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Ich antworte ihm nicht und schweige. Um uns herum haben die Schüler ihrer Gespräche eingestellt und beobachten das Geschehen.

Einer seiner Freunde greift mir schmerzhaft in die Haare und zieht meinen Kopf hoch, sodass ich keine Wahl habe, als Minho in die Augen zu sehen.
"Er hat dich was gefragt, du Opfer! Also Antworte!", befiehlt der Freund, der auf den Namen Kevin hört, mir herrisch.

Hart schlucke ich den Klos im Hals runter und zwinge mich ruhig zu bleiben.
"Ja ich bin alleine hier. Und mein Essen schmeckt mir ganz gut, danke der Nachfrage."

Der Griff in meinem Haar wird schmerzhafter und Kevin beugt sich zu mir hinab. "Wir wollen doch nicht frech werden, du dreckige Schwuchtel. Mutig, mutig..."

Dabei habe ich nur die gestellte Frage beantwortet...

"Mutig ist auch, wie du dem mit Geld gestopften Hintern vor mir nachhechelst. Gib zu du stehst auf ihn", murmele ich verächtlich. Das hätte ich besser nicht sagen sollen, denn die Reaktion auf diese Aktion folgt sogleich.

Kaum habe ich die Worte ausgesprochen, spüre ich wie mein Kopf mit einem harten Schlag in mein Essen gedrückt wird. Ein scharfer Schmerz durchzuckt mich, als mein Gesicht in das noch warme Essen gepresst wird, und ich kann ein unterdrücktes Stöhnen nicht verhindern. Tränen schießen mir in die Augen vor Schmerz und Verlegenheit, während ich versuche, mich aus der unangenehmen Situation zu befreien.

Mein Herz raste vor Angst, Scham, aber auch vor Wut. Langsam richte ich mich auf und wische mir den Reis und die Soße so gut es geht aus meinem Gesicht. Währenddessen höre ich das verächtliche Gekicher, sowie entsetzte Aufschreie der anderen Schüler. Dennoch helfen sie nicht und ein Gefühl der Demütigung macht sich in mir breit.

Ich blicke zu Minho und seinen Freunden, deren hämische Grinsen mir zeigt, dass sie noch nicht fertig mit mir für heute sind.
"Das sieht köstlich aus", sagt Minho lachend. "Da fehlt nur noch die extra Würze." Im nächsten Moment spuckt er mir in das Gesicht.

Die warme Spucke läuft mir das Gesicht herunter. Meine Hände ballen sich zu Fäusten, aber ich zwinge mich, nicht zu reagieren. Ich werde ihnen nicht die Befriedigung geben, mich zu brechen. Nicht nocheinmal! Ich schnappe mir die Servierte auf dem Tisch und wische mir mein Gesicht so gut es geht sauber.

Entschlossen und mit wutglänzenden Augen sehe ich wieder zu ihnen auf, was aufgrund meiner Körpergröße für sie lustig aussehen muss.

"Na? Was hat die kleine Schwuchtel jetzt vor? Deinen Beschützer rufen, der nicht da ist, oder zu deiner Mama rennen? Ach, ich vergaß. Sie ist ja tot."

Ein Schauer läuft mir über den Rücken bei Minhos bösartigen Worten über meine verstorbene Mutter. Der Schmerz trifft mich wie ein Schlag ins Gesicht, aber ich weigere mich, es ihnen zu zeigen. Stattdessen presse ich die Zähne zusammen und kämpfe gegen die aufsteigenden Tränen an.

"Oh, muss da einer weinen. Deine Mutter muss sich bestimmt in ihrem Grab für dich schämen", setzt Minho einen drauf und grinst stolz über seine Erkenntnis.

Blind vor Wut, da er meine Mutter mit ins Spiel gebracht hat, greife ich nach dem Teller, auf dem ursprünglich mein Essen war und schleudere ihn mit der flachen Oberseite gegen Minho's Gesicht.
Ein lautes Klirren erfüllt die Cefeteria, als der Zeller in meiner Hand zerbricht und die Scherben auf den Boden fallen.
Ein stechender Schmerz durchfährt meine Handinnenfläche, als eine der Scherben sie aufschlitzt und das Blut beginnt langsam zu tropfen.

Minho fällt schreiend auf den Boden und hält sich seine Wange, die nun von roten Striemen und Schnitten gezeichnet ist. Seine Augen sind weit aufgerissen, voller Angst und Überraschung, während er zu mir aufblickt, als ob ich derjenige wäre, der verrückt ist.

Während ich mir seine jämmerliche Gestalt am Boden betrachte, fühle ich kein Mitleid. Noch nicht mal ein Funken Mitgefühl. Wieso auch?
Mir gegenüber haben sie nie Erbamen gezeigt, selbst als ich schon bewusstlos am Boden lag. Zudem macht sich niemand über meine verstorbene Mutter lustig oder zieht ihren Namen in den Dreck!

Meine Mutter war eine herzensgute Frau, die leider viel zu früh von uns ging. Sie hatte eine strahlende Seele, die Wärme und Güte ausstrahlte. Für jeden hatte sie immer ein offenes Ohr und ein strahlendes Lächeln übrig. Sie half jedem, wo sie nur konnte, und hatte die Fähigkeit, alles Negative in etwas Positives zu verwandeln.
Ich vermisse sie sehr...

"Yahhh!", schreit Minho wutentbrannt. "Glotzt nicht so blöd und schnabbt ihn euch!"

Mir bewusst werdend, dass ich alleine keine Chance gegen vier Personen habe, nehme ich meine Beine in die Hand und renne, was das Zeug hält. Meine Mobber und Minho, der sich wieder aufgerappelt hat, sind mir dicht auf den Fersen.

Panisch laufe ich die Schulgänge entlang und quetsche mich durch einige Schülergruppen, die mir empört hinterhersehen. Ich erreiche die Treppen und stolperte sie regelrecht hinauf. Mein Herz pocht in meiner Brust wie verrückt.

Als ich das Dach erreiche, suche ich nach einem geeigneten Versteck. Viel Zeit bleibt mir nicht. Vielleicht könnte ich mich hinter den Klimaanlagen und dem Schornstein verstecken? Es ist zu spät. Meine Peiniger betreten siegessicher das Dach und haben mich direkt im Visier.

Mit langsamen Schritten nähern sie sich, und mit jedem Schritt weiche ich einen zurück. Ein Fluchtweg ist nicht mehr vorhanden. Er wurde erfolgreich von ihnen versperrt. Der einzige Ausweg wäre der freie Fall vom Dach.

"Hab ich dich. Nun wirst du dafür büßen!" Minho zeigt auf die Wunde in seinem Gesicht. "Und für deine bloße Existenz!"

Schneller als ich gucken kann, ist er bei mir und schlägt mich mit der geballten Faust ins Gesicht. Rechtzeitig kann ich seine Attacke abwehren, indem ich meine Arme schützend vors Gesicht halte. Der Schlag trifft meine Arme, und das ist nicht gerade weniger schmerzhaft. Vor Schmerz schreie ich auf. Warum hilft mir keiner?

Hinter mir ist die Kante des Daches. Wenn ich springen würde, wäre der Schmerz vorbei. Ich hätte dann Ruhe und wäre mit meiner Mutter wieder vereint.

Nein! Ich kann nicht springen. Ich habe es ihm versprochen! Schnell verwerfe ich den Gedanken ans Springen wieder. Ich habe Jungkook versprochen, zu versuchen, nicht zu sterben.
"Ruf mich an, wenn du meine Hilfe brauchst", höre ich seine Stimme in meinen Erinnerungen sagen. Aber wie soll ich ihn erreichen? Er ist wahrscheinlich nicht hier und arbeitet gerade.

In einem Moment der Unachtsamkeit greift Minho nach meinem Kragen und drückt mich näher an die Kante. Es fehlt von ihm nur noch ein kleiner Schubs und mein Leben ist Geschichte. In Gedanken schreie ich: "JUNGKOOK! HILFE!!!!!" Äußerlich versuche ich ruhig zu bleiben, aber mein Körper zittert wie Estenlaub.
"Warum tust du das alles? Warum hasst du mich so sehr?", frage ich verzweifelt und versuche Zeit zu schinden, um vielleicht einen Ausweg aus dieser Misere zu finden.

Diabolisch grinst er. "Ich hasse deine bloße Existenz. Die Luft die du atmest, einfach alles und solche gilt vernichtet zu werden!"
Minho sieht prüfend vom Dach herunter. Er hat doch nicht vor...?!
"Es wäre ein Leichtes, dich hier und jetzt hinunterzuwerfen."

Mit schockgeweigeten Augen starre ich ihm in die Augen und muss feststellen, dass er es ernst meint.

"Für mich ist es ebenfalls ein Leichtes, dein Leben zu beenden! Oder dir noch schlimmere Qualen zu zeigen als es der Tod selbst ist!", schreitet jemand ein.

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt