Teil 36: Gewitter

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Lia's Sicht
Der Donner krachte laut und ließ mich aus dem Schlaf aufschrecken. Blitze erhellten mein Zimmer und warfen gespenstische Schatten an die Wände. Das Gewitter war in vollem Gange und meine Angst stieg mit jedem Donnerschlag. Seit ich ein Kind war, hatte ich Angst vor Gewittern. Der Lärm, das Licht, die Unberechenbarkeit. All das setzte mich immer wieder in Panik. Ich zog die Decke fester um mich und versuchte, mich zu beruhigen, aber es gelang mir nicht. Der Donner wurde lauter und ich konnte nicht anders, als vor Angst zu zittern. Normalerweise hatte ich in solchen Momenten Gavi an meiner Seite gehabt, der mich beruhigte und beschützte. Doch seit unserer Trennung war alles anders. Ich konnte es nicht länger aushalten. Ich musste zu ihm. Auch wenn wir getrennt waren, brauchte ich ihn in diesem Moment. Vorsichtig stieg ich aus dem Bett und ging zur Tür. Der Donner krachte erneut und ich rannte fast zu Gavis Zimmer.

Ich klopfte leise an seine Tür, aber es kam keine Antwort. Ich öffnete sie einen Spalt und sah ihn auf dem Bett liegen. Es roch nach Alkohol und ich konnte leere Bierflaschen auf seinem Nachttisch sehen. Gavi war angetrunken und das ließ mein Herz schwer werden. Ich trat leise näher und flüsterte ,,Gavi?". Er bewegte sich leicht, murmelte etwas Unverständliches, aber seine Augen blieben geschlossen. Ich setzte mich vorsichtig auf die Bettkante, legte eine Hand auf seine Schulter, rüttelte ihn sanft und sagte ,,Gavi, bitte wach auf". Langsam öffnete er die Augen und er sah mich benommen an. Verwirrt fragte er dann ,,Lia? Was machst du hier?". Meine Stimme zitterte vor Angst und ich sagte leise ,,Gavi es Gewittert....ich habe Angst...kann ich bitte bei dir bleiben?". Er blinzelte, als ob er versuchte, die Situation zu verstehen und sagte dann leicht angepisst ,,Lia, es ist mitten in der Nacht. Ich bin müde und hab getrunken. Geh zurück in dein Zimmer". Tränen stiegen in meine Augen und ich kämpfte darum, sie zurückzuhalten, weshalb ich flehend sagte ,,Bitte, Gavi. Ich habe solche Angst". Er seufzte genervt, rollte sich auf die Seite und fragte ,,Verdammt nochmal, Lia. Muss das jetzt sein?". Der Donner krachte erneut und ich zuckte zusammen, die Tränen flossen nun unkontrolliert. Ich konnte nicht anders als zu weinen und sagte mit gebrochener Stimme ,,Ich kann einfach nicht mehr. Das Gewitter, das Baby, die Verantwortung...und du...". Gavi schüttelte den Kopf, setzte sich auf, schaute mich an und sagte mit einer gereizten Stimme ,,Lia, du musst lernen, das allein zu schaffen. Ich bin nicht immer da, um dich zu trösten".

Das war der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Die Tränen liefen in Strömen über meine Wangen und ich fühlte, wie die Verzweiflung mich überwältigte. Ohne ein weiteres Wort zu sagen, stand ich auf und rannte zurück in mein Zimmer. Das Schluchzen konnte ich nicht mehr zurückhalten. Die Tür hinter mir fiel ins Schloss und ich ließ mich auf mein Bett fallen, zog die Decke über meinen Kopf und weinte leise weiter. Wenige Minuten später hörte ich Schritte vor meiner Tür. Gavi..... Er machte die Tür auf, kam ins Zimmer rein und sagte mit einer etwas weicheren Stimme ,,Lia...es tut mir leid, okay? Ich hab's nicht so gemeint". Ich blickte ihn an, meine Augen rot und geschwollen, weshalb ich mit erstickender Stimme fragte ,,Warum tust du das? Warum machst du alles noch schwerer, als es schon ist?". Er seufzte tief, setzte sich an den Rand meines Bettes und er sagte nun ,,Es tut mir leid. Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe. Aber es ist nicht leicht für mich. Das Baby, die Verantwortung... es macht mir auch Angst". Direkt sagte ich ,,Aber du trinkst und ignorierst mich. Ich brauche dich, Gavi. Gerade jetzt". Er legte eine Hand auf meine Schulter und sagte ,,Ich weiß und ich werde mich bessern. Aber es ist schwer, Lia. Für uns beide".

Wir saßen eine Weile schweigend da, während das Gewitter draußen weiter tobte. Trotz allem fühlte sich seine Anwesenheit beruhigend an und ich merkte, dass wir beide an unseren Ängsten und Unsicherheiten arbeiten mussten. Vielleicht würden wir es schaffen, wenn wir zusammenhielten, auch wenn es im Moment unmöglich schien. Gavi legte sich schließlich neben mich ins Bett und zog mich in seine Arme. Seine Nähe und Wärme beruhigten mich ein wenig. Während er seinen Arm um mich legte flüsterte er „Komm her". Seine Hand ruhte sanft auf meinem winzigen Babybauch und ich spürte, wie seine Berührung eine beruhigende Wirkung auf mich hatte. Die Gewittergeräusche draußen waren immer noch da, aber Gavis Nähe half mir, mich sicherer zu fühlen. Er zog mich näher an sich und murmelte dann ,,Wir schaffen das". Trotz der Unsicherheiten und der Schwierigkeiten, die vor uns lagen, fühlte ich einen Funken Hoffnung. Vielleicht war es möglich, diese Hürden zu überwinden.
Gemeinsam.

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Ich hoffe es hat euch gefallen :)

Neues Leben in Barcelona||Pablo Gavi Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt