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Erschrocken schreie ich auf und werde sofort von Jungkook mit einem sanften Griff an den Schultern gepackt. Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass er sich so unbemerkt vor mich geschlichen hatte, geschweige denn wieder zu mir zurückgekommen war. Er muss wohl leise wie ein Ninja gewesen sein.

"Shhh, alles gut. Es tut mir leid, ich wollte dich nicht erschrecken", versucht er mich mit ruhigen Worten zu beruhigen. Mit seinen nun wieder dunkelbraunen Augen sieht er mir treuherzig wie ein Hund in die Augen. Was ist das eigentlich für ein Ding mit seinen Augen? Erst im Krankenhaus und jetzt hier. Mal sind sie dunkelbraun und mal rot. Ich verstehe es nicht.

Was ich noch nicht verstehe, ist, wie er hier urplötzlich aufgetaucht ist? Wie hatte er mich gefunden? Wo haben sie meine Peiniger hingebracht? Und was sind sie? Dass sie einfache Menschen sind, daran glaube ich nicht mehr. Also, was sind sie?

Und vor allem, was wollten sie von mir? Was meinte der Mann vorhin mit 'Ist er es?' beim Guckguck? Ich kann mir da echt keinen Reim darauf machen! Ist das etwas Gutes oder Schlechtes?

Versteht mich nicht falsch, ich bin froh, dass er gekommen ist und somit mir das Leben gerettet hat, aber bei ihm kommen so viele Komponenten zusammen, die ich nicht begreifen kann. Diese Gedanken wirbelten wie der Wind eines Sturms in einem Bruchteil der Sekunde durch meinen Kopf. So gerne möchte ich ihm diese Fragen stellen, aber es schafft keine einzige Silbe über meine Lippen.

,,Du zitterst ja", sagt Jungkook, umarmt mich von der Seite und streichelt sanft meinen Arm durch die Jacke hindurch. Mit dieser Geste versucht er mich zu trösten.

Die Hand, die eben meinen Arm beruhigend gestreichelt hat, legt er nun an meine Wangen und wischt etwas Nasses weg. Das Nasse auf meinen Wangen wird immer mehr. Tränen. Eine folgt nach der nächsten. Noch versuche ich tapfer zu sein, um wenigstens meine Schluchzer, die jetzt aufkommen, zu unterdrücken, doch...

„Lass es raus", flüstert Jungkook, und der Damm bricht. Ich drehe mich in seinen Armen um und vergrabe mein Gesicht in seiner sicheren Halsbeuge. Mir ist egal, wer oder was er ist. Er ist Jungkook. Jungkook, der für mich da ist, mir nach so kurzer Zeit Halt gibt und bei dem ich mich jetzt fallen lassen kann. Bitterlich weine ich meinen Schock, Schmerz und meinen Frust der letzten Tage – nein, der letzten Jahre – aus.

In Stille hält mich Jungkook fest, ohne ein Wort zu sagen. Seine Umarmung ist wie ein sicherer Hafen inmitten des Sturms, der in mir tobt. Sie spendet mir Geborgenheit und Wärme, Gefühle, die ich schon lange nicht mehr gespürt habe. Trotz des Windes, der mit meinen Haaren spielt, fühle ich mich geborgen und sicher in seinen starken Armen.

Doch neben dem Gefühl der Geborgenheit breitet sich auch Verzweiflung in mir aus. Warum passiert mir immer alles Schlechte? Ich habe doch nie jemandem etwas getan, außer geboren zu werden und zu leben. Meine Mutter hat immer behauptet, ich wäre etwas Besonderes. Aber das bin ich nicht, und war es auch nie. Diese Gedanken der Selbstzweifel und des Unglücks überwältigen mich.

Während meine Tränen unaufhörlich fließen, werden meine Augen schwer, und die Welt um mich herum verschwimmt. Doch in diesem Moment der Schwäche und Verzweiflung erfasst mich eine sanfte Müdigkeit. Ich lasse mich von der Erschöpfung übermannen und schlafe schließlich in Jungkooks Armen ein, erleichtert, dass ich für einen Moment dem Sturm meiner Gedanken entkommen kann.

Blinzelnd öffne ich meine Augen. Das Sonnenlicht blendet, und der Kies drückt sich unangenehm in meinen Rücken. Verwirrt öffne ich meine Augen vollständig und bemerke, dass ich mich immer noch auf dem Dach befinde, diesmal alleine. Hatte er mich einfach hier zurückgelassen? Ein ziehendes Gefühl macht sich in meiner Brust bemerkbar.

Langsam setze ich mich auf und sehe auf der anderen Seite eine männliche Person liegen. "Hallo?", versuche ich, mich bemerkbar zu machen, doch es folgt keine Reaktion von der regungslosen Person. Langsam stehe ich auf, gehe zu dem Mann und lege meine Hand auf dessen Schulter. „Jungkook?", erkenne ich den Mann. "Jungkook?", frage ich erneut und rüttele sanft an seiner Schulter. Keine Reaktion. "Jungkook?", versuche ich erneut, ihn zu wecken, und rüttele etwas zu stark, denn sein Körper fällt in meine Richtung und seine Augen starren leblos in den Himmel.

"Nein! Er kann doch nicht tot sein!" Prüfend lege ich meine Hände auf seine Pulsadern, um den Puls zu messen, aber ich spüre rein gar nichts!
Mein Herz schlägt schneller, Tränen sammeln sich in meinen Augen, und ich schreie. "Warum?" Wie konnte das nur geschehen? Warum verliere ich immer alle, die mir wichtig sind? Oder die sich für mich einsetzen? Warum nur?! Hat das Leid gar kein Ende?

Aus heiterem Himmel höre ich Minho hinter mir bösartig lachen. "Weil du es verdient hast, deswegen!", sagt er. Kurz darauf werde ich von Jungkook weggerissen und falle vom Dach der Schule. Ich falle und falle gefühlt eine Ewigkeit, und es scheint kein Ende zu nehmen.

"AHHHHHHH!" Mit einem lauten Schrei erwache ich aus meinem Schlaf und spüre einen Ruck durch meinen Körper gehen. Mein Herz rast, und mein Atem kommt in hastigen Stößen. Die plötzliche Aufregung durchflutet mich, und ich schnappe nach Luft, während ich versuche, die Realität von meinem Albtraum zu trennen.
Ich versuchte es, aber es ist nicht so einfach, wenn man langsam bemerkt, dass man in einem fremden Zimmer, in einem fremden Bett liegt.

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt