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Irgendwann musste ich doch in den Schlaf gefunden haben, denn ein leises Klopfen weckte mich. Erschöpft schlug ich meine schweren Augenlider auf. Die Sonne schien ins Zimmer hinein. Das Licht funkelte an den hellen Wänden um mich herum. Mit zusammengekniffenen Augen musterte ich die andere Seite des Bettes. Diese war leer. Daxtons Anwesendheit fehlte an diesem Morgen, wodurch ich beruhigt durch atmete. Mein Kopf pochte immer noch von seinem Schlag. Ich spürte meine Wange glühen. Erinnerte mich nicht mehr an den Schmerz, den er mir zugefügt hatte, doch noch ganz genau an die Demütigung, die in Stille nachhallte. Es klopfte erneut an der Tür. Dieses Mal wirkte das Geräusch lauter. Obwohl ich nur alleine sein wollte, rappelte ich mich auf. Die Decke zog ich bis zu meinem Unterleib, um neugierig zur Tür zu blicken.

"Ja, bitte?", rief ich mit schwacher Stimme. Daraufhin öffnete sich die Tür und Amy steckte zögerlich ihren Kopf hindurch. Ich betrachtete sie erwartungsvoll. Wartete ungeduldig, dass sie mir endlich mitteilen würde, was sie wollte.

"Guten Morgen, Mrs. Chambers. Das Frühstück ist serviert. Wenn Sie essen wollen, setze ich Ihnen noch einen Kaffee auf."

"Nein, danke. Bitte keinen Kaffee. Ich komme gleich", erwiderte ich ihr und rubbelte mir dabei meine Augen. Ich wollte das Baby nicht unnötig gefährden durch den Koffein, auch wenn ich täglich darüber nachdachte, es nicht bekommen zu wollen. Amy schaute mich einen Moment lang skeptisch an, ehe sie nickte und die Tür schloss. Vermutlich machte sie sich Gedanken, denn ich trank jeden Morgen einen Kaffee. Es interessierte mich aber nicht. Ihre gesamte Existenz interessierte mich nicht mehr.

Langsam mühte ich mich aus dem Bett. Auf direktem Weg tapste ich in das Badezimmer, um mich zu waschen. Vor dem Waschbecken kam ich zum Stehen und warf einen nachdenklichen Blick auf mein zermürbtes Gesicht. Meine Wange schimmerte rötlich. Meine Augen sahen geschwollen aus vom ganzen Weinen. Ebenfalls zeichneten sich tiefe Augenringe auf meiner Haut ab.

Ich sah schrecklich aus. Genauso fühlte ich mich auch tief in meinem Inneren. Daxton hatte versprochen, es nie wieder zu tun. Er gab mir sein Wort, was kein Gewicht mehr für mich hatte. Blindes Vertrauen brachte mich in diese Lage. Naive Loyalität ließ mich bei ihm bleiben. Ich redete mir viel zu oft schon ein, dass er sich ändern würde. Zehrte von dieser Hoffnung, die jedoch immer wieder aufs Neue enttäuscht wurde. Diese Gedanken zerstörten mich, denn ich gab erneut nur mir alleine die Schuld für meinen Zustand.

Tränen sammelten sich in meinen Augen, doch ich wollte nicht mehr weinen. Keine einzige Träne wollte ich mehr für ihn vergießen. Er hatte davon schon viel zu viele für sich beansprucht. Als würde wirklich alles von mir einzig ihm alleine gehören. Nicht nur meine Seele, die er fest in seinen Händen hielt. Nicht nur mein Körper, den er mit sadistischen Karten zu seinem machte. Auch mein Schmerz gehörte ihm. Doch das würde sich jetzt ändern. Ich musste wenigstens versuchen, mich gegen ihn zu wehren. Schlimmer könnte es sowieso nicht mehr werden. Entschlossen stellte ich den Wasserhahn an und wusch mein Gesicht. Anschließend legte ich dezentes Make-up auf und verdeckte damit die Rötungen.

Zurück im Schlafzimmer schnappte ich mir ein elegantes, aber bequemes Sommerkleid. Es schimmerte in einem dunkelblauen Ton und es zeichneten sich wunderschöne Blumen darauf ab. Daxton hatte es mir gekauft. Diesen Gedanken verwarf ich allerdings schnell wieder, denn mein Magen knurrte bereits zum wiederholten Male. Ich musste stark sein. Nicht nur für mich, sondern auch für das kleine Wesen in meinem Bauch, dass nichts dafür konnte, in welchem Horror ich lebte. Meine Hand legte sich automatisch auf meinen Bauch und streichelte darüber. Ich atmete tief durch, ehe ich mich auf den Weg in das Esszimmer machte.

Überall im Haus duftete es köstlich nach Speck und Rührei. Ich nahm am Tisch Platz und lud mir eine üppige Portion auf meinen Teller. Amy betrat den Raum mit einer Kanne Tee, während ihre Augen auf meinen Teller fielen. Sie schaute kurz überrascht, bis sie wieder ihr gespieltes Lächeln auflegte. Wie sehr ich es hasste.

Sweet Home Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt