Kapitel 9

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Seit Tagen mache ich mir Sorgen.
Gedanken, die mir sagen, ich hätte sie verloren.
Mein Hals wird staubtrocken und ein Kloß bildet sich.
Wie kann sie mir das antun?
Wie kann sie uns das antun?
Bedeutet unsere Freundschaft ihr nichts?
Hat sie keine Schuldgefühle?
Und hat ihr das überhaupt jemals etwas bedeutet oder war alles nur eine reine Lüge?

Ich bemerke hinter mir eine männliche Gestalt. Er hat mich eingeholt. „Fuck" nehme ich flüsternd hinter mir wahr.
Es ist mir egal, denn bei dem, was ich vor mir sehe, wird mir übel. Niemals hätte ich das erwartet. Selbst er ist schockiert, also wusste er wirklich nicht, was mit Nalia war.

Nalia.
Ace.
Nalia und Ace.
Meine beste Freundin und ihr Entführer.
Hat er sie überhaupt entführt?

Sie hat mich wirklich verraten.
Es bleibt alles stehen und ich würde am liebsten im Boden versinken. Alles um mich herum verschwimmt, als würde sich ein Schutzschild um mich bauen.
Die weibliche Stimme, die auf einmal viel zu hoch klingt.
Ihre Stimme, die versucht auf mich einzureden. Ich verstehe sie kaum, nur einzelne Wörter. Bruchstücke.
Bruchstücke von ihren leeren Entschuldigungen, die eh nichts mehr retten können. Sie hat alles zerstört und es sich selbst zu verdanken. Wie kann man so ekelhaft sein? Seine beste Freundin so dermaßen zu verraten und zu hintergehen. Ich muss hier dringend weg, sonst übergebe ich mich noch.
„Rachel, es ist nicht so, wie es aussieht, bitte glaub mir doch!" Ich schüttle meinen Kopf und halte meine Hände an meine Ohren, ihre Worte sind gelogen! Es ist genauso wie es ausschaut, sie hat sich von Ace vögeln lassen.

„Doch Nalia! Es ist genauso wie es aussieht und das weißt du ganz genau!" Schreie ich ihr hasserfüllt entgegen und rede auch gleich weiter, bevor sie versucht weiter zu sprechen „Seit TAGEN! SEIT TAGEN MACHE ICH MIR FUCKING NOCHMAL SORGEN UM DICH! GENAU UM DICH NALIA!" Mit meinem Finger zeige ich auf sie und mache eine kurze Pause, um mich zu sammeln. „Und jetzt sehe ich ja, dass es dir gut geht und du mich nicht mehr brauchst! Wie kann man jemanden so in den Rücken fallen?! Ich hätte es eher wissen müssen, dass du eine falsche Schlange bist! Gott, wie konnte ich so blind sein?!" Am Ende spreche ich eher zu mir selbst als zu ihr.
Sie weint, doch sie kann mich nicht mehr zurückgewinnen. Es ist vorbei! Vorbei mit unserer Freundschaft. „Und wie ich sehe ist dir unsere jahrelange Freundschaft komplett egal, denn du hast sie weggeschmissen, als wäre es nichts! Unsere ganzen Erinnerungen, egal ob gute, in denen wir zusammen gelacht haben oder in den schlechten, in denen wir gemeinsam geweint haben, die hast DU alle weggeschmissen!" Ihre Tränen stoppen wie von Knopfdruck und ein hinterhältiges Grinsen erscheint auf ihrem Gesicht.

„Du hast recht! Ich habe dich verraten! Er weiß alles über dich und weißt du, was das Tolle daran ist?" Sie blickt kurz zu Liam, der hinter mir steht. Entsetzt aber auch voller Hass schaue ich sie an. „Ich habe das alles freiwillig gesagt. Er musste mich nicht erpressen oder sonst was, wobei ich anmerken muss, dass das Trinkgeld trotzdem ganz nett war, welches ich bekommen habe." Kurz darauf macht sie eine Pause und mein Blick wandert nach hinten. Er beachtet mich nicht, denn er schaut mit einem undefinierbaren Blick zu Nalia und Ace. „Du weißt nicht, wie abgrundtief ich dich hasse, Rachel! Seit dem Tod deiner Mutter bist du so anders geworden un-" „Du würdest dich auch VERÄNDERN wenn DEINE MUTTER STIRBT!" Wie man sich in einem Menschen so sehr täuschen kann, ist unglaublich.

15 Jahre.
Fucking 15 Jahre schmeißt sie weg.
Ich dachte, wenn ich von Liam weg komme, wird es wieder wie früher sein. Nalia und ich, wie wir fast jeden Tag etwas unternehmen und unser Leben genießen. Zusammen in den Urlaub fahren oder ins Kino gehen, zusammen Lästern oder andere Sachen. Sachen, die man mit seiner besten Freundin eben macht.
„Du bist so eingebildet und naiv Rachel! Das warst du schon vor dem Tod deiner Mom, denkst du wirklich, ich mochte dich und sei deine beste Freundin ohne jeglichen Vorteil?" Sie lacht und meine Wut wird durch ihr Gelaber immer größer und größer. „Ich hab dich nur ausgenutzt." Wie konnte ich nicht erkennen, dass sie so falsch ist? Na gut, wie sollte ich auch? Am Todestag meiner Mom war es sie, die für mich da war, als mein Vater mehr oder weniger abgehauen ist, war sie da und ich durfte bei ihr und ihrer Familie leben, worüber ich echt dankbar war.

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