Am nächsten Morgen haben Olivia und ich gleich wieder das Glück, Unterricht bei Frau Smith zu haben, was mich meine beste Freundin nicht vergessen lässt und sich selbstverständlich noch immer über die junge Frau beschwert: ,,Ich habe gar keine Lust die jetzt wieder zu sehen... wieso muss man auch solch einen dummen Satz so ernst nehmen?" Innerlich schüttel ich den Kopf über Olivia, denn ich verstehe Frau Smith nach wie vor. Sie kennt uns beide nicht, weiß daher nichts mit einer solchen Aussage anzufangen und hat demzufolge keine andere Wahl, als auf diese Weise zu reagieren. Diese Gedanken behalte ich aber für mich, da ich Olivia nicht noch mehr in Rage bringen möchte.
Vor dem Klassenraum warten wir beide also auf Frau Smith, um die erste Stunde Kunst-Geschichte auf uns zu nehmen. Allerdings nehme ich weiterhin eindeutig die immense Wut, die von meiner besten Freundin ausgeht und überwinde mich nun doch dazu, auf diese einzugehen: „Liv, versuch sie doch einfach zu verstehen und beurteile sie nicht durch diese eine Situation. Du weißt nicht, wie sie deine Aussage aufgefasst hat und möglicherweise war es ihr schlichtweg unangenehm." „Weißt du eigentlich, wie egal mir diese Frau ist? Sie hat einen schlechten Eindruck bei mir hinterlassen, den sie so schnell nicht mehr ändern wird." Ich nehme einen tiefen Atemzug und möchte erneut auf sie eingehen, als plötzlich Absätze zu hören sind, die sich wenig später als Frau Smith's herausstellen. Diese kommt geradewegs auf uns zu und verkörpert erneut die pure Autorität in Person, was sie geschickt durch ihr Äußeres zu unterstreichen weiß; an ihren Körper schmiegt sich eine weiße Bluse, die sie geschickt in ihren knielangen Rock gesteckt hat und bewegt ihre Beine locker in der drunterliegenden Strumpfhose, die ihren schlanken Beinen unfassbar gut schmeichelt. Als ich meinen Blick wieder hebe, fallen mir die gelockten, blonden Haare sowie ihr wissendes Lächeln sofort auf. Moment... sie schaut mich geradewegs an. Wieder macht sich die Hitze in meinen Wangen bemerkbar, was ihr auch heute ein Schmunzeln entlockt. Was macht diese Frau nur mit mir? Beim öffnen der Tür schenkt sie mir ein Lächeln und flüstert leise: „Denk an die Worte deiner besten Freundin." Erneut laufe ich rot an, was sie nun zufrieden Lächeln lässt. Gestern war sie noch sauer über die Worte von Olivia und nun machte sie daraus einen Witz?
Olivia und ich hatten einstimmig entschieden, dass wir uns in die mittlere Tischreihe setzen und konnten somit dem Unterricht zwar noch gut folgen, aber auch mal die ein oder anderen Worte austauschen, wobei dies bei Frau Smith wohl erstmal nicht mehr passieren sollte. Diese war gerade noch dabei alles zu sortierten, ehe sie den Unterricht beginnt und eine lockere, erste Stunde startet. Daher kehrt schnell Ruhe in den Klassenraum ein und alle folgen ihren Worten, wobei mich ihre äußere Erscheinung erneut von den gesagten Worten ablenkt; während sie spricht, fährt sie sich mit ihrer Hand desöfteren durch ihre locken, beißt sich kurz auf ihre Unterlippe oder zupft an ihrer Bluse, was mir nicht entgehen möchte. Jede einzelne Regung ihrerseits zieht mich förmlich in den Bann und sorgt dafür, dass ich vergesse, ihren Worten zu folgen. Was ist denn nur los mit mir? Keine Frage, sie ist eine sehr hübsche Frau und durchaus interessant, aber wieso fasziniert mich das? Es gibt viele Frauen, die hübsch oder gar hübscher sind, und dennoch kann ich meine Augen nicht von ihr losreißen, was mir erneut zum Verhängnis wird; „Amelia, möchtest du deinen Mitschülern vielleicht das Tafelbild erläutern oder gibt es einen anderen Grund, weswegen du diesen nicht in deine Unterlagen überträgst?", spricht mich unsere Lehrerin vor dem gesamten Kurs an und lässt damit nicht nur Olivia den Kopf heben, sondern auch alle anderen. Augenblicklich steigt Wärme in meine Wangen auf und obwohl ich meinen Blick nun endlich von ihr abwenden sollte, will mir diese Regung in diesem Moment nicht gelingen. Ich schaue sie also schweigend an und merke, wie sich alles in mir zusammenzieht. Irgendwann kann ich mich dann doch auf das Tafelbild konzentrieren, jedoch entgeht mir der Blick meiner Lehrerin und das begleitende Zwinkern nicht. Was verspricht sie sich aus diesen Gesten? Diese Frage schwirrt noch einige Zeit in meinen Gedanken, ehe ich von der Seite aus angequatscht werde: „Ich möchte ja eigentlich nichts sagen, aber langsam werde ich stutzig; ich kann den Jungs ihre Blicke beim besten Willen nicht ausreden, aber dein Starren bricht wirklich alle Weltrekorde und ich befürchte, dass du sie irgendwann vermutlich wirklich mit diesem ausziehst." Während ich den Worten meiner besten Freundin lausche, achte ich stets darauf, ob Frau Smith erneut ihre Aufmerksamkeit auf uns richtet. „Das meine ich diesmal aber wortwörtlich.", flüstert sie weiter. Ich verdrehe lediglich die Augen, da Olivia mir mit solchen Sprüchen nun wirklich auf die Nerven geht und wende mich, ohne etwas zu erwidern, von ihr ab. „Bestrafst du mich jetzt mit deiner ach so tollen Ignoranz?" Tief atme ich ein und gebe weiterhin mein Bestes, um nun nicht auf meine Freundin einzugehen und bin überrascht, wie gut mir dies zu gelingen scheint. Wenn nicht auch dadurch, dass ich meinen Blick nun zum zweiten Mal an diesem Tag über unsere Tutorin wandern lasse; nun fällt mir sogar auf, dass sie die ersten zwei Knöpfe ihrer Bluse geöffnet hat und somit einen, zwar kleinen, aber guten Ausschnitt präsentiert. „Es wäre sicherlich ein Kinderspiel, die Knöpfe ihrer Bluse zu öffnen.", kommt es erneut von meiner Rechten und ich merke deutlich, wie nun die Wut in mir aufsteigt, erschrecke mich aber im selben Moment: „Olivia, du verlässt sofort meinen Unterricht!" Schnell schellt ihr Kopf nach vorne und man sieht Olivia förmlichst die immense Spannung an, doch sie hält sich zurück und steht auf, um den Klassenraum zu verlassen.
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Unerreichbar nah / {txs}
RomansaEs gibt Menschen, die einem physisch nicht näher sein könnten, aber durch äußere Umstände emotional voneinander getrennt werden. Doch können Gesetze, Richtlinien und familiäre Bedingungen zwei Menschen voneinander trennen, die bereits durch ihre See...