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Mein Blick wendet sich dem Schulgebäude zu. Willkommen zurück in der Hölle! Nervös betrete ich das Gebäude und gehe auf das Klassenzimmer zu, wo ich jetzt Deutschunterricht habe. Vor dem Klassenzimmer atme ich einmal tief ein und wieder aus. Auf einmal werde ich von hinten mit einem "Geh aus dem Weg, du Spinner!" angerempelt und falle auf den Boden.

Kurz ist es im Klassenraum still, doch dann lachen alle. "Hahahaha, hast du gesehen! Die Schwuchtel kann nicht laufen und liegt im Dreck, da, wo du hingehörst!", schreit einer. Aus dem Augenwinkel sehe ich dreckige rote Turnschuhe. "Naaa?", ertönt die Stimme von Minho, und er greift mir in die Haare. "Hier kann dich keiner beschützen! Das hier ist mein Revier!"

"Was ist hier los?! Auseinander! Minho, nachsitzen! Jimin, bleib nach der Stunde nochmal kurz hier." Streng sieht uns die Deutschlehrerin an, die mit verschränkten Armen in der Tür steht. "Und jetzt hinsetzen", befiehlt sie. Grummelnd lässt Minho von mir ab.

Schnell stehe ich auf und gehe mit wackeligen Knien zu meinem Platz. Mein Platz ist rechts, mittig am Fenster. Neben mir sitzt keiner. Jedenfalls nicht mehr seit meinem unfreiwilligen Outing.

Ich war mal mit Minho befreundet und war früher in ihn verliebt. Hätte ich damals nicht diese sogenannte rosarote Brille aufgehabt, hätte ich bemerkt, was für ein intoleranter Arsch er ist. Jetzt wünsche ich mir, ich hätte mein Hausaufgabenheft nicht offen liegen lassen.

Nicht zu vergessen sind seine Freunde. Doch was er nicht bemerkt, sie sind alles Mitläufer, die leider nicht davor zurückschrecken, mit den Fäusten auszuteilen.
Sie sind dumm. Sie haben nichts in der Birne, jedoch das, was ihnen an geistiger Stärke fehlt, haben sie an Körperkraft und Muskeln.
Leider lassen sie es mich zu oft spüren.
Es ist mir jetzt noch peinlich, dass ich mal zu dieser Gruppe gehört hatte.

Damals gleich nach meinem Outing hatte Minho es der ganzen Klasse verkündet und gleich darauf hatten sich die Meisten von mir abgewendet und der andere Teil hatte zu viel Angst selbst in den Fokus, seiner Gruppe, zu geraten, wenn sie mir helfen würden.
Das hat sich bis heute nicht verändert, sondern nur verschlimmert.

Die Doppelstunde Deutsch vergeht, zu meinem Leidwesen, im Flug. Zwar haben sie mich alle im Unterricht in Ruhe gelassen, aber ihre unangenehmen Blicke aller in meinem Rücken gespürt. Ich hasse sie alle.

Es klingelt übertrieben langgezogen zur Schulglocke und kündigt die 30-minütige Frühstückspause an. Während alle hastig ihre Sachen in ihre Taschen packen und auf den Pausenhof verschwinden, wird Jimin von Minho in die Seite geboxt. Ich zische vor Schmerz auf und halte mit der Hand die schmerzende Stelle. Warum tut er das nur? Und wie üblich sagt die Lehrerin nichts dazu.

Ich bin der Letzte, der seine Sachen einpackt. Dann stehe ich auf und gehe zur Lehrerin.

"Sie wollten mich sprechen?", frage ich sie leise.

"Ja, ich habe von dem Vorfall mitbekommen und wollte dir anbieten, mit mir darüber zu sprechen, damit ich dir helfen kann", bietet sie mir an

Heuchlerin! Ich kann ihr ansehen, dass sie es nicht ernst meint. Sie macht sich wohl nur Sorgen um ihren Ruf an der Schule. Es scheint ihr egal zu sein, dass jemand suizidgefährdet ist.

Der Grund, warum ich im Krankenhaus war, würde nie zur Rechenschaft gezogen werden, egal was ich tun oder wem ich es melden würde. Minho ist der Sohn einer sehr reichen Familie. Die würden höchstens alle Beweise vernichten oder die Beamten bestechen. Ich möchte mir nicht ausmalen, wie viel Dreck sie am Stecken haben.

Also lächel ich sie fake an und mache gute Miene zum bösem Spiel.
"Danke, Miss. Ich weiß ihr Angebot zu schätzen, aber ich komme klar." Ich verbeuge mich höflich vor ihr und verlasse das Klassenzimmer.

Wachsam schleiche ich durch die Flure der Schule, drauf bedacht nicht Minhos Truppe über den Weg zu laufen. Überraschenderweise tue ich es nicht. Eher hätte ich erwartet, dass sie in der nächsten Ecke auf mich lauern. Ist dies mein Glückstag?

Magengrummelnd betrete ich die Cafeteria, oder Mensa wie es einige betitelten. Überall an den Tischen sitzen Schüler, die sich lautstark unterhalten. Fast keiner schenkt mir Beachtung und die es Tun, schenken mir nur verachtene oder gleichgültige Blicke. Solange sie mich in Ruhe lassen, ist es mir gleich.

Am Essensstand hole ich mir ein Tablett und bestelle mir mein Essen. Zur Auswahl gibt es Spaghetti Bolongnese oder Reis mit Schnitzel und dazu eine koreanische Soße. Entscheiden tue ich mich für das Gericht mit dem Schnitzel. Kurzerhand wird mir der gefüllte Teller mit dem ausgewählten Gericht überreicht. Mit einem dankbaren Lächeln nehme ich es an und stelle mein Essen auf nein Tablett.
Freundlich wird mein Lächeln von dem Bediensteten erwiedert. Zum Schluss bekomme ich noch ein Glas stilles Wasser überreicht.

Danach, mit dem Tablett in der Hand, suche ich mit einem nervös wild schlagenden Herzen nach einem geeigneten Sitzplatz. Das ist gar nicht mal so einfach, wenn fast alle Plätze besetzt sind. Schließlich entdecke ich einen unbesetzten Tisch in der Mitte des Raumes und steuere darauf zu. Unfallfrei erreiche ich den Platz und lasse mich nieder.

Anschließend greife ich nach meinen Stäbchen und beginne zu essen. Das Essen aus der Kantine schmeckt eigentlich ziemlich gut. Man merkt, dass sich die Köchin hier sehr bemüht.

Während ich esse sehe ich nicht auf. Traute mich nicht in die Gesichter der anderen zu sehen. Ich höre nur zu. Einige Schüler lachen und unterhalten sich fröhlich, während das Klappern von Besteck und das Gemurmel der Gespräche meine Ohren füllen.

Ebenso spüre ich es, wenn jemand an meinem Sitzplatz vorbeigeht, um sich selbst nach einem Platz zu suchen oder sich zu seinen Freunden zu setzen. Jedes Mal, wenn jemand vorbeikommt, spannt sich mein Körper automatisch noch mehr an, als er ohnehin schon ist. Ich fühle mich hier unwohl. Das ist echt ein krasser Gegensatz zu früher, denn ich hatte es hier in der Schule früher geliebt. Aber das ist jetzt schon eine Weile her.

Gerade mal die Hälfte von dem Essen habe ich geschafft zu verspeisen, da hält eine Gruppe Schüler leider direkt neben mir an. Ich kann seinen teuren Parfüm von der Marke Gucci riechen. Sofort identifiziere ich ihn, ohne aufzusehen.
Vor mir wird der Stuhl gerückt und die Person setzt sich mir gegebüber.

"Na Fetti? Bist du ganz alleine hier?", werde ich gegrüßt. "Schmeckt dir dein Essen?"

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt