Kapitel 29

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Die Gedanken wirbelten in meinem Kopf, während das Wasser weiter über uns floss. Ich konnte den Blick nicht ertragen, den ich im Spiegel sah – Hoseoks perfekten Körper und daneben meinen, kaputten, abgemagerten Körper, der nicht einmal etwas essen konnte ohne zu versagen.

Plötzlich wurde das Atmen schwer, und ein stechender Schmerz durchzuckte meinen Bauch. Ein heftiges Ziehen, das mich dazu zwang, mich krampfhaft an der Wand festzuhalten, um nicht zusammenzubrechen.

"Hoseok, es tut weh", stieß ich hervor, mein Atem keuchend und flach. "Es tut so verdammt weh."

Panik ergriff mich, als der Schmerz sich in meinem ganzen Körper ausbreitete und mich in die Knie zwang. Hoseok reagierte sofort, ergriff meine Hand und zog mich behutsam aus der Dusche, während er beruhigend auf mich einsprach. Doch der Schmerz ließ nicht nach, er wurde nur stärker, unerbittlicher, bis ich kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte.

Plötzlich wurde alles um mich herum verschwommen und ich spürte, wie meine Sinne schwanden. Ich wurde nicht ohnmächtig, aber ich wünschte, ihr wäre es. "Yoongi-Hyung? Oh Gott, nein!", hörte ich Hoseoks panische Stimme. "JIN-HYUNG! BADEZIMMER!", schrie er und kurze Zeit später hörte es sich an, als würde eine Horde Elefanten ins Badezimmer stürmen. Mit Sicherheit hatten sie noch immer die Panik, dass ich wieder etwas tun würde, aber in meinem Zustand erschien es mir unmöglich, überhaupt zu reden.

Mir war es auch total egal, dass ich gerade splitterfasernackt mitten im Badezimmer lag und alle mich anstarrten. 

"Hoseok, was ist passiert?", fragte Seokjin besorgt, seine Stimme durchdrang den Nebel, der mein Bewusstsein umhüllte und hallte in meinem Kopf wider.

"Ich weiß es nicht genau", antwortete Hoseok mit bebender Stimme. "Er... er brach einfach zusammen. Yoongi, bitte, wach auf. Wir müssen dir helfen."

Ich versuchte, meine Augen zu öffnen, aber sie fühlten sich bleischwer an, als ob sie von unsichtbaren Gewichten niedergedrückt würden. Alles, was ich spüren konnte, war der brennende Schmerz, der meinen Körper durchdrang und jede Faser meines Körpers zu zerschmettern schien.

"Wir sollten ihn ins Krankenhaus bringen", schlug Seokjin vor, seine Stimme mit Besorgnis gefärbt.

"Nein", flüsterte ich, meine Stimme kaum mehr als ein Hauch. "Ich... ich will nicht ins Krankenhaus."

"Yoongi! Endlich!", rief Seokjin erleichtert, als meine Augen sich langsam öffneten und ich ihn verschwommen wahrnahm. Die Umrisse der anderen verschwammen im Hintergrund, während ich mühsam versuchte, mich aufzurichten.

"Hoseok, hol bitte ein Glas Wasser", sagte Seokjin mit ruhiger Stimme, während er sich zu mir beugte, um meinen Puls zu fühlen.

Hoseok, der sich - wie ich erkennen konnte - einen Bademantel übergeworfen hatte, eilte sofort aus dem Badezimmer, und ich konnte seine Schritte in der Ferne hören. Die Stille im Raum war drückend, nur das leise Ticken der Uhr an der Wand durchbrach sie.

Ich schluckte schwer, mein Mund fühlte sich trocken an, als ich versuchte zu sprechen. "Es tut... es tut mir leid, Hyung. Ich weiß... nicht, was los ist. Es ist einfach... alles zu viel", brachte ich mühsam hervor, meine Stimme brüchig vor Erschöpfung und Verwirrung.

Seokjin legte beruhigend seine Hand auf meine. "Es ist okay, Yoongi. Du bist sicher hier bei uns. Aber wir müssen sicherstellen, dass du medizinische Hilfe bekommst. Du bist erschöpft und dein Körper braucht dringend Ruhe."

Ich wollte protestieren, aber meine Kraft versagte mir, und ich sank zurück auf den Boden, erschöpft von dem Kampf gegen den Schmerz, der mich überwältigt hatte.

"Hier, trink ein paar Schlucke Wasser", sagte Hoseok, als er mit einem Glas zurückkehrte. Er hielt es mir vorsichtig a die Lippen und ich nahm gierig ein paar Schlucke, um meine ausgetrocknete Kehle zu benetzen.

"Kein Arzt... kein Krankenhaus", murmelte ich schließlich.

"Yoongi, du musst verstehen...", begann Seokjin mit sanfter Stimme, aber ich unterbrach ihn schnell.

"Nein, bitte", flehte ich leise. "Ich verspreche, es geht mir gut. Ich werde mich ausruhen, ich werde auf mich aufpassen. Kein Arzt, kein Krankenhaus. Bitte."

Ich wollte nicht weiter darüber diskutieren. Jeder Gedanke an ein Krankenhaus ließ Panik in mir aufsteigen und ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, in einem sterilen Raum zu liegen, umgeben von Menschen, die meine Schwäche beurteilten.

"Bitte, vertraut mir. Ich bin okay", beteuerte ich, obwohl ich wusste, dass es eine Lüge war. Ich fühlte mich alles andere als okay, aber ich konnte nicht zulassen, dass sie mich ins Krankenhaus brachten. Ich musste stark sein, auch wenn ich es nicht war.

Hoseok und Seokjin tauschten erneut einen besorgten Blick aus, bevor sie mir halfen, mich aufzurichten. Meine Beine fühlten sich an wie Blei und ich war kaum in der Lage, mein eigenes Gewicht zu tragen. Mit zittrigen Knien und einem Schwindelgefühl versuchte ich, aufrecht zu stehen, während Hoseok und Seokjin mich stützten.

"Langsam, Yoongi. Wir sind hier bei dir", sagte Seokjin sanft.

Hoseok legte beruhigend seine Arme um mich und half mir, als ich beinahe das Gleichgewicht verlor. Endlich erreichten wir das Waschbecken und Hoseok half mir, mich darauf zu stützen, während Seokjin nach einem Handtuch griff, um mich vorsichtig abzutrocknen.

Im Spiegel konnte ich sehen, dass die anderen das Badezimmer verlassen hatten. Aber ich konnte auch mein Gesicht erkennen, meine eingefallenen Wangen und meine Augen, die von tiefschwarzen Rändern untermalt waren.

Ich wurde in ein Handtuch gewickelt und dann nahm Hoseok mich auf seinen Arm. "Huh? Ich kann alleine gehen, Hobi. Ich bin ein Erwachsener Mann", murmelte ich verwirrt.

Hoseok lächelte sanft, aber es war ein trauriges Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. "Ich weiß, Yoongi-Hyung. Aber manchmal ist es okay, Hilfe anzunehmen, besonders wenn man so erschöpft ist wie du."

Als wir endlich in meinem Zimmer ankamen, half Hoseok mir, mich auf das Bett zu setzen und ich ließ mich dankbar darauf sinken. Ich spürte mich wie ein Wrack, meine Knochen schienen aus Glas zu sein, bereit, unter dem geringsten Druck zu brechen.

Hoseok ging zu meinem Kleiderschrank und nahm einige Klamotten heraus. Er kehrte mit einem Stapel Kleidung zurück und legte sie auf das Bett neben mir. "Wir sollten dich anziehen, Yoongi. Dir ist sicher kalt."

Ich nickte zustimmend, dankbar für seine Fürsorge, und begann langsam, das Handtuch von meinem Körper zu lösen. Ein Schauer durchfuhr mich, als ich die kühle Luft auf meiner Haut spürte.

Hoseok half mir beim Anziehen als wäre es das normalste auf der Welt. Doch ich spürte seinen Blick. Er schien mich zu verurteilen und ich hatte immer noch Angst, einfach von ihm verlassen zu werden, wenn er realisierte, dass ich nur ein Wrack war, dem nicht mehr zu helfen war.

»𝐁𝐥𝐮𝐫𝐫𝐞𝐝« ˢᵒᵖᵉ ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt