Mein zweites Ziel, Papas Geschäftspartner, war weniger einfach zu finden. Sein Haus befand sich ein ganzes Stück abseits vom Dorf im Wald, wo ich jedoch kein Netz hatte und das letzte Stück auf gut Glück fahren musste.
Zum Glück kam ich tatsächlich an einem kleinen Häuschen aus vom Wetter dunkel gefärbten und mit Moos bewachsenen Holzbrettern an. Der Weg zu der schief hängenden Haustür war so zugewachsen, dass ich erst glaubte, hier würde niemand wohnen, doch an einer Klingel stand tatsächlich der Name Böhm.
Also war ich richtig. Und dem Zustand seiner Behausung nach zu urteilen konnte der Mann wirklich gut das Geld benötigen. Ich überlegte kurz, einfach zu klingen, entschied mich jedoch dann dagegen. Falls er Felicia tatsächlich hier irgendwo festhielt und ich ihn darauf ansprach, würde er sie sicherlich nicht freilassen. Im Gegenteil, vielleicht schaffte er sie sogar weg. Also musste ich mich erst umsehen.
Nachdem ich ein Stück zurückgegangen war, um mein Fahrrad in einem Busch zu verstecken, schlich ich mich leise um das Haus herum, um einen Blick durch eines der Fenster zu werfen. Das Haus, oder eher die Hütte, bestand aus einem großen Raum, in dem ein schmales Bett, ein großer Schrank, Kochfläche und ein einfacher Holztisch mit drei Stühlen standen.
Im hinteren Teil der Hütte befand sich noch eine kleinere Tür, die in einen weiteren Raum führte. Wie ich nach einem Blick durch ein Fenster auf der Rückseite des Hauses erkannte, war es ein winziges Badezimmer mit Dusche, Toilette und Waschbecken.
Hier gab es schon einmal keinen Platz, um ein Kind gefangen zu halten, doch ich setzte meinen Weg um das Haus herum fort und tatsächlich, als ich an die linke Hausseite bog, entdeckte ich neben der Wand eine kleine Holzklappe, die in einen Keller führen musste.
Bingo! Ich hockte mich hin und griff mit beiden Händen unter das Holz der Platte, doch kräftiges Ziehen half nicht, damit sie sich öffnete.
Kurz überprüfte ich, ob sie noch irgendwo verriegelt war, doch als ich nichts fand, griff ich nach einem am Boden liegenden Stock und nutzte ihn als Hebel.
Mit meinem gesamten Gewicht stemmte ich mich darauf und tatsächlich bewegte sich die Klappe langsam mit einem lauten Knarren, bis sie schließlich komplett offen war.
Jetzt verstand ich auch, wieso sie geklemmt hatte. Wurzeln waren daran festgewachsen und hatten sie zugehalten, doch jetzt hatte ich freien Zugang zu einem dunklen, modrig riechenden Loch. Das Sonnenlicht reichte nicht aus, um den Boden des Kellers erkennen zu lassen. Ich sah nicht einmal, ob es eine Leiter gab, die in die Tiefe hinabführte.
„Felicia? Bist du da?", rief ich mit leiser Stimme in die Tiefe hinunter, erhielt jedoch keine Antwort.
Oh nein! Wenn Felicia dennoch dort war, konnte sie vielleicht nicht reden und musste schreckliche Angst haben. Und dann musste ich hinunter, um sie zu befreien. Dabei konnte ich die Dunkelheit nicht ausstehen. Alles in mir zog sich zusammen, als ich nur daran dachte, in den Keller zu gehen.
Was, wenn dort jemand anderes war als Felicia? Jemand, der mir Böses wollte?
Meine Vorstellungen, was mich dort erwarten würde, liefen amok, als ich mit zitternden Fingern mein Handy aus der Hosentasche angelte und mit der Taschenlampe hinunterleuchtete. Ich entdeckte nur einen Boden aus plattgetretener Erde, etwa zwei Meter unter mir. Springen war die einzige Möglichkeit, hinunterzukommen und hinunter musste ich, denn soweit ich mich auch vorlehnte, die Wände des Raumes konnte ich nicht entdecken.
Meine Hände waren ganz schwitzig, als ich mein Handy in meine Jackentasche schob, mit beiden Händen die Außenseiten der Bodenklappe ergriff und einmal tief durchatmete. Für meine Schwester musste ich es tun.
Ich setzte mich auf dem Boden, steckte die Beine ins Loch und wollte gerade nach vorn rutschen, als hinter mir eine männliche Stimme ertönte: „Das würde ich an deiner Stelle nicht tun!"
Erschrocken fuhr ich herum und erblickte einen älteren, hochgewachsenen Mann, der mit großen Schritten und gerunzelter Stirn auf mich zukam.
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Ich werde meine größte Angst
Misterio / Suspenso„Was ist, wenn ein Monster mich doch holt?" „Dann tue ich alles, was ich kann, um dich zurückzubringen!" Und das meine ich ernst. Ich tue alles, was ich kann. Und noch weitaus mehr. Deine größte Angst sind Monster in der Dunkelheit. Das Letzte, was...