Kapitel 19

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Der Sonntag kam schneller als gedacht und schon stand ich mit meiner Familie im Flur und umarmte sie alle nach der Reihe. Mein. Aber drückte mich fest an sich und klopfte mir aufmunternd auf den Rücken. "Du bist stark. Ich glaube an dich, werde ich immer. Vergiss das nie."

Danach umarmte ich Geumjae, der mir einen liebevollen Schlag gegen meinen Oberarm gab. "Pass auf dich auf, Bruder. Wir sehen uns bald wieder."

Schließlich umarmte ich Amber, eine Britin mit kurzen, hellblau gefärbten Haaren und einem warmen Lächeln. "Mach's gut, Yoongi. Wir freuen uns, wenn du das nächste Mal wieder hier bist. Und vergiss nicht, du wirst der beste Onkel sein, den unser Kleiner haben kann."

"Danke, Amber", erwiderte ich und spürte eine Mischung aus Freude und Traurigkeit. Das Leben meiner Familie lief hier in Daegu weiter, während meines sich in Seoul abspielte, hunderte Kilometer entfernt.

Meine Mutter packte mir einige Snacks und selbstgemachte Mahlzeiten ein, die sie mir in einer Tasche in die Hand drückte. "Für die Fahrt", sagte sie mit einem Lächeln. "Und vergiss nicht, vernünftig zu essen. Deine Gesundheit ist wichtig, Yoongi."

Ich dankte ihr mit einem Lächeln und verließ dann das Haus. In der Einfahrt parkten schon die anderen. Dieses Mal fuhr Taehyung, was womöglich daran lag, dass Jungkook sich auf der Hinfahrt mehr mir Singen als mit Autofahren beschäftigt hatte.

"Hyunggg!", begrüßten sie mich sofort. Jimins Blick fiel auf die Extratasche von meiner Mutter. "Wie ich sehe hast du auch reichlich zu essen bekommen."

"Sieht so aus", murmelte ich.

Taehyung drehte sich vom Fahrersitz um und grinste breit. "Yoongi, ich hoffe, deine Mutter hat auch etwas Süßes eingepackt. Ich brauche Zucker, um die Fahrt zu überstehen!"

Ich nickte und öffnete die Tasche, um einen Blick auf den Inhalt zu werfen. Neben einigen gesunden Snacks und Sandwiches fand ich tatsächlich auch eine kleine Tupperdose mit selbstgebackenen Keksen meiner Mutter.

"Wir wollen dir nicht alles weg futtern", sagte Jungkook und reichte mir die Dose wieder.

"Ach, alles gut. Ich hatte das ganze Wochenende lang schon genug Kekse. Ihr könnt die Essen", log ich. In Wahrheit hatte ich während meines Besuchs bei meiner Familie am Wochenende nur aus Liebe zu meiner Mutter etwas gegessen. Bestimmt hatte ich zugenommen und musste das Gewicht wieder abtrainieren. Ich hatte nicht einmal mein Ziel von 55 Kilogramm erreicht.

"Alles in Ordnung, Yoongi?", fragte Taehyung besorgt, als er meinen besorgten Blick durch den Rückspiegel bemerkte.

Ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln. "Ja, alles bestens. Nur ein wenig müde, glaube ich." Aber in Wirklichkeit war ich alles andere als müde.

Als wir schließlich wieder im Dorm ankamen, half ich den anderen, das Gepäck aus dem Auto zu nehmen. Bevor wir überhaupt die Tür aufschließen konnten, wurde diese von Hoseok aufgerissen, er rannte auf mich zu und warf seine Arme um mich. Überrascht stolperte ich einige Schritte nach hinten und wäre umgefallen, hätte Jungkook mich nicht gerade so mit seiner freien Hand aufgefangen.

"Huch", sagte ich überrascht. Mein Herz begann zu rasen und Hoseoks Hände verursachten ein angenehmes Kribbeln auf meinem Rücken.

"Schön, dass du wieder da bist, Hyung", murmelte Hoseok, wobei sein Atem sanft mein Ohr strich, was etwas kitzelte, und strich über meinen Rücken.

"Wir waren auch alle weg, aber wir bekommen keine Umarmung!", beschwerte Jimin sich beleidigt und verschränkte seine Arme vor der Brust.

"Die Ältesten kommen zuerst", erklärte Hoseok.

"Habt ihr Hunger?", rief Seokjin plötzlich aus der Küche.

Hoseok löste sich von mir und schnappte sich meine Hand. "Hobi", begann ich, doch er zog mich bereits mit sich in Richtung der Küche. Mein Herz pochte schneller, als er meine Hand festhielt, und ich konnte spüren, wie sich ein warmes Gefühl in meiner Brust ausbreitete. Wir betraten die Küche, wo Seokjin bereits damit beschäftigt war, Essen zuzubereiten. Der Duft von Gebratenem und Gewürzen lag in der Luft und mein Magen knurrte unwillkürlich.

"Setzt euch, das Essen ist gleich fertig", sagte Seokjin und wischte sich die Hände an seiner Schürze ab.

"Also, eigentlich hab ich noch keinen Hunger. Ich bin noch satt von der Fahrt", log ich.

Seokjin schaute mich skeptisch an und legte den Kopf leicht schief. "Yoongi, du isst viel zu wenig. Das kann nicht gesund sein. Komm schon, setz dich einfach hin. Du brauchst Energie."

Hoseok zog mich sanft zu den Stühlen und zwinkerte mir zu. "Komm schon, Hyung. Ein paar Bissen schaden nicht. Wir wollen doch nicht, dass du vor Hunger umfällst."

Ich seufzte innerlich und setzte mich widerwillig an den Tisch. Kurz darauf servierte Seokjin das Essen und rief nach den anderen.

Seokjin füllte meine Portion auf und ich stocherte lustlos in meinem Essen herum. Die anderen unterhielten sich angeregt, doch meine Gedanken kreisten weiterhin um die Kalorien, die ich vermeiden wollte.

"Hast du in Daegu gut gegessen, Yoongi?" fragte Jimin, der gegenüber saß und mir einen prüfenden Blick zuwarf.

"Ja, natürlich", log ich erneut. "Meine Mutter hat viel gekocht."

"Das ist schön. Mütter sind die besten Köchinnen", sagte Jimin und tauchte seine Stäbchen in seine Schüssel.

"Dasch Essen schmeckt wirklisch fantaschtisch, Seokschin-Hyung", lobte Jungkook mit vollem Mund, was Seokjin ein zufriedenes Lächeln entlockte.

Hoseok legte seine Hand auf meine, die auf dem Tisch lag, und drückte sie leicht. "Komm schon, Hyung, iss wenigstens ein bisschen etwas. Du siehst aus, als ob du jeden Moment zusammenklappen könntest."

Die anderen nickten zustimmend, aber ich konnte mich nicht überwinden. Mein Verstand kämpfte gegen meine eigenen Gefühle an und der Wunsch nach Kontrolle über mein Gewicht überwog alles andere.

Dennoch hob ich meine zitternd Hand an, um nach den Stäbchen zu greifen. Währenddessen strich Hoseok beruhigend über meine auf dem Tisch liegende Hand.

"Danke, Yoongi", sagte Hoseok leise und ließ meine Hand los, als ich begann, ein paar Bissen zu nehmen. Doch der Geschmack vermischte sich mit einem unangenehmen Druck in meiner Brust, und die Nahrung fühlte sich schwer in meinem Magen an.

Ich konnte das nicht. Ich würde nur wieder die Kontrolle verlieren. Ich musste abnehmen und dafür würde ich alles tun.

»𝐁𝐥𝐮𝐫𝐫𝐞𝐝« ˢᵒᵖᵉ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt