Trotz meiner Angst reagierte ich blitzschnell, sprang wieder auf und hob den Stock, den ich nach Öffnen der Klappe fallen gelassen hatte, drohend in seine Richtung.
Falls er wirklich der Entführer war, durfte er mich nicht auch noch kriegen. Dann gab es niemanden, der Felicia noch helfen konnte und ich hatte niemandem erzählt, wo ich hingegangen war. Vielleicht würde er dann sogar doppeltes Lösegeld verlangen, das Papa nicht zahlen konnte.
Der Mann blieb zwei Meter von mir entfernt stehen und ich streckte drohend den Stock in seine Richtung: „Keinen Schritt weiter!"
Er grinste nur, ergriff mit einer Hand das andere Ende des Stockes und entzog ihn mir ohne größere Anstrengung.
Erschrocken taumelte ich zurück, nur knapp das Loch im Boden umkurvend. Was sollte ich tun? Er sah trotz seines Alters und seiner grauen Haare noch sportlich aus und hier im Wald konnte mich, falls er etwas tun wollte, niemand hören. Das war eine ganz schlechte Idee gewesen. Ich würde es sicherlich nicht schaffen, zu meinem Fahrrad zu kommen, bevor er mich einholte, selbst wenn ich jetzt sofort losrannte.
„Sie sind Herr Böhm?", fragte ich, während ich fieberhaft nachdachte.
„In Person", entgegnete er. „Und soweit ich das mitbekommen habe, suchst du das Mädchen, das vorletzte Nacht verschwunden ist? Das von Dolos Schelte?"
„Sie kennen also meinen Vater?", fragte ich prüfend nach, ohne eine direkte Antwort zu geben.
„Ja, und er hat mich bereits angerufen, ob ich ihm das Lösegeld leihen könnte", lachte der Mann. „Dabei sollte er sich doch wohl im Klaren sein, dass ich finanziell gerade nicht die beste Situation habe".
„Und deswegen haben Sie sie entführt?", fragte ich, einen unauffälligen Schritt zurück machend.
„Gott bewahre, nein! So wichtig ist mir das Geld auch nicht. Ich bin zufrieden mit dem, was ich habe", der Mann machte einen kleinen Schritt zurück, wie um mir Freiraum zu lassen. Irritiert runzelte ich die Stirn. „Aber du hast Glück, dass ich nicht der Täter bin. So auffällig, wie du dich verhalten hast, hätte dich jeder sofort gefunden. Und der Entführer wäre weniger freundlich gewesen".
Das fand ich jetzt schon ein wenig beleidigend. Dass er es wagte, meine Vorgehensweise zu kritisieren... Genervt verschränkte ich die Arme und fragte trotzig: „Was hätte ich denn, Ihrer Meinung nach, besser machen sollen?"
„Das kann ich dir gerne erklären, Tiara. Aber lass uns dafür doch hineingehen. Willst du etwas trinken?"
„Wir können das geren hier besprechen. Und woher kennen Sie meinen Namen?", entgegnete ich. So ganz glaubte ich dem Mann noch nicht. Was, wenn er mich durch seine Erzählungen nur ablenken wollte und mich dann in der Hütte angriff?
„Dein Vater hat nur zwei Töchter und du bist offensichtlich nicht die, die vermisst wird", erklärte er, entfernte sich noch ein Stück von mir und lehnte sich gegen die Hüttenwand. Jetzt hätte ich die Möglichkeit, wegzulaufen, doch irgendwie war ich auch neugierig darauf, was er mir zu sagen hatte.
Und vielleicht verriet er sich doch noch als Entführer.
„Und welche Tipps wollen Sie mir geben?"
DU LIEST GERADE
Ich werde meine größte Angst
Misterio / Suspenso„Was ist, wenn ein Monster mich doch holt?" „Dann tue ich alles, was ich kann, um dich zurückzubringen!" Und das meine ich ernst. Ich tue alles, was ich kann. Und noch weitaus mehr. Deine größte Angst sind Monster in der Dunkelheit. Das Letzte, was...