Der Dienstplan

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Das Multiversum hat immer jemanden wie uns gebraucht."

Jhary von Heka, erster Satz im Buch des Harmoniums


Vierter Stocktag von Kapriziosus, 125 HR

Naghûl war nicht allzu oft in der Harmoniumstraße unterwegs. Zu ordentlich, zu viele Dickschädel, zu wenig Musik und Leben. Doch ab und an musste man wohl in den sauren Apfel beißen - vor allem dann, wenn man für das Harmonium arbeitete. Zumindest hatte er Sgillin dabei, wenn auch der Halbelf am Eingang ihm das Reden überließ.

„Der Segen der Dame, Verehrteste", grüßte Naghûl eine der Wächterinnen am Tor. „Ich möchte gerne in die Kaserne eintreten und um eine Unterhaltung mit Bundmeister Sarin bitten."

Die Offizierin stutzte kurz und musste dann lachen. „Klar. Und was wollt Ihr wirklich?"

Naghûl lächelt sie freundlich an. Er hatte sich schon gedacht, dass es nicht ganz so einfach werden würde. „Ich möchte gerne mit Bundmeister Sarin sprechen", beharrte er.

Nun hatte die Wächterin offenbar genug vom Spaß des Sinnsaten und runzelte missbilligend die Stirn. „Also, ich weiß ja nicht, wie Ihr Euch das vorstellt, aber es kann doch nicht einfach jeder daherkommen und um eine Audienz beim Bundmeister bitten. Wisst Ihr, was Sarin alles zu tun hat?"

Sgillin setzte bereits an, biss sich jedoch auf einen warnenden Blick des Tieflings hin auf die Lippen und sagte klugerweise nichts.

„Gewiss weiß ich das", erklärte Naghûl höflich. „Und ich würde nicht einfach so darum bitten, wenn ich nicht wüsste, dass er mich empfangen würde. Ach ja, und sollte er tatsächlich verhindert sein, dann würde sicher seine Gemahlin, die verehrte Faith, mit mir reden."

Dies genügte, um die Offizierin zumindest zu verwirren. „Aha. Ähm, Ihr habt also sozusagen einen Termin?"

„Sozusagen, ja." Als sie ihn weiterhin prüfend musterte, seufzte der Sinnsat „Natürlich habe ich keinen Termin, werte Dame. Aber er wird mich baldmöglichst empfangen, wenn Ihr ihm sagt, dass Naghûl Ka'Tesh, Faktotum der Sinnsaten, mit ihm sprechen möchte."

Nun schien es der Wächterin zu bunt zu werden. „Ihr Sinnsaten habt immer Nerven." Sie schüttelt den Kopf. „Macht das bitte mit Diana aus, sie wird wissen, wie sie ... ähm, mit diesem Anliegen umgehen soll."

„Natürlich. Ich finde sie wo?"

Die Offizierin deutete auf die Tür. „In der Empfangshalle."

„Ich danke Euch aufrichtig, werte Dame", erwiderte der Tiefling. „Ich wünsche einen guten Dienst und ein paar gerechte Festnahmen."

„Die werden wir haben", entgegnete die Wächterin etwas bissig.

Naghûl und Sgillin öffneten die Tür, schon dies nicht unbedingt ein einfaches Unterfangen, da die Türflügel aus massivem Holz waren und hoch genug, um auch einem Oger bequem Einlass zu gewähren. Nachdem sie eingetreten waren, fiel die Tür laut und krachend hinter ihnen ins Schloss, ein donnerndes Geräusch, das die Ruhe, die über der Eingangshalle gelegen hatte, gründlich erschütterte. Naghûl biss sich auf die Lippen und machte innerlich eine Notiz: Beim nächsten Mal, Türflügel beim Schließen festhalten. Der Tiefling und der Halbelf sahen sich um. Sie standen in einer Halle, die gut etwa dreihundert Personen gefasst hätte und deren Decke von massiven Säulen getragen wurde. Die Architektur war schlicht und robust, jedoch nicht ohne einen gewissen Reiz. Die Kapitelle der Säulen und das Bodenmosaik zeigten stilisierte Sonnen, Schilde und Schwerter, alles Bestandteile des Bundsymboles des Harmoniums. Zentral in der Halle stand ein schwerer Schreibtisch aus dunklem Holz, bedeckt von zahlreichen Pergamenten, mehreren Tintenfässern und einigen Schriftrollen. Dahinter saß eine attraktive Frau, etwa Ende dreißig, die Freundlichkeit und Charme ausstrahlte. Der Lärm, den die Besucher beim Eintreten verursacht hatten, schien sie nicht erzürnt zu haben, denn sie lächelte ihnen zu.

Schatten von Sigil - Die Ewige GrenzeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt