"Miss Chambers. Ihr Wagen steht bereit."
Ich drehte mich irritiert zur Seite. Unser Chauffeur Theodor stand bereit, mich nach Hause zu bringen. Mein Blick schweifte zur Uhr. Gerade mal eine Stunde ließ Daxton mir alleine mit meinen Eltern. Keine Sekunde länger.
"Ach, ist das schade. Aber wir sehen uns sicher am Wochenende."
"Was ist am Wochenende?", entgegnete ich meiner Mutter, die flüchtig zu Don blickte.
"Eine kleine Feier zum Geburtstag." Sie lächelte und ich nickte, um mich anschließend zu erheben. Don und mein Vater vertieften sich so in ein Gespräch über Jagdgewehre, dass sie mein aufstehen nichteinmal bemerkten.
"Wir sehen uns dann sicher am Wochenende. Und vielen Dank für das Essen." Beide wünschten mir kurz und knapp eine gute Nacht. Meiner Mutter musste ich noch hoch und heilig versprechen, anzurufen, sobald ich zu Hause angekommen wäre. Sie wusste genau so gut wie ich, dass ich es sicher vergessen würde.
Mit den Augen auf meine Brüder gerichtet, folgte ich Theodor. Wir durchquerten den kleinen Flur und kaum, dass er die Haustür aufzog, nahm eine kühle Brise mich ein. Meine Haare wehten zur Seite und Schritt für Schritt näherte ich mich der Dunkelheit draußen.
Ein seltsames Gefühl beschlich mich. Unsicher sah ich mich um. Zu meiner linken Seite erkannte ich die Garage, in der der alte Mercedes meines Vaters stand. Zu meiner Rechten gab es nur Wald.
"Miss?" Theodor hielt mir zuvorkommend die Tür zu der schwarzen Limousine auf. Ich starrte hinein. Klammerte meine Hände um meinen Oberkörper, da die Kälte doch stärker auf mich wirkte, als zuvor angenommen. Zügig lief ich auf die offene Hintertür zu, da hörte ich plötzlich das Knacken eines Astes hinter mir.
Meine Augen weiteten sich, während ich mich neugierig umdrehte. Ich suchte die dunkle Umgebung ab. Fühlte mich beobachtet, als würde jeden Moment ein wildes Tier aus der Finsternis auf mich stürzen. Ich erkannte jedoch nichts. Hörte nur mein Herz, welches immer lauter klopfte, umso länger ich auf der kleinen Einfahrt verharrte.
"Alles in Ordnung, Miss?" Meine Augen verdrehend, wandte ich mich wieder Theodor zu und stieg hektisch hinten ein, um es mir auf dem braunen Leder bequem zu machen. Es ärgerte mich immens, meinen Mantel in Daxtons Auto liegen gelassen zu haben.
Theodor schloss die Tür. Ich sah ihm durch die dunkel getönte Scheibe zu, wie er nach vorne lief. Dann aber erkannte ich schlagartig eine Gestalt genau neben der Haustür stehen. Ich drückte meine Nase gegen die Scheibe, um besser sehen zu können. Das getönte Glas gab mir Sicherheit. Ich blieb unentdeckt für jeden, der dort draußen lauerte.
Meine Augen schweiften über seine Statur. Durch die schwarze Jacke an seinem Körper konnte ich nicht viel erkennen, doch mir fiel auf, dass er groß war. Ziemlich groß. Sein Gesicht wurde von der Kapuze verdeckt, die er plötzlich nach hinten schob. Ich erschrak, da seine Augen daraufhin genau auf meinen lagen. Mein Puls schoss in die Höhe. Es kam mir vor, als würde er mich sehen, obwohl es nicht möglich war. Überfordert wich ich vom Fenster zurück. Ein Lächeln entstand auf seinen Lippen. Ein düsteres Lächeln. Es offenbarte keine Freude. Es wirkte eher, als würde er sich lustig machen.
Der Wagen setzte sich in Bewegung. Mein Blick haftete weiterhin an ihm. Er folgte der Limousine mit seinen Augen und wandte sich erst zur Haustür, als wir bereits auf die Straße einbogen.
"Wer war das?", fragte ich mich selbst, da erinnerte ich mich an die Worte von Don. Nimm es ihr nicht übel. Unser Sohn...
Es musste sein Sohn sein.
____
Zuhause angekommen, machte ich mir keine Mühe, mich umzuziehen. Auf direktem Weg suchte ich mein Schlafzimmer im ersten Stock auf. Das Licht des Aquariums erhellte den großen Raum, in dem es weiter nur ein Himmelbett mit weißer Bettwäsche, eine kleine Kommode mit einem Fernseher und meine Staffelei am Fenster gab.
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Sweet Home
RomanceDarkromance ______ Der schwarze Rabe sitzt wieder vor meinem Fenster... Nebel zieht über die kleine Stadt. Sirenen sind in der Ferne zu sehen. Der Fernseher im Hintergrund läuft. Ein Mann berichtet über die schlimme Tat, die sich gestern ereignet h...