or uns ragte eine Brücke auf. Sie war schmal und unter ihr war ein tiefer Abgrund. „Los, alle rüber!" Aragorn und Boromir lotsten die Hobbits hinüber und passten gut auf, dass sie nicht hinabstürzten. Ich blickte zu Gandalf. „Ich lasse dich nicht alleine, Gandalf", sagte ich und stellte mich mit gezückten Schwertern neben ihm. „Lass den Unsinn!", fauchte mich der Zauberer an. „Ich bleibe bei dir, Mithrandir!" Ich rührte mich nicht von der Stelle. „Das ist kein Feind für Euch! Flieht!", sagte er und ich hörte Verzweiflung aus seinen Worten heraus. „Ich weiß, was ich kann. Ich werde ihn besiegen. Geht nur!", erwiderte ich und blickte ihn mit meiner gesamten Entschlossenheit an. „Ich zweifle nicht daran, dass ihr es schafft, ich zweifle daran, ob ihr es überlebt. Nun geht!" Er schubste mich förmlich über die Brücke in Legolas' Arme. Ich wollte mich befreien, doch sowohl Legolas als auch Aragorn, hielten mich fest. Ich murmelte alle Elbischen Flüche, die mir einfielen, doch sie ließen mich nicht los. „Bitte", flehte ich irgendwann nur noch. Doch die starken Arme, die mich hielten, ließen mich nicht los. Ich drehte meinen Kopf so, dass ich die Brücke im Blick hatte. Wenn ich ihm nicht helfen konnte, konnte ich mir auch gleich den Kampf ansehen, zu dem es unweigerlich kommen würde. Der Balrog, ein riesiges, schwarzes Vieh, das von allen Seiten von Flammen beschienen war, trat auf die Brücke. Der Zauberer sah plötzlich erschreckend klein aus. Gandalf hob seinen Stab und brüllte dem Biest entgegen: „Du kommst nicht vorbei!" Der Balrog machte keine Anstalten, langsamer zu werden. „Du kommst hier nicht vorbei!", rief Gandalf erneut und diesmal spürte ich seine Macht. Sie überrollte mich mit einer Kraft, die man sich kaum vorstellen konnte. Ich krümmte mich, sah die besorgten Blicke und wurde, zu meinem eigenen Erstaunen, losgelassen. Ich brach sofort auf die Knie, drehte mich aber zu dem Kampf um. Ich sah gerade noch rechtzeitig, wie Gandalfs Stab die Brücke zerschmetterte und der Balrog in die Tiefe fiel. Gandalfs Macht war immer noch da, sodass ich nicht aufrecht laufen konnte. Es war, als presste sie nur mich runter. Die anderen Gefährten schienen nichts davon zu merken oder man sah es ihnen nicht an. Gandalf drehte sich zu uns um. Selbst aus dieser Entfernung sah ich, wie erschöpft er sein musste. Er wollte gerade etwas sagen, als die Peitsche des Balrogs sich um seinen Fuß schlang und ihn in Richtung Abgrund schleifte. Ein letzter, verzweifelter Blick des Zauberers traf mich, dann rief er: „Flieht ihr Narren!" und verschwand im Abgrund. Frodos Schrei schien er schon nicht mehr zu hören. Ich half Aragorn, Legolas und Boromir, Gimli und die Hobbits aus den Stollen zu scheuchen. Es war zum Glück nicht mehr weit und bald erblickten wir endlich wieder Tageslicht.
Es war später Nachmittag, als wir aus der Mine stürmten. Uns allen flossen Tränen über die Wangen. Es kümmerte niemanden, und niemand hätte uns gesagt, dass wir nicht trauern durften. Ich hörte verschwommen, wie Aragorn zu Boromir sagte, wir müssten weiter, doch Boromir bat darum, immerhin eine Minute zum Trauern zu lassen. Ich merkte den Schmerz meiner Wunde nicht mehr, der seelische Schmerz wurde stärker. Ausgerechnet Gandalf. Der starke, weise Gandalf. Von dem man immer Rat bekam und auf den man sich in einer brenzligen Situation verlassen konnte. In Bruchtal, als wir uns auf diese Reise eingelassen hatten, hatten wir mit sowas gerechnet, doch jetzt, als uns der erste Gefährte verließ, war es doch etwas anderes. Legolas half mir, nach viel zu kurzer Zeit, auf die Beine. „Wir müssen weiter. Später können wir trauern", meinte er leise zu mir und ich bemerkte, dass in seinen Augen immer noch Tränen schwammen. Ich half Merry und Pippin auf die Beine. „Es ist nicht mehr weit und zum Trauern ist später noch Zeit", ermunterte ich sie. Wenig später taumelten wir, eher blind, als wach, über die etwas hügelige Landschaft. Ich holte zu Aragorn auf. Inzwischen hatte sich meine Wunde wieder gemeldet, mal schmerzte sie heftiger, mal war es nur ein brennender Dauerschmerz. Ein Blick auf mein Gewand zeigte, was ich vermutet hatte. Inzwischen sah man das Blut auch durch den Umhang. Nun lief ich neben Aragorn, der wohl oder übel zum Anführer geworden war. „Ithil. Wir müssen anhalten. Ich sehe, dass du gleich umkippst", meinte er zu mir. „Ich weiß nicht, was du meinst, Aragorn. Es geht mir gut, zumindest so gut, wie es einem geht, nachdem man einen Gefährten verloren hat.", lenkte ich ihn ab, was glücklicherweise zu funktionieren schien. Ich biss also die Zähne zusammen und wir eilten weiter.
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Túre í maranwe - Schatten der Vergangenheit
Fanfiction„Das ist kein Feind für Euch! Flieht!", sagte er und ich hörte Verzweiflung aus seinen Worten heraus. „Ich weiß, was ich kann. Ich werde ihn besiegen. Geht nur!", erwiderte ich und blickte ihn mit meiner gesamten Entschlossenheit an. „Ich zweifle ni...