Kapitel 14

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Ich unterhalte mich beim Abendessen noch lange mit meinen Eltern, weshalb wir irgendwann auch auf die Therapiesuche zu sprechen kommen, die meine Eltern eingeleitet haben. „Deinen ehemaligen Therapieplatz kannst du leider nicht wieder einnehmen, jedoch habe ich Kontakt zu einer anderen Therapeutin aufgenommen. Ihr Name ist Frau Dr. King und sie hat mir einen ersten Termin für den nächsten Monat angeboten, den wir gerne entgegennehmen können. Nun ist aber die Frage, ob du weiterhin für eine erneute Behandlung bereit bist.", erläutert mein Vater mit gefalteten Händen und sieht mich fragend an, weshalb ich zustimmend nicke, obwohl diese den Platz von Joanna niemals einnehmen könnte. Schließlich spricht sie über eigene Erfahrungen und hat selbst noch heute mit ihren Aggressionen zu kämpfen, weshalb unsere Vertrauensbasis etwas ganz besonderes für mich ist. „In Ordnung. Dann werde ich ihr morgen eine Rückmeldung geben und den Termin bestätigen." Dankbar nicke ich und esse, wie meine Eltern, zu Ende. Anschließend räumen wir gemeinsam den Tisch ab, ehe ich zum duschen ansetzen möchte und kurzerhand durch meine Mutter aufgehalten werde: „Liebes, könnten wir zwei vielleicht noch kurz unter vier Augen reden?" Leicht verwirrt nicke ich und folge meiner Mutter daher in mein Zimmer, wo sie auf meinem Bett Platz nimmt, ihre Beine übereinander schlägt und mich zuerst schweigend anschaut. Was sie wohl möchte? „Olivia hat mit ihrer Mutter gesprochen, die mich anschließend angerufen hat. Susanna hat mir erzählt, dass ihr zwei in der letzten Zeit sehr oft aneinander geraten seid und euer Vertrauen allmählich nachlässt. Normalerweise geht es mich nichts an, aber ihr zwei seid schon seit sehr langer Zeit miteinander befreundet und ich mache mir Sorgen, da sie immer hinter dir stand und für dich da war.", erklärt sie mir und schaut mich abwartend an, als ich sie lediglich schweigend anschaue. Aber was soll ich nun auch sagen? Ich habe nicht damit gerechnet, dass sich Olivia ihrer Mutter anvertrauen würde und anscheinend doch mehr mit unserer Distanz zu kämpfen hat. „Was möchtest du denn jetzt von mir hören?" „Ich möchte wissen, was da in letzter Zeit zwischen euch beiden los ist." Ich nehme einen tiefen Atemzug und setze mich auf meinen Schreibtischstuhl. „Es stimmt zwar, dass Olivia jeden einzelnen Tag an meiner Seite war und dadurch viel durchmachen musste, aber das könnte sie kein zweites Mal. Das wissen wir beide und ich könnte es auch nicht von ihr verlangen, weshalb unsere Freundschaft im Moment nunmal sehr leidet. Unsere neue Lehrerin hat mit einer ähnlichen Situation zutun, weswegen sie mir gegenüber ein großes Verständnis aufbringt und mir schon desöfteren geholfen hat, wodurch sich Olivia aber teilweise ersetzt fühlt. Sie ist eifersüchtig, weil ich mich so gut mit ihr verstehe und zudem auch außerhalb der Schule schon den ein oder anderen Kontakt mit ihr hatte. Das ist aber nichts, worüber du dir Gedanken machen solltest und ich verspreche dir, dass Olivia und mich nichts auseinanderbringen kann.", antworte ich meiner Mutter äußerst ehrlich und sehe ihr deutlich an, dass sie versucht die Informationen zu verarbeiten. Das war jetzt viel auf einem Schlag, aber im Großen und Ganzen tat es mir gut und ich bin froh, dass sie dieses Thema angesprochen hat. Wenn jemand von Joanna wissen sollte, dann meine Mutter. „Frau Smith also, hm." Nickend erwidere ich ihren Blick, der so viel und doch so wenig aussagt. Was ihr wohl durch den Kopf geht? „Inwiefern hattet ihr privat Kontakt miteinander?", erkundigt sie sich nun, woraufhin ich lächle. „Das ist unwichtig, aber sie ist mir wirklich wichtig geworden Mama und sie hilft mir, mit meinen Problemen besser umzugehen." Nun erwidert sie mein Lächeln und scheint über diese Antwort sehr froh, was mich ebenfalls glücklich macht. Auf diese Weise stelle ich sicher, dass meine Mutter ein gutes Bild von Joanna hat und sich im Klaren über ihre Bedeutung für mich ist. „Du wirst mir vermutlich nicht darauf antworten, was verständlich ist, aber hat das Strahlen in deinen Augen etwas mit Frau Smith zutun?" Ich kann nicht anders als lediglich zu lächeln und vermutlich rot anzulaufen, was ihr aber scheinbar als Antwort reicht, da sie nun zufrieden aufsteht und mich in den Arm nimmt. „Pass auf dein kleines Herz auf, Liebes. Ich habe es neun Monate lang wachsen lassen und möchte nicht, dass es von jemanden gebrochen wird.", flüstert sie und haucht mir anschließend einen Kuss auf meine Wange. „Schlaf schön."

Unerreichbar nah / {txs}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt