Kapitel 11

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Gelangweilt sitze ich im Wohnzimmer und schaue eine langweilige Dokumentation über Leguane. Ja, Leguane.
Abgesehen von den Angestellten bin ich alleine zuhause. Perfekt für eine Flucht. Aber was bringt mir eine Flucht, wenn ich keinen Plan habe, wie ich fliehen soll? Die Tore sind zu, ein riesiger Zaun umgibt das Anwesen und nicht zu vergessen die Wachmänner, welche um das ganze Gebäude verteilt stehen. Keine wirklichen Aussichten auf eine Flucht.

Ohne wirkliche Motivation schalte ich den Fernseher aus und begebe mich auf eine kleine Erkundungstour. Jetzt ist der perfekte Augenblick, mich ein bisschen besser umzusehen. Die Rodriguez Familie kommt erst in 1-2h wieder zurück, bedeutet für mich, das Anwesen auf Fluchtmöglichkeiten zu checken und mich zu langweilen. Wieso ich nicht mit durfte? Mr. Blödmann meinte, es sei viel zu gefährlich. Was ein Schwachsinn, ich bin alt genug, um das selbst zu entscheiden und lieber sterbe ich als ihn zu heiraten.

Ein kalter Schauer läuft über meinen Rücken, wenn ich an die kommende Hochzeit in einer Woche denke. Morgen werde ich gemeinsam mit Reyana, Mika und Mrs. Rodriguez ein Hochzeitskleid aussuchen. Ich muss es noch vor der Hochzeit schaffen zu fliehen, denn danach ist jede Flucht fast mehr als nur Zweifel bar.

Leise betrete ich einen neuen Raum, der sich als Musikraum entpuppt. Hier stehen mehrere Instrumente, zum einen Schlagzeug, eine Geige, mehrere Gitarren plus Mikrofone und ein Flügel.

Aufmerksam schaue ich, ob mich jemand gesehen hat, aber ich sehe niemanden, somit betrete ich den Raum und schließe die Tür hinter mir zu. Langsam laufe ich auf den Flügel zu. Leise kommen Erringungen mit meiner Mutter hoch, wie wir zusammen in einem eher luxuriösen Restaurant an einem Flügel spielen durften und den Song somewhere over the Rainbow zusammen gesungen haben.

Ich setze mich auf die kleine Bank und lasse meine Finger über die Tasten führen. Hab ich dieses Gefühl vermisst. Seit ich ausgezogen bin, habe ich nicht mehr gespielt. Kurz zögere ich, fange aber dann doch an zu spielen. Ich spiele eins meiner Lieblingslieder, Solas.
Mit Gefühl drücke ich die Tasten und ich vergesse alles um mich herum, ich vergesse die anstehende Hochzeit, Nalia, Kylian und Tylan, Liam und einfach alles. Alles verschließt sich in einer Ecke.
Es gibt nur noch die Melodie und mich.

Und dann nehme ich eine Präsenz hinter mir wahr, aber ich ignoriere sie und spiele einfach, als gäbe es nichts Weiteres auf dieser Welt. Es ist, als wäre ich in einer parallelen Welt, ich sehe meine Mutter, die sich neben mich setzt und mit mir spielt. Wie damals. Ich lächel sie an, schließe die Augen und genieße den Moment.

Früher wollten sie, dass ich meine eigene Musik schreibe und berühmt werde. Sie meinte, ich habe ein Talent darin, jedoch hat sich das Schicksal anders für mich entschieden. Nun sitze ich hier bei einem Mafiosi fest, den ich bald heiraten muss. Mehr kann man sich doch nicht wünschen.

Das Stück endet und ich fange an Love in the Dark zu singen. Es ist eines meiner Lieblingslieder, welches ich ebenfalls öfters mit meiner Mutter gesungen habe.

Das Lied endet genau wie meine Mutter neben mir verschwindet, ich habe sie mir nur eingebildet, dabei hat es sich so real angefühlt.

Hinter mir höre ich das Klatschen einiger Personen. Schnell drehe ich mich um und sehe, wie alle dort stehen. Leya, Gabriel, Reyana, Alváro, Mika, Raphael und Liam. Die ganze Rodriguez Familie.

Alle klatschen und lächeln breit „Das war super Rachel!" „Ich wusste gar nicht, dass du spielen kannst." Überrumpelt bedanke ich mich. Ich dachte, die kommen erst später und nicht so früh.
Liam ist der erste, der auf mich zukommt, als ich aufstehe „Das war mega!" „Danke?" Man sieht womöglich die Überforderung in meinem Gesicht, aber ich habe noch nie alleine etwas vorgespielt, in dem Restaurant war meine Mutter dabei.

I need you...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt