In der Großen Gießerei

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Wo ist Zena?"

Faktor Keldor, wenn er hört, dass ein herrenloser Hund durch die Blech-Werke streunt


Erster Gildentag von Retributus, 126 HR

Obgleich es schon fast Gegenzenit war, hielt sich Ambar an diesem Tag noch in der Gießerei auf. Nicht in der Eingangshalle, sondern in der Haupthalle der Großen Schmiede selbst, wo auch jetzt noch gearbeitet wurde. Zwar war das Treiben nicht ganz so geschäftig wie untertags, doch da die Mitglieder der Göttermenschen ebenso verschiedene Wach- und Schlafenszeiten hatten wie alle anderen Einwohner Sigils, wurde hier auch nachts gearbeitet. Des Bundmeisters Blick wanderte hinauf zu dem riesigen Stahlträger, der an schweren Ketten befestigt in der Halle hing. Eigentlich war es nur ein Teil eines sehr viel größeren Trägers ... ein Bruchteil. Ambar hatte wegen der Hitze der Öfen und Essen Gehrock und Weste abgelegt, die Ärmel weit hochgekrempelt und das schulterlange Haar im Nacken zusammengebunden. Neben ihm stand sein Stellvertreter Ombidias, ähnlich locker gekleidet und mit verschränkten Armen. Der Voadkyn überragte ihn um fast einen Meter, und der Barde konnte seinen Blick geradezu spüren, als er auf ihn herabsah. Seufzend rieb er sich den Nacken. „Sag es nicht ..."

„Oh, aber wie ich es sagen werde", erwiderte sein langjähriger Freund. „Dieses Projekt, mein lieber Ambar, ist der absolute Wahnsinn. Aber nicht im positiven Sinn." Seine tiefe Stimme war ruhig und gleichmäßig wie stets, doch der Bundmeister konnte durchaus heraushören, dass Ombidias nicht begeistert war. So gut kannte er den Schamanen nach all den Jahren. Seine Verstimmung war durchaus nachzuvollziehen, denn Karans Idee, für die Überraschung! der Xaositekten sieben Stahl-Speichen quer durch den Ring zu bauen, um Sigil wie ein riesiges Rad aussehen zu lassen ...

Natürlich war es Wahnsinn, es war die Idee des Bundmeisters der Chaoten. Doch der Bundmeister der Gläubigen hatte den Auftrag angenommen, diese Speichen in der Gießerei fertigen zu lassen, und nicht nur Keldor und Ombidias hatten die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen. Prinzipiell konnte er sie verstehen, doch waren seine Bedenken nicht so groß wie die ihren. Und zwar aus dem Grund, weil Karan mit Sicherheit niemals abwarten würde, bis ein so großes und langwieriges Projekt fertig gestellt wäre. Er würde bestimmt nicht von Retributus bis Kapriziosus an einer Sache dranbleiben.

„Ombidias, das wird alles nicht so wild", erklärte Ambar daher leichthin. „Ich gebe der Sache noch zwei, drei Wochen. Dann verliert Karan das Interesse und der Auftrag ist geplatzt. Dann schmelzen wir das Ding wieder ein."

Der Voadkyn schüttelte den Kopf. „Ernsthaft? Also, ich meine, ja ... Durchaus wahrscheinlich, dass es so kommt. Aber warum hast du den Auftrag dann überhaupt angenommen, hm?"

Der Barde legte den Kopf in den Nacken und sah zu seinem Stellvertreter hoch. „Weil die Xaositekten der einzige Bund im Stock sind, mit dem wir zumindest ein neutrales bis entspanntes Verhältnis haben können. Eine Allianz ginge vielleicht zu weit, aber du weißt, dass weder Staubmenschen noch Trostlose sich für Derartiges anbieten. Weil unsere Philosophien dazu einfach zu fundamental verschieden sind."

Ombidias nickte. „Zugegeben. Das heißt, es geht dir hier um gute Beziehungen zu unseren Nachbarn im Stock?"

„Im Grunde schon", erwiderte Ambar. „Zum ersten Mal seit Langem haben die Xaositekten einen Bundmeister, der länger als ein Jahr im Amt ist - wenn auch mit Unterbrechungen, aber du weißt, was ich meine. Er verleiht dem Bund erstaunlicherweise so etwas wie Stabilität. Und lenkt die Chaoten in eine ganz angenehme Richtung. Eher hin zu Kreativität aus dem Chaos, weniger zerstörerisch als sie in der Vergangenheit schon öfter mal waren."

„Da ist was dran", gab der Voadkyn zu. „Wenn man sich das Gemälde am Großen Gymnasium anschaut ... Also, wenn ich es zusammenfasse: Du hoffst auf verbesserte Beziehungen zu zumindest einem der Bünde im Stock, dem wir immerhin direkt benachbart sind. Und hast daher dieses irrwitzige Projekt für Karan angenommen, in der Hoffnung, dass er bald das Interesse verliert und wir das niemals vollenden müssen. Aber trotzdem positive Schwingungen zwischen unseren Bünden übrig bleiben."

Schatten von Sigil - Die Ewige GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt