Kapitel 50

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Das Leben als verheiratete Frau tut mir ausgesprochen gut. Vor allem mit den schönen Erinnerungen unserer Flitterwochen auf Sansibar. Ich war noch nie so braun und auch Miran sonst so helle Haut ziert ein wunderbarer Karamellton. Mein Gehirn schnurrt wegen seiner gebräunten, breiten Unterarme, die er in letzter Zeit sehr oft zeigt. In Kombination mit seiner Uhr und seinem Ehering habe ich das eine oder andere Mal gesabbert. Auch das jetzige Meeting beende ich halb schlürfend, als ich mit den Kollegen auf den Tisch klopfe. Keine Ahnung, worum es ging. Mirans rechte Hand – mit seinem Ehering –, mit dem er sich einige Punkte notiert hat, war eine zu große Ablenkung, vor allem aber durch die Erinnerungen an sie aus unseren Flitterwochen ... ich bin auf der Arbeit. "Was beschäftigt dich, Shirin?" Miran fährt durch meine Haare und entspannt mich damit umso mehr. "Die Arbeit", murmele ich. "Freut mich, dass du dich in meiner Firma wohlfühlst." Ich summe nur bejahend und lege meinen Kopf in meine verschränkten Arme. "Was ist jetzt mit der anderen Firma?" "Ich habe noch keine Idee. Wenn dir etwas einfällt, lass es mich wissen." "Geht das denn so leicht?" "Ich habe meine Kontakte." Er kann wirklich sehr gut kraulen.

"Hattest du schon Mittagspause?" "Nein", murmele ich. "Ich schlafe gleich ein." "Du musst essen." "Schlafen." "Das auch, nur nicht jetzt. Ich kenne ein gutes Restaurant." "Dein Geschmack ist grässlich." "Ich bin mir sicher, dass ich einige gute Ecken habe." Seine Hand fährt über meinen Nacken zu meiner Hüfte, um mich näher zu sich zu ziehen. Ich werde wacher, aber auch nervöser. "Wir sind im Meetingraum." "Das sind alles meine Räume, Shirin." Oh nein, nicht hier! Auf Sansibar hat er jede Chance in den 15 Tagen genutzt, aber hier kann er es vergessen! Ich fürchte mich immer noch vor diesem Etwas, auch wenn ich danach stets den besten Schlaf meines Lebens habe. Ich erhebe mich unruhig und hicksend, weil dieser alte Mann seine Hände nicht bei sich behalten kann und flüchte aus dem Raum. Wenn er intim – mal wieder – werden möchte, dann heute Abend. Es ist der 18. September und in vielleicht zehn Stunden hat Miran Geburtstag. Er wird 33 und so oft ich auch Witze über sein Alter mache, ist es ein erschreckend attraktives Alter. Doch so, wie Miran sich benimmt, wage ich zu bezweifeln, dass sein altes Gehirn überhaupt weiß, dass er sich einem weiteren Jahr der Rente nähert.

Das Problem mit einem Mann, der alles hat und alles haben kann, ist die Auswahl an Geschenken. Und ihn zu fragen, war eines der dümmsten Entscheidungen, die ich treffen konnte. Ich möchte nichts, Shirin. Danke, ich habe alles, was ich brauche. Ich möchte dich. Nervig! Umso nerviger war es, den Kuchen zu verstecken. Ich dachte, er schläft tief und fest. Als ich ihn dann oben gehört habe, als ich letzte Nacht den Kuchen vorbereitet habe, habe ich pro Schritt sieben Treppenstufen übersprungen und ihn untersagt, nach unten zu kommen, weil ich mich da angeblich im Intimbereich wachse. Als er mir dann seine Hilfe angeboten hat, bin ich fast verzweifelt die Treppen heruntergefallen, konnte ihn jedoch abwimmeln. Da Miran keinen Lieblingskuchen hat, musste ich kreativ werden. Ich bin mir jedoch sicher, dass ihm der saftige Tiramisu-Schoko-Kuchen gefüllt mit vielen Erdbeeren schmecken wird. Immerhin liebt er ja Kaffee. Mein Blick gleitet immer wieder ungeduldig zur Uhr, auch als ich mit Miran in seinem Büro zu Mittag esse. Narin genießt ihre Pause im Nagelstudio.

"Was hältst du von Weidetieren?" Miran hält bei seiner aufgelöffelten Portion inne. "In welchem Kontext?" "Wir haben genug Fläche." "Du möchtest Weidetiere?", hakt er mit angezogener Augenbraue nach. Ich nicke. "Wäre doch gut, oder nicht? Wir sparen uns Geld für Eier und Milch." Aber nicht für Fleisch. Miran isst schon genug Fleisch. Wenn er so weiter macht, altert er nur noch mehr. "Ich ... ich bin mir nicht sicher." Er blinzelt irritiert von meinen Vorstellungen. Ich wollte schon immer eine Kuh haben und einen Büffel! Dann mache ich uns hausgemachten Büffelmozzarella, ein Träumchen! "Überleg es dir. Wir können mit Hühnern beginnen." "Wir haben ja Zeit", erwidert er lächelnd. Ich liebe es, wenn die Lachfalten um seine Augen entstehen, sobald er lächelt oder lacht. Es ist verrückt, wie viel wir innerhalb fast zwei Monaten Ehe voneinander gelernt und aufgenommen haben. Der Kaffeesatz, der in der Kaffeemaschine zurückbleibt, nutze ich als Zusatzsubstrat für mein Erdgemisch und außerdem kam Miran auf die glorreiche Idee, Mayonnaise in die Guacamole hinzuzufügen. Es war ein anfänglicher Scherz, als ich ihn wieder an das fehlende Vorhandensein von Mayo in seiner Wohnung erinnerte und ich mir doch lieber wen anders suchen wollte, woraufhin er trotzig die Soße in meine gerade fertig gerührte Guacamole gab. Es ist erschreckend, dass ich nie selbst darauf kam.

Tollpatschige LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt