Kapitel 32

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Zwei Tage später saßen wir alle im Zug nach Daegu. Ich war verdammt aufgeregt und meine Beine zitterten unaufhörlich, während ich mich an Hoseok kuschelte.

Ein Teil von mir wollte so schnell wie möglich da sein, bei meiner Familie, und alle in den Armen halten. Ein anderer Teil wollte den schnellsten Weg zurück nach Seoul nehmen, um einer Konfrontation aus dem Weg zu gehen. Als ich meiner Familie das letzte Mal begegnet bin, hatte ich noch etwa 7 Kilogramm mehr gewogen als jetzt. Was würde meine Mutter dazu sagen?

Ich spürte, wie meine Hände anfingen zu zittern, und ich ballte sie zu Fäusten, um die Tränen zurückzuhalten, die sich in meinen Augen sammelten. Hoseok bemerkte meine Unruhe und legte sanft einen Arm um meine Schultern. "Alles in Ordnung, Yoongi?", fragte er leise und strich mir beruhigend über den Rücken.

Ich nickte, aber der Knoten in meinem Magen löste sich nicht. Die Gedanken wirbelten wild in meinem Kopf, während ich versuchte, meine Ängste zu unterdrücken. Was, wenn meine Familie enttäuscht von mir war? Was, wenn ich nicht genug war, so wie ich war?

Hoseok drückte mich sanft an sich und flüsterte beruhigende Worte in mein Ohr. Wir konnten uns hier leider nicht mitten in der Öffentlichkeit küssen, auch wenn wir in der ersten Klasse mit etwa 20 anderen reichen Schnöseln saßen, die allesamt damit beschäftigt waren, auf ihrem Handy, Laptop oder Tablet zu tippen.

Ich gähnte und kuschelte mich an Hoseok. Die Maske nervte mich schon die ganze Zeit, aber wir wollten nicht mit dem Auto fahren, da jeder von uns eine Pause brauchte.

Mein Blick streifte die Fenster des Zuges, während die Landschaft vorbeizog, doch meine Gedanken waren woanders. Ich kämpfte gegen die Tränen an, die sich hartnäckig in meinen Augen sammelten, und ballte meine Hände wieder zu Fäusten, um meine Emotionen zu kontrollieren.

"Ich bin so müde, Hobi", murmelte ich und merkte, wie meine Augen langsam zufielen. Hoseok platzierte seinen von der Maske bedeckten Mund ganz nah an meinem Ohr und summte leise eine beruhigende Melodie.

Als der Zug langsam zum Stillstand kam, erwachte ich aus meinem Schlaf und öffnete langsam die Augen. Ich fühlte mich benommen und noch immer von Müdigkeit überwältigt? "Guten Morgen, Schlafmütze", sagte Hoseok neben mir und ich sah ihn verschlafen an. Er wuschelte mir kurz durch meine Haare und stand dann auf. Hoseok nahm unsere beiden Taschen aus der Gepäckablage und trug sie, während ich hinter ihm her schlurfte.

Ich folgte Hoseok, immer noch in einem leicht benebelten Zustand, während wir den Zug verließen und den Bahnhof betraten. Ein kalter Wind schlug mir ins Gesicht, und ich zog meinen Mantel enger um mich, um mich vor der Kälte zu schützen. die anderen warteten am Bahnhof und wir suchten den Bahnhof nach meinen Eltern ab, die uns hier abholen wollten.

Meine Mutter eilte auf mich zu, und ich konnte den besorgten Ausdruck in ihren Augen sehen, als sie mich betrachtete. Ihre Blicke wanderten über mein Gesicht und meinen Körper und ich spürte, wie ich mich unter ihrem prüfenden Blick unbehaglich fühlte. Sie hatte mich seit Monaten nicht mehr gesehen und ich konnte ihre Besorgnis förmlich spüren.

"Yoongi, mein Liebling", sagte sie leise, als sie mich erreichte und mich in die Arme schloss. Ich erwiderte ihre Umarmung und spürte die Vertrautheit und Wärme ihrer Nähe. Doch gleichzeitig konnte ich ihre zarten Berührungen spüren, die meinen dünnen Körper umschlossen, und ich spürte mich unwillkürlich verletzlich und bloßgestellt.

"Du bist so dünn geworden", flüsterte meine Mutter, als sie mich festhielt und mich betrachtete. "Hast du genug gegessen? Geht es dir gut?"

Ich schluckte schwer und zwang mich, ruhig zu bleiben, obwohl sich mein Inneres gegen die Flut von Emotionen wehrte, die mich überwältigten. "Es geht mir gut, Eomma", versuchte ich, sie zu beruhigen, obwohl meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern war. Meine Mutter so besorgt zu sehen, trieb mir Tränen in meine Augen.

"Yoongi", flüsterte meine Mutter und wischte sanft eine Träne von ihrer Wange. "Ich mache mir nur Sorgen um dich. Du siehst so erschöpft aus und du bist noch viel dünner geworden, seit ich dich das letzte Mal gesehen habe."

Ich senkte den Blick, unfähig, meiner Mutter in die Augen zu sehen, während die Scham und die Selbstvorwürfe mich überfluteten. Ich hatte mich bemüht, meine Probleme vor meiner Familie zu verbergen, aber jetzt konnte ich nicht länger die Fassade aufrechterhalten.

"Können wir später darüber reden?", fragte ich leise und löste mich aus der Umarmung. Meine Mutter legte sanft eine Hand unter mein Kinn und hob meinen Kopf an, sodass ich sie ansehen musste. Dann drückte sie mir einen Kuss auf die Stirn und begrüßte meine Freunde mit einer Umarmung.

Ich konnte sehen, dass sie mehr sagen wollte, doch dann zwang sie sich zu einem schwachen Lächeln. "Komm, lass uns nach Hause gehen. Dein Vater wartet schon im Auto."

Hoseok legte beruhigend eine Hand auf meinen Rücken, als wir uns in Bewegung setzten, und ich musste den Drang unterdrücken, seine Hand in meine zu nehmen. Erstens wusste man nicht, ob uns doch jemand erkennen könnte, und zweitens war Südkorea nicht gerade bekannt für seine Offenheit gegenüber Homosexualität.

Auf dem Parkplatz erkannte ich das Auto meiner Mutter und das meines Vaters. Wir waren zu viele, um in ein Auto zu passen, weshalb Hoseok, Jimin, Seokjin und ich uns ins Auto mit meiner Mutter setzen und der Rest sich zu meinem Vater ins Auto setzte. Ich hatte Seokjin erlaubt, auf dem Beifahrerplatz zu sitzen, weil ich neben Hoseok sitzen und seine Hand halten wollte. Leider musste ich auch auf dem Platz in der Mitte sitzen, weil ich der Dünnste von uns war.

Meine Mutter startete den Motor und das Auto setzte sich langsam in Bewegung. Die Straßen von Daegu zogen an uns vorbei, während wir uns dem Haus meiner Eltern näherten. Die Stille im Auto war drückend, und ich konnte die Spannung förmlich spüren, die zwischen uns lag.

"Hast du während der Fahrt etwas gegessen?", fragte meine Mutter plötzlich und ich spürte, wie sich mein Magen zusammenzog. Ich wusste, dass sie sich Sorgen machte, aber ich fühlte mich unbehaglich bei dem Gedanken, über mein Essverhalten zu sprechen.

"Ich... äh... ich habe vorher etwas gegessen", sagte ich schnell, obwohl mir bewusst war, dass meine Antwort nicht überzeugend klang. Hoseok legte beruhigend seine Hand auf meine, und ich drückte sie dankbar.

Meine Mutter warf mir einen besorgten Blick zu, aber sie sagte nichts weiter. Stattdessen konzentrierte sie sich darauf, uns sicher nach Hause zu bringen.

»𝐁𝐥𝐮𝐫𝐫𝐞𝐝« ˢᵒᵖᵉ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt