Teil 30: Die Post

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Lia's Sicht
Der Morgen brach an und ich wachte mit einem schweren Druck auf der Brust auf. Ein tiefer Seufzer entglitt meinen Lippen, als ich mich langsam aufrichtete und aus dem Fenster starrte. Die letzten Tage hatten mir alles abverlangt. Die Schwangerschaft, die ohnehin schon eine körperliche Herausforderung war, wurde mittlerweile von Schwangerschaftsdepression überlagert. Jeder Tag war ein Kampf, jede Bewegung fühlte sich an wie ein Marathon. Die Übelkeit hatte sich verstärkt und auch die Erschöpfung wollte nicht nachlassen. Aber was muss man nicht alles für sein kleines Wunder durch machen. Langsam erhob ich mich aus dem Bett und zwang mich, den Tag zu beginnen. Die Morgenübelkeit war mein ständiger Begleiter geworden und auch jetzt fühlte ich mich schwach. Ich schleppte mich ins Badezimmer und stützte mich schwer auf das Waschbecken. Mein Spiegelbild sah blass und müde aus, die Augenringe waren tief und dunkel. Die Tränen stiegen mir ohne Grund in die Augen, doch ich biss die Zähne zusammen und zwang mich, nicht zu weinen. Gavi und ich hatten uns vor zwei Tagen getrennt und die Stille zwischen uns war fast unerträglich. Es war, als ob ein Sturm durch unser Leben gefegt wäre und nun nur noch Ruinen zurückgelassen hatte. Müde und erschöpft zog ich mir eine Jogginghose mit einem langarm Shirt an und versuchte meine Gedanken zu Ordnen. Doch es war schwer, klare Gedanken zu fassen, denn die Traurigkeit und die Leere in mir schienen alles andere zu überlagern.

Als ich die Treppe hinunterging, hörte ich Geräusche aus der Küche. Gavi war dort, doch als er mich sah, vermied er meinen Blick. Die Spannung zwischen uns war greifbar und ich wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Trotzdem wollte ich auch jetzt nur weil wir getrennt sind, nicht respektlos sein, weshalb ich mich an den Tisch setzte und leise sagte ,,Morgen". Gavi antwortete nicht, nickte nur kurz und widmete sich wieder seinem Frühstück. Der Raum war erfüllt von einer seltsamen Kälte, die mich frösteln ließ. Die Stille zwischen uns drängte die Worte zurück, die ich sagen wollte. Ich wollte fragen, wie es ihm ging, wie er sich fühlte, ob er auch leidete unter der Trennung. Doch ich wagte es nicht. Es war einfacher, in der Stille zu verharren, als das Risiko einzugehen, noch mehr verletzt zu werden. Schließlich fragte er ohne mich anzusehen ,,Willst du etwas essen?". Ich schüttelte den Kopf und sagte leise ,,Nein, danke....ich....ich fühle mich nicht danach". Die Worte hingen schwer in der Luft und ich wusste nicht, was ich noch sagen sollte. Die Traurigkeit schnürte mir die Kehle zu und ich kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen an. Als Gavi aber plötzlich ,,Lia", sagte unterbrach ich ihn und sagte ,,Ich...ich gehe in mein Zimmer". Gavi nickte nur stumm, ohne aufzusehen.

Ich ging langsam die Treppe hinauf in mein Zimmer. Die Tür fiel leise hinter mir zu und ich lehnte mich schwer dagegen. Ich legte mich auf mein Bett und zog die Decke fest um mich. Die Dunkelheit umhüllte mich, doch es war die innere Leere, die mich am meisten quälte. Mein Verstand war ein Labyrinth aus Gedanken und Gefühlen und ich wusste nicht, wie ich einen Ausweg finden sollte. Die Stunden vergingen und ich lag einfach nur da, unfähig einen klaren Gedanken zu fassen. Die Welt draußen schien so weit entfernt und ich war gefangen in meinem eigenen Gefühlsturm. Die Traurigkeit zog sich wie ein Nebel durch mein Bewusstsein und ich konnte nichts tun, um sie zu vertreiben. Es klopfte leise an meiner Tür und ich hörte Anna fragen ,,Lia? Kann ich reinkommen?". Ich antwortete nicht, doch sie kam dennoch rein, setzte sich vorsichtig auf mein Bett und fragte ,,Wie geht es dir heute, Liebes?". Ein trockenes Schluchzen entkam mir und die Tränen begannen, über meine Wangen zu fließen. Anna legte einen Arm um mich und drückte mich sanft an sich. Schlunzend sagte ich leise ,, Es ist so schwer....ich fühl mich etwas verloren". Sie strich mir beruhigend über den Rücken und sagte ,,Es ist okay, Lia. Es ist okay, sich so zu fühlen. Die Schwangerschaft kann eine schwere Zeit sein, besonders mit allem, was passiert ist". Ich schluchzte weiter, unfähig, etwas zu erwidern. Die Worte blieben mir im Hals stecken und die Traurigkeit überflutete mich wie eine Welle. Nun sagte Anna sanft ,,Gavi macht sich sorgen um dich, weil du wohl nicht gefrühstückt hast. Außerdem vermisst er dich sehr". Ich zitterte, versteckte mein Gesicht in ihren Armen und flüsterte schlunzend ,,Mir wahr schlecht, deswegen habe ich nicht gefrühstückt. Außerdem tut es so weh. Ich vermisse ihn so sehr und gleichzeitig...gleichzeitig weiß ich nicht, wie ich ihm je wieder vertrauen kann". Anna strich mir tröstend über den Rücken und sagte ,,Die Zeit heilt alle Wunden, Lia. Vielleicht nicht sofort, aber du wirst stärker daraus hervorgehen. Und die Übelkeit wird auch irgendwann besser, vertrau mir". Wir saßen eine Weile schweigend da und ich fühlte mich sicherer in ihrer Nähe. Es tat gut, ihre Unterstützung zu spüren, auch wenn die Dunkelheit nicht so schnell verschwinden würde. Später als Anna gegangen war um Klara und Laura abzuholen hatte ich mich gezwungen etwas zu essen, für das Baby. Auch wenn es nur eine Kleinigkeit war, fühlte ich mich jetzt etwas besser aber auch weil das sehr wichtig für mein Baby ist. Als ich fertig mit essen war, ging ich wieder in mein Zimmer und entschied mich etwas zu lesen, mit der Hoffnung auf andere Gedanken zu kommen.

Neues Leben in Barcelona||Pablo Gavi Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt