Teil 23: Lass mich nicht allein....

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Gavi's Sicht
Am Morgen nach einer schlaflosen Nacht machte ich mich auf den Weg zurück zum Haus. Jeder Schritt fühlte sich schwer an, als ob ich durch zähflüssigen Schlamm laufen muss. Die Gedanken an das Baby, Lia und die Verantwortung lasteten wie ein schwerer Stein auf meiner Brust. Trotzdem wusste ich, dass ich mich dem stellen musste. Ich konnte nicht ewig davonlaufen.

Als ich die Tür zum Haus öffnete, war es ruhig. Waren Anna und Robert nicht da? War Pedri auch nicht da? Ich ging leise zu Lias Zimmer, klopfte sanft an die Tür und fragte leise ,,Lia, ich bin's. Kann ich reinkommen?". Schwach und erschöpft hörte ich wie sie sagte ,,Ja, komm rein". Ich öffnete die Tür und ging in ihr Zimmer. Lia saß auf ihrem Bett, ihre Augen waren rot und geschwollen vom Weinen. Mein Herz zog sich zusammen, als ich sie so sah. Ich setzte mich an den Rand des Bettes, suchte nach den richtigen Worten und sagte dann nach einer kurzen Pause leise ,,Lia, es tut mir leid. Ich weiß, dass ich gestern scheiße reagiert habe. Ich war einfach überfordert von all den Gefühlen und Ängsten". Sie sah mich an, ihre Augen voller Trauer und Enttäuschung und dann sagte sie mit zitternder stimme ,,Gavi, du hast mich so verletzt. Ich brauche dich und unser Baby braucht dich". Ihre Worte trafen mich wie ein Schlag ins Gesicht und ich sagte ,,Ich weiß. Ich habe Angst, Lia. Ich habe Angst, dass ich das nicht schaffe, dass ich kein guter Vater sein werde. Ich wollte dich nicht verletzen". Tränen liefen ihr über die Wange und Lia sagte dann ,,Du hast mich bereits verletzt. Wie sollen wir das zusammen durchstehen, wenn du wegläufst?". Die Wut und die Frustration in ihrer Stimme ließen meine eigenen Emotionen hochkochen, weshalb es aus mir heraus platzte ,,Ich habe nicht darum gebeten, Vater zu werden! Das war nicht der Plan!". Direkt sagte sie mit lauter stimme ,,Und du glaubst, ich wollte das so? Du denkst, ich habe mir das ausgesucht? Das ist genauso ein Schock für mich wie für dich! Aber ich habe die Verantwortung übernommen, weil ich keine Wahl habe!". Ich sprang auf, lief im Zimmer hin und her und sagte dann auch etwas lauter ,,Das ist nicht fair, Lia. Du hast mir nicht einmal die Chance gegeben, mich darauf vorzubereiten. Du hast es mir einfach vor den Kopf geknallt und erwartest, dass ich sofort damit klarkomme". Lia sah mich geschockt an und schrie schon fast ,,Weil es keine andere Möglichkeit gab Gavi! Wir müssen da zusammen durch oder gar nicht! Aber du machts es mir so schwer!". Die Wut und der Schmerz in ihrer Stimme ließen meine eigenen Gefühle explodieren, weshalb ich sagte ,,Vielleicht ist das einfach zu viel für mich! Vielleicht kann ich das einfach nicht!". Lia stand auf, ihre Augen funkelten vor Zorn und Verzweiflung und dann sagte ich sie mit erhobener stimme ,,Du bist so egoistisch, Gavi. Du denkst nur an dich. Was ist mit mir? Was ist mit dem Baby? Hättet ich das Baby abtreiben sollen?! Oder wie?!". Direkt schrie ich ,,ICH WEIß ES NICHT, LIA! ICH WEIß ES EINFACH NICHT!".

Für einen Moment herrschte eine erdrückende Stille im Raum. Wir standen uns gegenüber, beide außer Atem von dem Streit, beide mit Tränen in den Augen. Ich sah den Schmerz und die Enttäuschung in ihrem Blick und ich fühlte mich schuldig, weil ich sie in diese Lage gebracht hatte. Aber die Angst und die Unsicherheit waren überwältigend. Mit meiner stimme, die nicht mehr als ein flüstern war, sagte ich ,,Ich brauche eine Pause Lia. Ich muss nachdenken und erstmal einen klaren Kopf bekommen". Lia nickte stumm, Tränen liefen weiter über ihr Gesicht und dann sagte sie nur ,,Lass mich und das Baby nicht alleine...bitte". Ich nickte, unfähig, etwas zu sagen. Ich drehte mich um und verließ das Zimmer, fühlte mich gleichzeitig erleichtert und noch schwerer belastet. Ich wusste, dass ich einen klaren Kopf brauchte, aber der Gedanke daran, Lia und unser ungeborenes Baby zurückzulassen, belastet mich einfach nur. Mit Tränen lief ich in mein Zimmer und setzte mich an mein Fenster und ließ alles auf mir sacken.

Lia's  Sicht
Ist das jetzt wirklich passiert? Gavi will eine Pause.....eine Pause von uns. Was ist wenn die Pause ewig anhält? Was ist wenn er das Baby wirklich nicht sehen will? Omg ich kann mir das alles nicht vorstellen. Mein Herz fühlte sich an, als ob es in tausend Stücke zerspringen würde. Der Gedanke, dass Gavi uns einfach so im Stich lassen könnte, war unerträglich. Ich sank auf mein Bett und zog die Knie an meine Brust, hielt sie fest, als ob ich mich so vor der schmerzhaften Realität schützen könnte. Tränen liefen unaufhaltsam über mein Gesicht und ich fühlte mich völlig verloren. Alles, was ich mir für unsere Zukunft vorgestellt hatte, schien in diesem Moment wie eine ferne, unerreichbare Illusion. Gavi war in seinem Zimmer, nur ein paar Schritte entfernt, aber es fühlte sich an, als ob er meilenweit weg wäre. Die Nähe, die wir einmal geteilt hatten, war durch seine Worte und seine Unsicherheit zerrissen worden. Ich konnte die Wut und die Verzweiflung in seiner Stimme immer noch hören und es tat weh zu wissen, dass ich ihm nicht helfen konnte, seine Ängste zu überwinden. Ich griff nach dem Ultraschallbild. Das kleine, unschuldige Wesen auf dem Bild war ein Teil von mir und Gavi, ein Symbol unserer Liebe. Aber jetzt schien diese Liebe so zerbrechlich, so bedroht von all den Ängsten und Unsicherheiten, die zwischen uns standen. Ich wischte mir die Tränen weg und atmete tief durch. Ich wusste, dass ich stark sein musste, nicht nur für mich, sondern auch für unser Baby. Egal, wie sehr es weh tat, ich konnte mich nicht einfach in meiner Verzweiflung verlieren. Das Baby brauchte mich und ich muss einen Weg finden, mit dieser Situation umzugehen. Aber wie sollte ich das schaffen, wenn Gavi nicht an meiner Seite war? Wenn er sich weiter von mir distanzierte und unsicher war, ob er überhaupt ein Teil unseres Lebens sein wollte? Die Gedanken kreisten unaufhörlich in meinem Kopf und ließen mir keine Ruhe.

Ich stand auf und ging zum Fenster, starrte hinaus auf die Straße, die sich im Licht der untergehenden Sonne verlor. Die Welt draußen schien so normal, so friedlich, während in mir das Chaos tobte. Ich legte eine Hand auf meinen Bauch und sagte ,,Egal was passiert, ich werde immer bei dir bleiben mein keines Wunder. Mama hat dich jetzt schon lieb und wird dich nie im Stich lassen". In diesem Moment hörte ich Schritte auf dem Flur. Neugierig ging ich näher ans Fenster und sah, wie Gavi ging. Er hatte sich umgezogen, trug eine dunkle Jeans und ein stylisches Hemd. Seine Haare waren frisch gemacht und er sah so aus, als ob er sich auf einen Abend in der Stadt vorbereitete. Mein Herz zog sich zusammen, als ich erkannte, dass er sich auf den Weg machte, um feiern zu gehen. Er verließ das Haus, ohne sich noch einmal umzudrehen. Ich konnte nicht fassen, dass er einfach ging, als ob nichts passiert wäre. Der Schmerz in meiner Brust verstärkte sich und die Tränen drohten wieder zu fließen. Wie konnte er uns so im Stich lassen? Ich war wütend, enttäuscht und fühlte mich verraten. Alles in mir schrie danach, ihn zurückzuholen, ihm klarzumachen, dass er sich seinen Ängsten stellen musste, aber ich wusste, dass er jetzt nicht zuhören würde.

Ich kehrte zurück zu meinem Bett und setzte mich, legte die Hand wieder auf meinen Bauch. Die Stille im Raum war erdrückend und meine Gedanken rasten. Wie konnte er einfach feiern gehen, während unsere Welt auseinanderfiel? Der Gedanke, dass er vielleicht versuchte, seine Probleme in Alkohol und lauter Musik zu ertränken, machte mich nur noch wütender. Ich wusste, dass ich nicht die Kontrolle darüber hatte, wie er mit der Situation umging, aber ich wünschte mir so sehr, dass er bei mir bleibt und gemeinsam mit mir durch diese schwere Zeit gehen würde. Es fühlte sich an, als ob er unsere Beziehung und das, was wir gemeinsam aufgebaut hatten, einfach wegwarf. Ich zog die Decke über mich und versuchte, mich zu beruhigen. Aber es war schwer, die Gedanken an Gavi und das Baby aus meinem Kopf zu verbannen. Die Ungewissheit über unsere Zukunft nagte an mir und ließ mir keine Ruhe. Ich wusste, dass ich stark bleiben musste, nicht nur für mich, sondern auch für unser Kind.

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Hoffe es hat euch gefallen :)

Neues Leben in Barcelona||Pablo Gavi Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt