„Also erst einmal solltest du dich einem Haus wirklich unauffälliger nähern", begann Herr Böhm und deute wage in Richtung des Weges, auf dem ich gekommen war. „Wenn du mit deinem quietschgelben Fahrrad angeradelt kommst, zuerst vor der Tür herumschnüffelst und dann um das Haus herumläufst, ist das mehr als auffällig. Vor allem, wenn es hellichter Tag ist und sich um dich herum Bäume befinden, hinter denen sich jemand verstecken könnte, um dich zu beobachten".
Ich versuchte, nicht rot zu werden aufgrund meiner doch ziemlich offensichtlichen Fehler. Ich hatte meine Umgebung tatsächlich nocht ausreichend im Blick gehabt. „Und Sie standen hinter einem Baum?"
„Irrelevant", entgegnete er und fuhr fort: „Wenn du dann einen veborgenen Keller, den man nur durch eine Falltür betreten kann, findet, solltest du, mal abgesehen davon, dass die festgewachsene Klappe zeigt, dass schon seit Monaten niemand mehr drinnen war, nicht einfach so reinspringen. Es wäre ein Leichtes für mich gewesen, die Klappe über dir zu schließen und mit etwas Schwerem zu verstellen. Und hier hätte keiner deine Rufe gehört. Mit deinem nicht vorhandenen Internet hättest du auch niemanden anrufen können".
Ich warf einen kurzen Blick auf mein Handy und sellte vor, dass ich hier, wie zuvor, keinen Empfang hatte. Bei dem Gedanken, dort unten eingesperrt zu sein, rutschte mir mein Magen in Richtung der Kniekehlen.
Herr Böhm schien meine Reaktion zu erkennen und lächelte kurz, bevor er sagte: „Und zuletzt, wie du reagieren solltest, wenn du erwischt wirst: Der Stock war wirklich eine gute Idee, aber Drohen bringt dir nichts, wenn der Gegner doppelt so schwer ist wie du. Du musst direkt zuschlagen, bestenfalls an den Kopf oder zwischen die Beine, und dann wegrennen. Gibst du ihm die Möglichkeit, dich zu entwaffnen, hast du schon verloren".
Zögerlich starrte ich auf den Stock. Würde ich es wirklich schaffen, willentlich einen Menschen damit anzugreifen? Wenn ich mir sicher war, dass er meine Schwester entführt hatte, dann vielleicht.
„Und noch einen Tipp für Befragungen: Kein Täter wird jemals einfach so zugeben, dass er schuldig ist. Die Menschen reden nur, wenn sie durch existierende Beweise sowieso schon überführt sind, oder wenn sie die Konsequenzen für ihr Reden weniger fürchten als die für ihr Schweigen".
Verwirrt runzelte ich die Stirn: „Den letzten Satz verstehe ich nicht so wirklich".
„Es würde mich auch überraschen, wenn du es tätest. Du siehst mir noch ziemlich unschuldig aus", bemerkte Herr Böhm und warf endlich den Stock, den er die ganze Zeit gehalten hatte, beiseite. „Du musst dafür sorgen, dass die Leute Angst vor dir haben. Dass es ihnen wie eine Gnade vorkommt, von der Polizei verhaftet und ins Gefängnis gesteckt zu werden und dass sie bereit sind, alles dafür zu tun, nicht mehr mit dir in einem Raum zu sein".
„Und wie soll ich das anstellen?", hakte ich irritiert nach. Seine Andeutung klang schon ziemlich heftig.
„Das sind Dinge, die ich einer Minderjährigen nicht erzählen werde", er warf einen vielsagenden Blick auf den Stock. „Nicht, dass später jemand denkt, ich hätte dich auf Ideen gebracht..."
Ich dachte nach. Zuvor war es mir nie in den Sinn gekommen, jemanden zu bedrohen, um das zu bekommen, was ich wollte. Aber weil ich keine Polizei war, würden die Leute mich sonst nicht ernst nehmen. Vielleich war Böhms Idee tatsächlich ein Anfang. Seine anderen Verbesserungsmöglichkeiten klangen jedenfalls einleuchtend.
„Haben Sie denn eine Idee, wer meine Schwester entführt haben könnte?", fragte ich ihn hoffnungsvoll. Er war mein einziger Verdächtiger gewesen und jetzt brauchte ich dringend eine neue Spur.
„So gut kenne ich deinen Vater auch nicht", grinste Böhm. „Wir waren nur damals einige Jahre zusammen in der Bundeswehr und haben noch ein wenig Kontakt. Aber konzentriere dich bei den Ermittlungen auf alle möglichen Hinweise, sollten sie noch so klein sein. Und überlege, wer einen Grund hätte, deine Schwester zu entführen und die Möglichkeit, dies tatsächlich unauffällig durchzuziehen".
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Ich werde meine größte Angst
Misterio / Suspenso„Was ist, wenn ein Monster mich doch holt?" „Dann tue ich alles, was ich kann, um dich zurückzubringen!" Und das meine ich ernst. Ich tue alles, was ich kann. Und noch weitaus mehr. Deine größte Angst sind Monster in der Dunkelheit. Das Letzte, was...