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Die Worte treffen mich wie ein Schock. Ich starre Jungkook fassungslos an, unfähig zu begreifen, was er gerade gesagt hat. Ein Dämon? Ich? Es fühlt sich an, als würde mein Verstand in tausend Stücke zerspringen, während ich versuche, die Realität dieser Enthüllung zu erfassen.

"Das kann nicht sein...", flüstere ich, meine Gedanken wirbeln wild durcheinander. "Ich meine, ich bin doch... ein Mensch, oder?"

Mir wird alles zu viel. "Das ist alles ein Scherz, oder? Ein echt mieser Scherz!" Wild schüttle ich meinen Kopf.

"Ich verstehe, es ist schwer zu akzeptieren, aber wir sind für dich da, und ich ganz besonders. Vertraust du mir?", fragt Jungkook ruhig.

Vertraue ich ihm? Ich versuche, in mein Inneres zu sehen, durch den Nebel der Verwirrung und Angst, der meine Gedanken umhüllt. Doch trotz allem, was gerade passiert ist, spüre ich einen Funken Vertrauen in Jungkook. Er hat mich die letzten Tage nicht enttäuscht, war für mich da und hat sich um mich gekümmert, als ich es am meisten brauchte.

Langsam nicke ich, meine Stimme kaum mehr als ein Flüstern. "Ja, ich vertraue dir, Jungkook."

Eine Wärme legt sich in den Ausdruck seiner Augen. "Dann vertraue mir, dass es nichts Schlimmes ist, ein Dämon zu sein. Die Horrorfilme der Menschen über Dämonen sind nur ein weit verbreitetes Märchen."

"Naja...", sagt Yoongi, "aber es passt wirklich gut zu einigen. Denk an die Seelenfresser."

"Seelenfresser?", hake ich beunruhigt nach. "Ja, das sind die sogenannten Bösen, von denen Namjoon gerade erzählt hat. So nennen wir sie. Uns gegenüber sind sie harmlos, aber für Menschen und nicht erwachte Dämonen sind sie sehr gefährlich", erklärt Jin.

"Sie sind jedoch in einem sozusagen separaten Teil der Hölle eingesperrt. Normalerweise kommen sie dort nicht heraus, aber es kommt dennoch manchmal vor. Einige von ihnen sind wirklich geschickt im Ausbrechen. Man glaubt es kaum, aber es gibt welche mit Köpfchen unter ihnen", erzählt Yoongi weiter. "Aber Hoseok und ich sind meisterhaft darin, sie in Schach zu halten", fügt er grinsend hinzu.

"Wenn das Böse Geschöpfe sind, wieso vernichtet ihr sie nicht einfach?", erkundige ich mich und sehe in die Runde.

"Weil sie auch eine wichtige Rolle hier spielen", meldet sich Jungkook zu Wort. "Wenn eine bestrafte Seele in die Hölle fährt, wird sie zunächst bestraft, je nach Ausmaß des Vergehens, das sie im Leben begangen haben. Wenn die Zeit der Bestrafung vorbei ist, wird kontrolliert, ob sie die Taten wirklich aus tiefstem Herzen bereuen. Wenn ja, haben sie die Chance auf eine Wiedergeburt, wenn nicht, werden sie den Seelenfressern zum Fraß vorgeworfen."

"Woher wisst ihr, ob sie die Taten bereuen? Ich meine, sie können doch auch nur lügen, um den Schmerzen zu entkommen?"

"Das wird dir zur gegebenen Zeit erklärt", mischt sich Namjoon ein. "Du weißt jetzt schon zu viel."

"Ihr habt doch schon angefangen, jetzt könnt ihr auch alle Fakten auf den Tisch legen!", erhebe ich Einwände. So beängstigend alles auch ist, so langsam finde ich das Thema nach und nach interessanter und faszinierender. Jetzt weiß ich, dass Jungkook mich nicht hasst und mich nicht loswerden will. Aber ist er nur bei mir, weil ich ein noch nicht erwachter Dämon bin? Mann, ich komme immer noch nicht mit der Tatsache klar und kann es nicht so recht glauben. Aber alle sehen so aus, als ob sie die Wahrheit erzählen und es kein Scherz ist.

Ich erinnere mich an seine roten Augen, die Augen, die zum Vorschein kamen, wenn er wütend war, weil er ein Dämon ist. Das plötzliche Erscheinen - weil er ein Dämon ist. Das plötzliche Verschwinden mit Minho und seinen Freunden... Apropos, was haben sie mit ihnen gemacht?

Ich halte inne und betrachte die Gruppe um mich herum. Die Atmosphäre ist gespannt, als ob jeder darauf wartet, wer als nächstes spricht.

"Was ist mit Minho und den anderen passiert?", frage ich schließlich, meine Stimme zittrig vor Ungewissheit. "Was habt ihr mit ihnen gemacht?"

Die Gruppe schweigt für einen Moment, schließlich erklärt Jin: "Wir haben alle drei damit konfrontiert, was passiert, wenn sie dich weiterhin belästigen oder nochmal wagen sollten dir was anzutun."

Nachdenklich schaue ich auf die Tasse vor mir, deren Inhalt schon längst kalt ist.
Drei? Aber es waren doch vier Personen.... wer von ihnen war nicht auf dem Dach gewesen? Wer auch immer es von ihnen war, ich beschließe, es nicht zu erwähnen. Ich will nicht am Tod anderer Schuld sein, egal wie scheiße sie zu mir waren.

"Sind sie tot?", frage ich leise nach.
"Nein", antwortet Namjoon und schüttelt den Kopf. "Wir dürfen eigentlich nicht an den Lebenden vergreifen. Es war schon grenzwertig, dass wir ihnen die Konsequenzen, 'die Hölle', gezeigt haben."

"Am liebsten hätte ich sie in der Hölle verrotten lassen", spuckt Jungkook gehässig aus. Ich schweige. "Ich meine, das haben sie verdient, dafür, dass er beinahe dein Leben beendet hat", fügt er noch hinzu.

"Ich möchte aber nicht, dass du wegen mir zum Mörder wirst", murmele ich leise. "Und ich bin froh, dass du es nicht getan hast."

Zwar habe ich mir schon oft still und heimlich in meiner Verzweiflung, Trauer und Wut ausgemalt, welche Konsequenzen ihre Taten mit sich bringen würden. Wie es wäre, wenn sie einmal in der Opferrolle wären und den ganzen Schmerz, den ich erleiden musste, abbekommen würden. Sie würden wahrscheinlich nicht damit umgehen können, genauso wie ich. Diese Gedanken wandelten sich  immer mehr in Selbsthass und in Selbstmordgedanken. Bis Jungkook kam.

"Meint ihr wirklich, es hat etwas gebracht, ihm die Konsequenzen nach dem Tod zu zeigen?", zweifle ich. Ich meine, Minho ist verrückt und gemeingefährlich, und ob das etwas gebracht hat, ist eine andere Frage... Die Zukunft wird es mir schon zeigen, da bin ich mir sicher.

"Sie werden dir erstmal nichts antun oder gar schief anschauen. Das trauen sie sich nicht mehr", fies grinst Yoongi. "Dafür haben wir gesorgt."

"Und wenn ich dich zurückgebracht habe, werden wir zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, wegen versuchten Mordes." Während Jungkook das sagt, steht er auf und reicht mir die Hand. "Komm, ich bringe dich nach Hause. Da kannst du nochmal in Ruhe über alles nachdenken. Ich denke, das hier war alles etwas zu viel."

Ich nicke und greife nach seiner Hand, lasse mich vom Stuhl hochziehen. Leicht winkend verabschiede ich mich von der Gruppe. Die ich wohl vor den zwei Wochen nicht mehr so schnell sehen werde, es sei denn, sie kommen mich besuchen...? Aber dafür kenne ich sie kaum, aber dennoch wäre es nett...

'Aber warum sollten sie es tun? Ich bin bestimmt nur ein hässlicher nerviger Klotz am Bein', meldet sich mein Gewissen und versuche den Zweifel krampfhaft verschwinden zu lassen.

Jungkook umschließt mich in seine Arme und lenkt mich von diesen Gedanken vorerst ab. Seine Umarmung ist warm und sicher, und ich lasse mich unwillkürlich noch enger an ihn schmiegen. Die Nähe zu ihm beruhigt mich, und ich spüre, wie mein Herzschlag sich verlangsamt.

Sein Atem streift sanft mein Haupt, ein zarter Hauch, der mir eine Gänsehaut verursacht. Ein angenehmes Kribbeln durchfährt meinen ganzen Körper und ich genieße den Moment und all meine Gedanken und Sorgen verschwinden.

"Schließe deine Augen", flüstert er, und ich gehorche bereitwillig.

Die Umarmung ist leider von kurzer Dauer, da deutet er mir an, die Augen wieder öffnen zu können. Wir stehen vor meinem zu Hause. 

Soul Eater - JikookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt