereits beim Frühstück. Selbst Hoseok war schon da, der vor knapp zehn Minuten noch tief und fest in meinem Bett geschlafen hatte.

Gähnend machte ich mir einen Kaffee und sah müde aus dem Fenster. Der Himmel war von grauen Wolken bedeckt, und ein leichter Regen begann zu fallen. Die Welt draußen schien genauso erschöpft wie ich, als ob sie sich ebenfalls nach einer lang ersehnten Pause sehnte.

Die Kaffeetasse brannte heiß in meiner Hand, aber der bittere Geschmack half, mich wenigstens etwas wacher zu fühlen. Wir sprachen kaum, die Müdigkeit lastete schwer auf unseren Schultern. Doch wir wussten, dass dies der letzte Tag der Tour war, der letzte Kampf, den wir erfolgreich meistern mussten, bevor wir endlich etwas Ruhe finden konnten.

Nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Konzertstadion. Die Luft war von Anspannung durchzogen, aber auch von einem Hauch von Erleichterung. Die letzten Wochen waren eine Achterbahnfahrt gewesen, voller Höhen und Tiefen, aber jetzt näherten wir uns dem finalen Abstieg.

Die Proben verliefen ruhig, konzentriert, und jeder gab sein Bestes, aber verausgabte sich nicht, um sicherzustellen, dass dieser letzte Auftritt etwas Besonderes werden würde.

Die Stunden vergingen und als endlich der Abend hereinbrach, spürte ich, wie die Energie in der Halle vibrierte. Die Fans warteten bereits seit einigen Stunden im Stadion und die Atmosphäre war elektrisch.

Wir bereiteten uns Backstage auf das Konzert vor. Das Personal kümmerte sich darum, dass genügend Wasser vorhanden war und dass die Technik funktionierte, während wir bereits geschminkt und fertig angezogen in einem kleinen Raum warteten.

Hoseok kam zu mir, seine Augen voller Sorge. "Bereit für das große Finale, Hyung?"

Ich nickte, auch wenn ich wusste, dass es ein harter Abend werden würde. Wir waren alle am Limit, aber für ARMY würden wir unser Limit jederzeit überschreiten.

»𝐁𝐥𝐮𝐫𝐫𝐞𝐝« ˢᵒᵖᵉ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt