“Warte!” Amy drehte sich zur Treppe und nahm hastig einige Stufen nach oben. Mein Herz raste, während ich ihr hektisch folgte und weiter auf sie einredete. “Lass es mich erklären! Amy! Bleib stehen!”
“Sie können es Ihrem Ehemann erklären!”, zischte sie über ihre Schulter zu mir nach hinten, wodurch immer mehr Panik in mir aufstieg. Würde Daxton erfahren, dass ich in seinem Büro war… er würde mich umbringen. Dieses Mal mit vollem Einsatz und ohne Reue. Es ging hierbei um Leben und Tod, auch wenn Amy nur ihr Ansehen bei Daxton wichtig erschien.
“Warte jetzt gefälligst!”, setzte ich mit zitternder Stimme nach, doch sie erreichte gerade die oberste Stufe. Ihr abfälliger Blick fiel zu mir, da bekam ich endlich ihren Arm zu fassen. “Amy. Ich-”
Sie riss sich so abrupt von mir los, dass mein Handy zu Boden fiel. Ich sah herab und hoffte, es wäre nicht kaputt gegangen. Dann wäre all das auch noch vollkommen umsonst gewesen.
“Du solltest dich dankbar zeigen, ihn zu haben!” Sie presste diese Worte hervor und starrte mich an, als wäre ich der Feind in diesem Haus. Ungläubig hob ich meinen Blick an. Erkannte sie denn nicht, was er mir alles antat? Sie hörte die Schreie. Sie sah die blauen Flecken auf meiner Haut. Wie konnte sie behaupten, ich müsste dankbar sein? War sie wirklich so naiv? So blind vor Liebe?
Erneut drehte sie sich herum und machte sich bereit, zum Schlafzimmer zu laufen, da schnappte ich erneut nach ihrer Schulter. Ruckartig schlug sie nach meiner Hand, doch ich ließ sie nicht los.
“Hör mir zu!”, versuchte ich weiter auf sie einzureden, da schubste sie mich nach hinten. Ich riss sie durch meinen festen Griff mit mir und taumelte auf dem Absatz der Stufe. Erschrocken blickte ich herab und sah sie anschließend fassungslos an. “Bist du verrückt!”
Sie wollte mich erneut schubsen, da ließ ich sofort ihre Schulter los und wich zur Seite aus. Schockiert konnte ich dabei zusehen, wie sie das Gleichgewicht verlor. Für den Bruchteil einer Sekunde regte ich mich nicht. Ich hörte nur ihren angsterfüllten Schrei und riss meine Augen auf. Dann aber, packte ich nach ihrer Hand, doch es war zu spät. Sie stürzte die Stufen hinab. Immer weiter, während sie vor Schmerz stöhnte und meine Atmung stockte. Mein Puls schoss in ungeahnte Höhen. Ein Schweißfilm bildete sich auf meinem Rücken. Ich starrte ihren Körper wie gelähmt an, der unten auf dem Marmor lag und sich nicht mehr regte.
“Amy?”, flüsterte ich unter größter Anspannung und lief langsam Stufe für Stufe nach unten. Jeder Schritt kam mir schwerer vor, als würde ich eine Tonnenlast in meinen Beinen tragen. Mit zitternden Händen umfasste ich das Geländer, um Halt in dieser aussichtslosen Situation zu finden, denn egal ob sie tot oder lebendig war - mein Untergang war besiegelt.
Kaum, dass ich die unterste Stufe erreicht hatte, hörte ich Ayaat miauen. Sie schlängelte sich zwischen meinen Beinen hindurch, als würde sie zum ersten Mal Gefallen an mir finden. Ihre Augen trafen auf meine, doch schnell wandte ich mich wieder Amy zu.
Genau neben ihr ging ich in die Hocke, um sie an ihrer Schulter auf den Rücken zu drehen. Blut lief ihre Schläfe herunter. Ihre Haare färben sich an den Seiten rot. Ihre Lippen - leicht geöffnet. Die Augen geschlossen.
“Amy?”, wisperte ich erneut und lehnte mich über sie, um auszumachen, ob sie noch atmete. Leise, kaum hörbar, lauschte ich ihren schwachen Atemzügen. “Gott sei dank”, entkam es mir und ich blickte hinter mir die Treppen hinauf. Dorthin, wo mein Handy lag.
Ich erhob mich eilig und stellte schon einen Fuß auf die unterste Stufe, da hielt ich aber inne und verlor mich in meinen Gedanken.
Würde sie aufwachen, würde Daxton erfahren, dass ich im Büro war. Er würde keine Ruhe geben, bis er die Wahrheit wissen würde. Ich hatte keine plausible Erklärung dafür, seinen Schlüssel geklaut zu haben.
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Sweet Home
RomanceDarkromance ______ Der schwarze Rabe sitzt wieder vor meinem Fenster... Nebel zieht über die kleine Stadt. Sirenen sind in der Ferne zu sehen. Der Fernseher im Hintergrund läuft. Ein Mann berichtet über die schlimme Tat, die sich gestern ereignet h...