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Die Stimme klingt kraftvoll, düster und bedrohlich. Ein kühler Wind bricht in die warme Sommerluft ein und verstärkt die beklemmende Atmosphäre.

"Lasst ihn sofort los!", knurrt Jungkook, der wie aus dem Nichts auftaucht ist. ,,Oder ich muss meine Drohung wahr machen!"

Es scheint, als würden sich Minhos Augen für einen Moment ängstlich weiten, doch er löst den Griff dennoch nicht von mir und sieht mir weiterhin in die Augen. Dann wechselt der Ausdruck in seinen Augen. Ich erkenne Triumph und eine Spur von Wahnsinn. Minho lacht und mit einem Ruck zieht er mich näher über den Abgrund. Es scheint, als würde er es ernst meinen, und ich klammere mich mit aller Kraft an seine Arme, um nicht zu fallen. Man weiß nie, wann er loslässt und ob er mich wirklich einfach dem Tod überlässt.
"Ich kann ihn gerne loslassen."

Minhos Freunde johlen und feuern ihren Freund an, scheinen die Situation nicht ernst zu nehmen.

"Jungkook, bitte hilf mir", flüstere ich mit zitternder Stimme. Ich möchte nicht sterben. Vor ein paar Tagen noch hätte ich den Tod mit offenen Armen empfangen, aber jetzt nicht mehr. Der Grund dafür ist Jungkook. In der kurzen Zeit, die wir uns kennen, hat er mir Hoffnung auf ein besseres Leben gegeben, und da ist etwas zwischen uns, das ich nicht deuten kann. Bewunderung? Geborgenheit? Hoffnung?
Aber all das nützt nichts, wenn Minho mein Leben vorzeitig ein Ende bereitet.

"Letzte Warnung. Ich wiederhole mich nicht. Lass ihn fallen, und du wirst erfahren, was es heißt, in der Hölle zu schmoren!" Minhos Griff lockert sich. Ein letztes Mal sehe ich an Minho vorbei und in Jungkooks Augen. Sie sind statt braun wieder rot. Leuchtend rot wie das Feuer.

Minho sieht zurück und erschrickt zutiefst. "Was bist du?", ruft er mit zittriger Stimme und lässt mich vor Schock los.

Mein Herz setzt aus, als ich nach hinten kippe. Ich versuche mich an irgendetwas festzuhalten, aber meine Finger greifen ins Leere, und ich stürze in den Abgrund. Ein Schrei entweicht meinen Lippen, während ich falle.

Plötzlich spüre ich eine große, warme Hand, die mich hält.

Eine Hand, die mich fest umschließt und mich vor dem sicheren Tod rettet. Ein Gefühl der Erleichterung durchflutet mich, als ich spüre, wie ich langsam zum Stillstand komme, meine fallende Bewegung gestoppt wird. Meine Augen öffnen sich langsam, und ich blicke auf, um zu sehen, wer mich gerettet hat.

Dort, über mir, steht Jungkook, sein Gesicht von Entschlossenheit und Sorge gezeichnet. Sein Griff ist fest und doch sanft, als ob er mich beschützen wollte, ohne mich zu verletzen." Alles ist gut, ich habe dich", sagt er mit einer ruhigen Stimme, die mich beruhigt. "Ich lasse dich nicht fallen."

Mit den Worten zieht er mich hoch. Sobald ich den sicheren Boden spüre, lasse ich mich darauf fallen und versuche, meinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Mein Körper zittert vor Erleichterung, sowie noch aufgrund des Schockes.

"Alles gut?" fragt Jungkook, und ich sehe wie paralysiert in seine Augen, die wieder braun waren.

"Danke", sage ich und zwinge mir ein dankbares Lächeln auf. In Wirklichkeit ist mir nicht nach Lachen zumute, dafür sitzt das Erlebte noch zu tief in den Knochen.

"Ich bin sofort wieder bei dir. Rühr dich bitte nicht vom Fleck", sagt er, während er seine schwarze Lederjacke auszieht und sie über meine Schultern legt. Meine Hände krallen sich in sie hinein, und ich wickle sie enger um mich. Die etwas zu große Jacke ist von innen flauschig und weich.

Ebenso steigt mir der angenehme Geruch von Jungkook in die Nase. Süßer Apfel. Der Duft ist nicht penetrant, sondern angenehm, frisch und beruhigend.

"Nein, geh bitte nicht", bitte ich ihn und strecke meine Hände nach ihm aus. "Verlass mich nicht."

Jungkook schüttelt mit dem Kopf. Will er mich etwa doch verlassen? Warum hat er mich dann gerettet?

"Ich verlasse dich nicht", sagt er. Beruhigend zu wissen... Aber was hat er vor?

"Aber es gibt hier drei Personen die zur Rechenschaft gezogen werden müssen!",  verkündet Jungkook mit einer Stimme, die vor Bedohung und Wut vibriert Mit dieser Aussage nimmt seine Aura sehr gefährliche Züge an. Der Körper spannt sich an, als ob er bereit wäre, sich für mich zu rächen. Seine Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen, und ein leuchtendes Rot bricht wieder durch die Brauntöne.

Langsam erhebt er sich, den Rücken zu meinen Peinigern gewandt. Die Stille ist greifbar und die Luft wird gefühlt hier auf dem Dach dicker, trotz dem frischen Sommerwind.
Er hält den Blick gesenkt und sagt: "Das war euer schlimmster Fehler gewesen. Selbst Gott wird euch nicht mehr helfen können!" Zugleich greift er in seine Hosentasche und holt eine rot glänzende Murmel heraus. Er lässt sie zwischen seinen Fingern herumwandern

Die Angesprochen gackern belustigt wie Hühner. Sie scheinen ihn nicht für voll zu nehmen.
"Du machst mir keine Angst und auf deine komische Gott-und-Hölle Nummer kaufe ich dir nicht ab! Und das im Krankenhaus neulich....wahhhh"

Die Murmel fällt auf den Boden, und ich beobachte mit Unglauben, was geschieht. Die Murmel verschwindet in Rauch, sobald sie den Boden berührt.

Im gleichen Moment, unerwartet schnell für das menschliche Auge, schnellt Jungkook vor und schnappt sich einen nach dem anderen.

Sie versuchen zu fliehen, aber keine Chance! Ruckzuck liegen sie bewusstlos am Boden.

"Du hast uns gerufen?" Zwei neue Personen sind auf dem Dach erschienen. Wie und wann sind sie auf das Dach gekommen? Das habe ich überhaupt nicht bemerkt.

"Jin, Namjoon! Danke, dass ihr meinen Ruf gefolgt seid. Nimmt die Drei mit und bringt sie zu Yoongi, damit sie sehen was ihnen nach dem Tod erwartet."

Die Beiden gehorchen sofort und packen die bewusstlosen Schüler.
Dabei fällt ihnen auf, dass ich hier sitze und alles mitangesehen habe. Noch immer kann ich nicht realisieren, ob das Ganze bittere Realität oder ein schlechter Albtraum gewesen ist.

"Ist er das?", fragt der Größere der beiden mit den markanten Gesichtszügen, während der etwas Kleinere mit den weicheren Gesichtszügen ebenfalls zu mir blickt, freundlich zulächelt und winkt. Beim Winken vergisst er sogar, dass er Minho an der Hand festgehalten hat, und dieser nun auf den Boden plumpst.

Schnell hat er ihn wieder an der Hand, und sie verschwinden an Ort und Stelle.
Wie? Wie konnten sie einfach so verschwinden, ohne sich fortzubewegen, einfach ins Nichts aufzulösen? Ist das überhaupt möglich? Ist das alles gar nicht geschehen, und ich habe es mir nur eingebildet? Das muss vom Schock kommen! Ganz sicher!

Prüfend reibe ich mir mit beiden Händen meine Augen.
Sobald ich meine Hände von den Augen nehme, zucke ich heftig zurück und schreie erschrocken auf.

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt