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Langsam öffne ich verschlafen meine Augen. Ich blinzele ein paar Mal und reibe mir mit meiner Hand den Schlafsand aus meinen Augen. Verwirrt sehe ich mich um. Oh, ich bin scheinbar eingeschlafen, als der Mann sich vorgestellt hatte.

"Jungkook", hauche ich tonlos seinen Namen. Ein komischer Mann, denke ich.

Es klopft es an der Tür, und sie wird auch sogleich geöffnet. "Du bist wach", lächelt die Krankenschwester. In ihrer Hand hält sie ein Tablett mit Essen und einem Glas Wasser. Sie kommt auf mich zu und stellt das Tablett neben mir auf dem Tisch ab. "Ich bringe dir das Essen", sagt sie unnötigerweise. "Lass es dir schmecken." Mit diesen Worten verlässt sie wieder das Zimmer.

Argwöhnisch betrachte ich das Essen. Die Pampe sieht jedenfalls nicht appetitlich aus. Mit gerümpfter Nase schiebe ich den Haferbrei weg. Leider mit zu viel Schwung, sodass er mit einem lauten Klirren auf den Boden fällt und zerbricht. Dabei verteilt sich der Brei überall. Plötzlich höre ich jemanden lachen. Erschrocken zucke ich zusammen und schreie auf.

"Man, musst du mich so erschrecken..."

Als ich erkenne, wer da steht, fange ich wieder an zu zittern. Was will er hier, warum ist er hier?

"War ja klar, dass du alles kaputt machen musst. Du bist zu doof für alles. Hahahaha... dich braucht keiner. Hättest verrecken sollen!" Mit zwei großen Schritten kommt mein Klassenkamerad, der mich gestern noch durch die Straßen gejagt hatte, näher. Er packt mich am Kragen und zieht mich nah zu sich heran, seinen Hass in den Augen.

"Bitte, bitte nicht", stammele ich mit zitternder Stimme. Ich höre mein Herz schnell schlagen, das Blut rauscht in meinen Ohren, als ich auf den Schlag warte. Doch er kommt nicht.

Verwirrt öffne ich zuerst ein Auge und dann das andere, ehe ich beide erschrocken aufrisse. Hinter meinem Peiniger hat sich mein Retter von letzter Nacht aufgebaut und hat den Schlag abgefangen. Doch seine Aura hat sich verändert. Gestern war sie freundlich und hilfsbereit, jetzt ist sie gruselig und teuflisch. Seine zuvor braunen Augen sind blutrot, und er sagt mit bedrohlicher Stimme zu meinem Peiniger, der Minho heißt: "Du wagst es, dich an ihm zu vergreifen?"
"Ich habe doch nichts gemacht", jammert Minho. "Lass mich gehen." Jungkook fletscht die Zähne, zieht Minho näher zu sich und sagt: "Dieses eine Mal kommst du ungeschoren davon. Doch sollte ich dich noch einmal in Jimins Nähe sehen...." Jungkook macht eine kurze Pause, beugt sich zu Minho herunter und flüstert ihm etwas ins Ohr. Leider kann ich nicht verstehen, was er sagt. Aber ich sehe, wie Minhos Gesichtsfarbe blass wird, und er nickt hektisch. Jungkook lässt ihn los, und er läuft schneller, als wir gucken können, aus dem Raum.

"D-Danke", stammle ich leise.

Mein Retter dreht sich in meine Richtung. Seine zuvor roten Augen sind wieder dunkelbraun. "Wie geht es dir?" Er schiebt sich eine lange schwarze Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus seinem Zopf gelöst hat.

Wie soll es mir schon gehen? Ich fühle mich innerlich leer und möchte nur noch meine Ruhe und das für immer....

"Mir geht es soweit ganz okay", lüge ich und hoffe dass er meune Lüge nicht durchschaut. Jungkook, nicht ganz überzeugt, zieht eine Augenbraue in die Höhe. Jedoch lässt er das erstmal so stehen.

"Jungkook?"

"Ja?"

"Darf ich dich was fragen?" Schüchtern sehe ich zu ihm auf.

"Du brauchst nicht zu fragen, frag mich einfach." Beruhigend lächelt er mich an.

"Vorhin... warum waren deine Augen plötzlich rot?"

Das frage ich mich schon die ganze Zeit, denn das war doch theoretisch nicht möglich. Aus Jungkooks Gesicht verschwindet das Lächeln, und er sagt: "Tut mir leid, das kann ich dir nicht sagen. Zumindest jetzt noch nicht. Verzeih mir."

"Entschuldigung, hätte nicht fragen sollen." Geknickt senke ich den Kopf. Warum sollte man mir es auch erzählen....

"Ich habe gesehen, dass du noch nichts gegessen hast." Sein Blick wandert zu der undefinierbaren Masse, die ich zum Frühstück bekommen habe. "Lass uns zusammen runter zur Mensa gehen. Ich gebe dir etwas aus."

"Ich habe keinen Hunger", sage ich.

"Du musst wenigstens eine Kleinigkeit essen, tue es mir zur Liebe." Jungkook reicht mir seine Hand. Vorsichtig greife ich nach seiner Hand. Sie fühlt sich weich und warm an. Mein Blick wandert von seiner Hand hoch zu seinem Gesicht. Er hat ein schönes Gesicht. Hohe Wangenknochen, aristokratische Gesichtszüge, eine gerade Nase, und seine Augen, die eine Dominanz und zugleich eine Sanfheit ausstrahlen, können einen echt in seinen Bann ziehen. Bevor ich mich komplett in seinem Bann verliere, wende ich meinen Blick ab.

"Warum hilfst du mir nur?", hauche ich leise.

"Weil du etwas Besonderes bist." Mit großen Augen sehe ich ihn an und kann nicht glauben, was ich da gehört habe. "Das ist eine Lüge. Ich meine..." - ich seufze einmal und schüttle den Kopf. "Wenn ich etwas Besonderes sein soll, warum muss ich dann immer leiden? Warum werde ich aufs Übelste gemobbt? Warum hat sich mein Vater noch nicht gemeldet? Ich scheine ihm wohl egal zu sein. So wie all den anderen. Also sag mir, WAS IST AN MIR SO BESONDERS?!" Den letzten Teil schreie ich und bemerke nicht, wie die Tränen mir die Wange herunterlaufen.

Der Mann kniet sich zu mir herunter und nimmt mich in den Arm. "Du bist etwas Besonderes, und ich werde es dir beweisen. Versuch einfach, mir zu vertrauen. Ich werde es nicht missbrauchen. Auch wenn du mich kaum kennst, werde ich ab jetzt immer an deiner Seite sein und dich vor allen Gefahren der Welt beschützen. Du musst es nur zulassen."

Soll ich es versuchen? Gebe ich ihm eine Chance?

"Okay, ich versuche es."

"Sehr gut, wir fangen gleich damit an, indem wir zusammen etwas essen gehen. Moment, ich helfe dir eben, dich von den Kabeln zu lösen." Nachdem ich von den Kabeln befreit worden bin, stehe ich auf, und wir gehen hinunter zur Cafeteria. Auf dem Weg werden wir von einer Arzthelferin aufgehalten mit den Worten: "Moment mal, der junge Herr muss noch auf seinem Zimmer liegen bleiben."

"Ich habe mit dem Chefarzt gesprochen, er sagte, er darf das Zimmer verlassen", erwidert mein Begleiter ruhig, und wir setzen den Weg fort.

"Stimmt das wirklich, was du gesagt hast?"

"Was denn?" Jungkook neigt verwirrt den Kopf zur Seite.

"Na, dass du mit dem Chefarzt gesprochen hast?"

"Nein, nicht wirklich, aber das muss sie nicht wissen."

In der Cafeteria angekommen, setzen wir uns an den Tisch am Fenster. Mir wird die Speisekarte übergeben. Wir durchstöbern beide die Speisekarte. Kurze Zeit später werde ich gefragt: "Was möchtest du essen? Worauf hast du Lust?" Ich antworte ihm, dass ich gerne Bokumbap hätte und er bestellt das Essen.

Das gemeinsame Essen verläuft angenehm. Irgendwie ruhig und entspannend. Die belanglosen Gespräche, die wir führen, lassen mich vergessen, was war. Die ruhige Atmosphäre wird nur unterbrochen von einer Ärztin, die mich mit einer grimmigen Miene zurück in das Zimmer bugsiert. Scheinbar ist die Lüge aufgeflogen. Die nächsten 2 Tage, die ich im Krankenhaus verbringe, sind sterbenslangweilig, bis auf die Besuche von Jungkook.

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt