Kapitel 24

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Das grelle Licht des Badezimmers blendete mich, als ich vor der Waage stand. Ein kleiner Nervenkitzel durchfuhr mich, als ich mich darauf stellte, den Blick starr auf die Zahlen gerichtet. Die Anspannung in mir löste sich, als ich das Ergebnis sah – 52 Kilogramm. Ich hatte in den letzten Wochen noch mehr Gewicht verloren.

Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf mein Gesicht. Jeder verlorene Kilogramm schien einen Sieg zu bedeuten, einen Schritt näher an meine Vorstellung von Perfektion.

Die Badezimmertür öffnete sich und Hoseok trat ein. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich von Freude zu Entsetzen, als er die Zahl auf der Waage sah. "Yoongi-Hyung, das kann nicht dein Ernst sein."

Ich hob den Blick von der Waage und sah Hoseoks erschrockenes Gesicht. "Es geht mir gut, Hobi."

Seine Stirn legte sich in Falten und er trat näher, als wollte er sich vergewissern, dass ich wirklich in Ordnung war. "Aber Yoongi, du hast so viel abgenommen. Das ist nicht gesund."

Ich winkte ab. "Das ist nur eine Diät, Hobi. Ich will nur sicherstellen, dass ich in Bestform bin."

Hoseok zögerte, bevor er meine Hand nahm. Seine Finger strichen sanft über die deutlich sichtbaren Knochen, und ein besorgter Ausdruck trat in seine Augen. "Yoongi, das geht zu weit. Du bist bereits viel zu dünn. Das ist nicht gesund und das weißt du."

Ich entzog ihm meine Hand und wandte mich wieder der Waage zu. "Ich weiß, was ich tue, Hobi. Das ist meine Entscheidung."

"Hyungie", sagte Hoseok und strich über meine Wange. "Schau mal." Er stieg vorsichtig auf die Waage und wir beide sahen zu, wie die Zahlen schnell in die Höhe schossen und bei zwischen 63 und 64 Kilogramm schwankte. 63,8 Kilogramm. So viel wog Hoseok also.

"Hyung, schau mich an. Denkst du, dass ich dick bin?", fragte er mich.

"N-nein, natürlich nicht!", sagte ich schnell.

"Aber warum siehst du dich selbst denn als dick an? Du wiegst mehr als 10 Kilogramm weniger als ich." Hoseok nahm meine Hand in seine.

Ich senkte meinen Blick und wandte mich ab, unfähig, seiner Frage direkt ins Gesicht zu sehen. "Es ist nicht dasselbe, Hobi. Du hast einen anderen Körperbau als ich."

Hoseok seufzte und zog mich sanft zu sich heran. Er hob sanft mein Kinn an, so dass ich gezwungen war, ihm ins Gesicht zu sehen. "Yoongi, ich mache mir wirklich Sorgen um dich. Du bist viel zu hart zu dir selbst. Du bist schön, so wie du bist. Du bist perfekt."

Eine Träne löste sich aus meinen Augen und rollte meine Wange hinab. Hoseok wischte sie sanft weg und zog mich in eine liebevolle Umarmung.

"Ich h-hasse mich", schluchzte ich in seine Schulter und krallte mich in seinem T-Shirt fest. "Ich hasse m-mich so se-sehr."

Hoseok drückte mich fester an sich. Seine sanfte Stimme drang an mein Ohr, während er versuchte, mir Trost zu spenden. "Yoongi-Hyung, du bist wundervoll, so wie du bist. Du bist stark und talentiert und du verdienst es, dich selbst zu lieben."

Ich schluchzte weiter, unfähig, meine Gefühle zu kontrollieren. "Aber ich... ich kann nicht aufhören, mich selbst zu hassen. Ich will nicht... ich will nicht so sein."

Hoseok strich beruhigend über meinen Rücken und löste sich dann langsam von mir. Seine dunklen Augen suchten die meinen und er legte seine Hand auf meine Wange. Dann küsste er mich sanft. Seine Lippen waren weich und warm, das genaue Gegenteil zu meinen, die kalt und an einigen Stellen aufgeplatzt waren.

Er hob mich hoch und sofort schlang ich meine Beine um seinen Körper und verschränkte meine Hände hinter seinem Nacken.

Als er sich von mir löste, sagte er leise: "Lust auf Netflix und etwas Essen?"

Panik breitete sich in mir aus. Er wollte, dass ich aß. Er wollte, dass ich wieder dicker wurde. Doch der Gedanke daran erschreckte mich zutiefst. Die Kontrolle über mein Gewicht war das Einzige, was mir noch blieb, das Einzige, was ich kontrollieren konnte. Ich wollte nicht loslassen, wollte nicht zulassen, dass diese Macht über mich genommen wurde.

Ich schluckte schwer und versuchte, meine aufkeimenden Ängste zu unterdrücken. "Hobi, ich... ich kann nicht", murmelte ich schwach und vergrub meinen Kopf in seiner Halsbeuge.

Hoseok strich mir beruhigend über meinen Rücken, wobei seine Hand jeden einzelnen Wirbel meiner Wirbelsäule entlangfuhr und beruhige Kreise zeichnete.

Er trug mich die Treppe hinunter zum Sofa, wo die anderen bereits auf uns zu warten schienen. "Aww, Couple Goals", sagte Jungkook, als er uns beide sah.

Hoseok lächelte sanft und ließ mich vorsichtig auf dem Sofa Platz nehmen, bevor er sich neben mich setzte. Seine Hand legte er beruhigend auf meinen Oberschenkel, während er die anderen ansah. "Wie wäre es mit Abendessen, während wir einen Film schauen?"

Jungkook grinste breit. "Ja, gute Idee! Ich bestelle gleich."

Jimin nickte zustimmend. "Das klingt perfekt. Welchen Film wollen wir schauen?"

Taehyung antwortete: "Wie wäre es mit einem Comedy-Film? Etwas, das uns alle zum Lachen bringt."

Hoseok nickte zustimmend. "Das klingt gut. Yoonie, hast du einen Favoriten?"

Ich spürte die Anspannung in mir steigen, als alle ihre Blicke auf mich richteten. Die Vorstellung, etwas zu essen, ließ meine Angst wachsen. Ich zwang mich zu einem schwachen Lächeln. "Egal, was ihr wählt, ist in Ordnung."

Jungkook zog sein Handy heraus und begann, die Bestellung aufzugeben, während die anderen sich für einen Film entschieden.

Letztendlich entschieden sie sich für Cars. Ich lehnte mich an Hoseok, der einen Arm um mich legte und vorsichtig meine Hand in seine nahm.

Als der Film begann, versuchte ich, mich auf die Handlung zu konzentrieren, um meine Gedanken vom bevorstehenden Essen abzulenken. Doch die Panik in mir wuchs mit jedem Moment, der verging. Ich spürte, wie mein Herz schneller schlug und mein Atem flacher wurde. Mein Magen fühlte sich an, als wäre er zu einem festen Klumpen zusammengezogen und Übelkeit stieg in mir auf.

Hoseok bemerkte sofort meine Anspannung und drückte beruhigend meine Hand. "Alles wird gut, Yoongi. Du schaffst das", flüsterte er sanft in mein Ohr, seine Stimme voller Zuversicht.

Ich zwang mich, ihm zuzuhören und versuchte, seine Worte zu glauben. Doch die Angst überwältigte mich und ich konnte nicht aufhören, an all die Kalorien zu denken, die ich gleich zu mir nehmen würde.

"Hobi...", murmelte ich leise, meine Stimme brüchig vor Panik.

Hoseok legte seinen Arm fester um mich und drückte mich sanft an sich. "Shh, es ist okay, Yoongi. Ich bin hier bei dir. Wir schaffen das zusammen."

»𝐁𝐥𝐮𝐫𝐫𝐞𝐝« ˢᵒᵖᵉ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt