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Das nächste Mal, als ich aufwache, ist es draußen immer noch hell. Ich werfe einen kurzen Blick auf die Uhr, um zu sehen, wie lange ich geschlafen habe. Vermutlich nur zwei Stunden. Doch die Uhr zeigt mir 7 Uhr an. Überrascht öffne ich meine Augen weit. "Woah, ich muss wohl ziemlich müde gewesen sein", denke ich. Dass mich das nicht komplett aus der Bahn geworfen hat, wundert mich. Oder liegt es daran, was Namjoon gesagt hat: "Je länger ein nicht erwachter Dämon hier verweilt, desto schwächer wird er."

Ich hoffe, es hat keine weiteren Nebenwirkungen und es ist erst einmal mit der Müdigkeit getan.

Seufzend stehe ich auf und verschwinde mit frischen Klamotten, bestehend aus einer kurzen Hose und einem Hemd, ins Bad, um mich widerwillig für die Schule fertig zu machen.

Frisch geduscht und in Alltagskleidung gekleidet, verlasse ich das Bad. Noch immer herrscht Stille in der Wohnung. Vielleicht schläft er noch. Automatisch werfe ich einen Blick ins Wohnzimmer und bleibe stehen. Anders als sonst liegen hier keine Alkoholflaschen auf dem Tisch, und der Platz, an dem mein Vater normalerweise seine Zeit verbringt, ist leer. Vielleicht ist ein Wunder geschehen? Das wäre schön, aber leider nicht sehr wahrscheinlich. Es ist wahrscheinlicher, dass er in seinem Bett liegt, eng umschlungen mit seiner großen zweiten Liebe 'Wodka'!
Überprüfen tue ich das jetzt aber nicht.

Schnell bereite ich mir ein Sandwich zu und mache mich auf den Weg zur Schule. Ich hatte gehofft, Jungkook vor der Tür zu sehen, der mich wieder zur Schule fährt, aber dieses Mal ist niemand da. Schade.

Eine halbe Stunde später sitze ich pünktlich im Klassenzimmer auf meinem Platz. Ich halte meinen Kopf gesenkt und kritzele irgendwelche Zeichnungen auf meinem Collegeblock. So gut wie möglich versuche ich, meine Mitschüler zu ignorieren, was etwas schwierig ist, wenn sie mich wie eine Attraktion anstarren. Was habe ich nun schon wieder getan, um ihre Aufmerksamkeit zu verdienen?

Genervt schiele ich von meiner undefinierbaren Zeichnung auf, nehme meinen Mut zusammen und sehe zurück. Wie sagt Skipper aus dem Film "Die Pinguine von Madagaskar" immer: "Männer! Schön lächeln und winken."

Und genau das tue ich jetzt auch! Kaum tue ich das, wenden sie sich ab. Es ist erstaunlich, wie eine einfache Geste so viel bewirken kann. Das hätte ich schon viel früher tun sollen, stelle ich belustigt fest.

"Na? Hackfresse? Was grinst du so blöd?", schreit Kevin, der gerade durch die Klassentür gestürmt kommt, auf mich zu. "Toll, es hat sich nichts geändert", flüstere ich bitter und undeutlich. Vor mir bleibt er stehen. Er packt mich am Kragen und beugt sich zu mir hinab. Geschockt von seiner Reaktion erstarre ich wie zur Salzsäule und weiß nicht, was ich tun soll.

Im selben Moment betritt Minho mit zwei seiner Freunde den Klassenraum. Kevin hält mich immer noch fest und grüßt seine Freunde: "Was geht? Lasst dieser kleinen Schwuchtel Benehmen beibringen. Er hatte gerade ein perverses Grinsen im Gesicht. Lasst es ihm aus dem Gesicht schlagen!", versucht er seine Freunde zu motivieren.

Viele in der Klasse erwarten von ihnen eine Reaktion. Normalerweise würden sie begeistert einspringen, doch dieses Mal reagieren sie anders. Ungewöhnlich. Der Einblick in die Hölle hat offenbar ihre Wirkung gezeigt. Sie reagieren nicht auf ihren Freund Kevin und zeigen weder eine Mimik noch Gestik. Wie paralysiert wirken sie, nehmen nichts wahr und sehen sehr blass im Gesicht aus.

Der Einblick muss wohl heftig gewesen sein. Aber ganz ehrlich? Mit ihnen habe ich kein Mitleid. Wenigstens lassen sie mich in Ruhe.

Fast hätte ich schadenfroh gelacht, kann es gerade so noch unterdrücken. Geschieht ihnen recht!

"Was hast du auf dem Dach mit Minho, Alfred und Pak Il Do gemacht?", zischt Kevin wütend.

Stimmt, diesen lästigen Schandfleck habe ich für kurze Zeit vergessen...

Ich bleibe stumm und sage nichts. Schließlich habe ich nichts Falsches getan, und genau das scheint ihn auf die Palme zu bringen. Bevor jedoch irgendetwas aus dem Ruder laufen konnte, betritt der Lehrer das Klassenzimmer.

"Ich werde herausfinden, was geschehen ist. Schließlich habe ich die Videos der Überwachungskamera kopiert und auf dem Computer hier gelöscht."

Sie haben hier Überwachungskameras? Das wusste ich nicht...
"Dann hast du gesehen, wie er versucht hat, mich vom Dach zu stoßen, und du hast nichts getan?!"

"Wieso sollte ich auch? Du lebst doch noch, also ist nichts passiert", zuckt er mit den Schultern.
"Also, wie hast du es geschafft, dass meine Freunde einfach vom Dach verschwinden und du merkwürdigerweise alleine wieder auf das Dach geklettert bist?"

Verwirrt betrachte ich den blonden Jungen vor mir. Konnte er auf den Videos meine Helfer nicht sehen? Merkwürdig. Ist das vielleicht eine Eigenschaft von Dämonen? Vermutlich. Schade, dann sind diese Videos für die Polizei leider kein Beweismittel, oder die Videos sind nur ein Bluff.
"Ich glaube dir nicht, dass es Videos gibt", behaupte ich daher.

Kevin kramt aus seiner Hosentasche einen USB-Stick heraus und hält ihn mit ausgestrecktem Arm in die Luft. "Hier sind die Beweise!", ruft er siegessicher. "Und ich werde sie der Welt zeigen, nachdem ich Recherchen angestellt habe und beweisen kann, dass du mit dunkler Magie oder Geistern zu tun hast, es sei denn, du..."

"Versuchst du mir gerade zu drohen?", frage ich leise nach. Meine Stimme zittert etwas, was ich so gut wie möglich zu unterdrücken versuche. Was, wenn das Ganze kein Bluff von ihm ist, und die Videos existieren, und sie schlimmstenfalls online stellt? Was würde dann passieren? Es könnte vieles geschehen, jedoch vermutlich wäre das Meiste davon nichts Gutes.
"Egal, was du tust, ich werde nicht auf deine Drohung eingehen!", erwiedere ich und denke zugleich: Ich muss diesen USB-Stick haben und die Videos löschen!

"Mutig, mutig. Bist du dir da auch ganz sicher?"

Während Kevin das sagt, wird ihm unter Protest der USB-Stick vom Lehrer, der plötzlich hinter ihm steht, aus der Hand genommen.

"Und hier haben wir auch den ersten Freiwilligen, der seine Präsentation vortragen möchte", sagt der Lehrer. "Ich nehme an, die Präsentation ist ebenfalls hier gespeichert?"

Kevins wütende Miene wandelt sich auf der Aussage des Lehrers hin zu einer siegessicheren. "Selbstverständlich", wirft er mir einen kurzen Blick zu und flüstert: "Du wirst sehen, dass ich nicht flunkere. Die Klasse wird das Video zuerst zu Gesicht bekommen."

Mit selbstsicherer Haltung tritt Kevin vor die Klasse und stellt etwas am Computer ein. An der Leinwand der Klasse erscheint durch den Beamer die Startseite des Computers.

Ich muss eingreifen! "Stopp, Kevin! Tu das nicht!", rufe ich durch die Klasse. Viele in der Klasse sind verwundert über meinen Ruf, da ich normalerweise nichts sage, geschweige denn rufe.

"Zu spät!", antwortet Kevin, während er eine Taste drückt.

Ich beobachte, wie der Bildschirm schwarz wird und die ersten Bilder erscheinen.

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt