-9-

1.7K 181 58
                                    

Einsamkeit … ein so starkes Gefühl, das oftmals falsch verstanden wurde. Viele glaubten, es würde bedeuten, alleine zu sein. Das stimmte allerdings nicht. Daxton umgab mich in jeder einzelnen Sekunde meines jämmerlichen Daseins. Seine dunkle Seele nahm täglich Besitz von mir, und doch - fühlte ich mich von seinen Klauen umarmt, einsamer denn je. 

Eingekauert saß ich in der breiten Badewanne und hielt meine Knie fest umschlungen. Die Spuren seiner unerschütterlichen Liebe brannten sich in meinen Körper ein. Das Schlucken fiel mir schwer, als würde er mir immer noch die Kehle zuschnüren. Meine Nippel schmerzten. Ein kaum wahrnehmbarer Luftzug schaffte es, mir ein schmerzverzerrtes Zischen zu entlocken.

In diesem Strudel aus Verzweiflung gefangen, begann ich vorsichtig, meine Haut einzuseifen. An manchen Stellen musste ich aufpassen, besonders an meiner Mitte, die immer noch angeschwollen wirkte. Kaum, dass ich darüber nachdachte, schämte ich mich. Ich schämte mich, unter seinen Fingern zum Höhepunkt gefunden zu haben. Schämte mich, je Gefühle für ihn entwickelt zu haben. Wie konnte das alles nur passieren? Wieso passierte es überhaupt? Er sprach so oft von Liebe … War das wirklich Liebe?

“Riley?” Seine Stimme donnerte durch das dicke Holz der weißen Tür. Ich traute mich einen Moment lang nicht, auch nur den kleinsten Mucks von mir zu geben. Mein Herz schrie unter festen Stößen nach Hilfe. Wie gelähmt kauerte ich im warmen Wasser und starrte mit großen Augen zur Tür. “Riley!? Wieso ist die Tür abgeschlossen?!”

Ich unterdrückte ein Schluchzen, während erste Tränen meine Augen füllten. Lieber wäre ich in diesem Badezimmer qualvoll verhungert, als ihm die Tür zu öffnen. Jedoch wusste ich, dass es dann noch sehr viel schlimmer werden würde. Es blieb mir also keine Wahl, außer meinen Stolz zur Seite zu schieben. Wie immer. “Entschuldige!”, krächzte ich mit schwacher Stimme und unterdrückte das Zittern meiner Lippen. “Ich komme sofort!”

“Lass dir Zeit … Ich muss aufs Revier.” Die Luft in meinen Lungen haltend, lauschte ich seinen Schritten. Sie entfernten sich und umso mehr Abstand er zwischen uns brachte, desto befreiter fühlte ich mich. Meine Muskeln entspannten sich. Meine Atmung wich wieder in einem gesunden Rhythmus über meine Lippen. Alles um mich herum wirkte heller, als würde er eine dunkle Wolke sein, die mir die Sicht zur Sonne raubte. Obwohl ich die Gewissheit hatte, alleine zu sein, konnte ich trotzdem nicht aufhören, in der Stille meinen Tränen zuzusehen. Sie tropften unter mir auf das ruhige Wasser. Jede einzelne trug grenzenlosen Schmerz in sich. 

Doch wie Daxton schon so oft sagte …

Würde ich ihn lieben, würde mir das alles nicht passieren. Wenn es nur so leicht wäre. 

Nachdem ich damit fertig war, mich in Selbstmitleid zu baden, zog ich mir eine schwarze Jeans und einen lockeren, weißen Pullover an. Ich wollte unbedingt malen. All den angestauten Frust auf einer leeren Leinwand auslassen. Schwarze Farbe, die nicht im Ansatz ausdrückte, welch Dunkelheit mich umgab. 

Den Kohlestift fest zwischen meinen Fingern gefasst, stellte ich mich an das Fenster. In dem verregneten Nebel hielt ich Ausschau nach einer Vorlage. Ich erkannte jedoch plötzlich ein Motorrad an der Straße und suchte irritiert darüber die Einfahrt ab. Niemand außer den wenigen Angestellten hielt sich hier auf. Ein Klingeln an der Tür forderte schließlich meine Aufmerksamkeit. 

“Mrs. Chambers?” Unser Hausmädchen Amy klopfte an meine Tür. Immer noch verwirrt legte ich den Stift auf der Fensterbank ab und lief skeptisch zur Tür. 

“Ja?”

“Sie haben Besuch.” Meine Stirn runzelte sich. Ich bekam nie Besuch. Einzig die Kollegen von Daxton kamen ab und zu vorbei, um ihm Akten zu bringen oder um ihn zu überreden, auswärts essen zu gehen. Da Amy mich abwartend musterte, nickte ich ausdruckslos und lief ihr voraus die breiten Treppen nach unten. Jeder Schritt auf dem hellen Marmor fiel mir schwer, da meine Mitte immer noch brannte. Ich bereute eine enge Jeans angezogen zu haben. An der Haustür angekommen, spähte ich nach draußen. Sofort weiteten sich meine Augen. Überfordert wandte ich mich an Amy. “Sie können gehen.”

Sweet Home Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt