Dark Place

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„Lucius! SCHWING DEINEN ARSCH HER UND HILF MIR!"
Kaum apparierte der dunkelhaarige Magier in die Eingangshalle der Malfoy Manor, stieß er schon den Ruf aus.
Mit weiten, ausholenden Schritten durchquerte er die Eingangshalle und steuerte das Labor an.
„Willst du mir vielleicht mal erklären, warum du so herumschreist?", empfing Lucius seinen alten Freund mit verwirrtem Blick, der immer wieder zu Harry und zu Sev glitt, als der blonde Magier auftauchte.
Snape lachte kurz auf, denn sein Blick und seine Frage spiegelten genau das wider, was in ihm vorging.
„Weißt du. Das WÜRDE ich auch gerne wissen.
Ich habe keine Ahnung, was hier vor sich geht oder was mit Potter passiert."
Atemlos fegte der Zaubertrankmeister den Pergament -Stapel, Bücher, Tintenfässer und Federkiele zu Boden, als sie im Labor ankamen.
Er ließ Harry auf die Mahagoni-Platte seines Arbeitstisches sinken, riss den Burschen den Mantel vom Körper und ließ ihn zu Boden fallen.
Eine angespannte Stille entstand zwischen den beiden Erwachsenen. Severus starrte Lucius an. Er starrte zurück.
Der blonde Schönling verschränkte die Arme vor der breiten Brust, bevor er zu dem Tisch trat und einen Blick auf Harry warf.
Er starrte Severus an. Seine Züge waren hart und in Stein gemeißelt, doch Sorge war darin zu sehen.
Lucius wusste, dass er in dieser Angelegenheit nichts zu sagen hatte und Sev allein anschaffen würde, was zu tun war.
Der Professor ließ den Zauberstab in einer ruhigen Bewegung über Harrys Brust gleiten und stieß prompt ein Zischen aus.
„Er atmet nicht mehr."
Ohne weiter zu überlegen, richtete der dunkelhaarige Magier seinen Zauberstab auf das Brustbein und murmelte tonlose, dicht aufeinander folgende Zauber.
Ein Schaudern nach dem anderen überlief den schmalen Leib.
Lucius klinkte sich nahtlos ein und presste die schlanken Finger auf die Halsschlagader des Burschen.
„Sein Puls ist auch unregelmäßig und kaum noch vorhanden."
Jetzt hatte der blonde Schönling die Aufmerksamkeit von Severus sicher.
Der Blick der dunklen Augen flog förmlich zu dem Adeligen und er suchte in seinen Augen nach einem Hinweis.
„Bist du sicher?"
„Ja. Sehr sicher. Ich meine, er kann doch nicht einfach ...", sprudelte es fassungslos aus dem blonden Mann heraus und er starrte Snape mit großen Augen an, als dieser wieder eine Grimasse zog und die Zauber von vorhin wiederholte.
Harrys Gesicht wurde blass und die Lippen des Burschen bekamen eine bläuliche Färbung.
„Es funktioniert nicht ..."
Severus öffnete die Augen und sah Lucius, der ihm gegenüberstand.
„Er ist durch und durch von dunkler Magie zerfressen."
Die Augen seines Freundes waren geweitet.
„Wir müssen die dunkle Magie abschwächen. Sie verbrennt ihn von ihnen heraus."
Severus fing sich wieder, richtete sich auf und starrte auf Harry hinab.
Der dunkle Magier beobachtete den Burschen stumm, und doch konnte man ihm förmlich beim Denken zusehen.
„Lass mich überlegen. Da ist schwarze, dunkle Magie am Werk. Ohne Zweifel. Aber sie ist nichts, was ich kenne. Sie ist alt. Zu alt", murmelte er mehr zu sich als zu Lucius, doch der blonde Aristokrat nickte trotzdem.
„Beeilung. Wir müssen etwas tun. Bevor es zu spät ist."
Lucius hob den Zauberstab und stabilisierte den Burschen.
Snape runzelte konzentriert die Stirn. Die Zeit lief ihm davon. Sie hatten nur noch wenige Minuten. Im Moment hielt nur der Zauber seines alten Freundes den Jungen am Leben.
„Die Schwarze Magie spielt mit Harry. Das wäre nicht weiter schlimm, denn ein stabiler Magier hält das normalerweise aus. Doch Potter ist eine leere Hülle und das perfekte Gefäß."
„Stopp es. Sofort!"
Lucius sprach leise, aber Severus sah, wie eine Gänsehaut über seine Arme zog.
Wie seine selbstsichere Miene in sich zusammenfiel. Wie er begriff, dass Sie Harry vielleicht nicht helfen konnten.
„Und was ist, wenn wir mit weißer Magie entgegenhalten?"
Lucius drehte seinen Zauberstab in der Hand, doch Severus schüttelte den Kopf.
„Nein, das kann ich nicht. Du weißt selbst: Einmal in der schwarzen Magie verstrickt, kann nur der Betroffene selbst sie wieder durchbrechen, wenn sie versucht, einen zu verschlingen. Oder auch nicht, wenn man sich darin verliert. In Harrys Fall hat er sich verloren. Wir müssen den Burschen mit schwarzer Magie helfen und so versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben."
Lucius sah Snape ausdruckslos an und ging zu einem Bücherregal, um einen schweren Wälzer herauszunehmen.
Die Hände des Aristokraten zitterten leicht, als er das Buch zielsicher aufschlug.
„Das ist verbotene Magie. Ich hoffe, du weißt, was du tust."
Severus schnaubte und hob den Zauberstab, um da weiterzumachen, wo Lucius aufgehört hatte.
„Soll ich mir eher Gedanken darum machen, dass du sofort wusstest, welcher Zauber gebraucht wird und in welchem Buch du diesen findest?"
„Ich war noch nie ein heller Magier, Sev. Das hat sich in all den Jahren nicht geändert."
Lucius legte das Buch so hin, dass die beiden Zauberer die Zeilen mühelos erkennen konnten.
„Wir müssen ihm Essenzen von uns geben. Sozusagen einen Magiesplitter unserer eigenen Magie."
Der Zaubertrankprofessor überflog die Seiten des Buches.
„Wir brauchen zuerst einen Katalysator. Ist einer deiner Ringe noch nicht verzaubert? Silber leitet Schwarze Magie ausgezeichnet."
„Nimm den hier."
Lucius streifte sich einen der Siegelringe ab und reichte diesen Severus.
Der dunkelhaarige Magier betrachtete den Ring und steckte ihn dann an Harrys linken Ringfinger.
„Protzig."
Die Fledermaus unterbrach den Zauber und tauschte einen Blick mit seinem alten Freund.
„Ich fange an. Und du steigst mit ein."
Die Welt um Severus herum verschwand. Es gab nur noch Harry, als er sich über den Burschen beugte.
Sein Fokus lag einzig und allein auf den Jungen, als er seine Hand auf den schmalen Brustkorb presste und die beiden Zauberer zeitgleich begannen, zu rezitieren.
Die Magie begann zu fließen und übernahm die Kontrolle, als Severus und Lucius sich die Hand reichten.
Ihre Magie verschmolz ineinander und bäumte sich auf, als sie auf dem Gryffindor übertrat.
„Na los, kämpfen Sie, Harry. Strengen Sie sich an. Wir sind noch nicht fertig mit Ihnen."
„Streng Sie sich an", trieb auch Lucius den Burschen dabei an und suchte nach der Energie seiner Magie.
„Kommen Sie schon, verdammt. Sie werden jetzt nicht aufgeben."
Severus presste den Kiefer fest aufeinander, als er zusammen mit Lucius Magie immer weiter in den Burschen vordrang.
„Sie sterben mir hier jetzt nicht weg. Das lasse ich nicht zu."
Die dunkle Magie, die sich zwischen den beiden Erwachsenen aufbaute, suchte fieberhaft nach einem Hauch Leben, nach Harrys Energie, nach einem Zeichen, dass er aus der Dunkelheit zurückfand.
Plötzlich begann es zu flirren, zu surren, und es fühlte sich so an, als hätten sie einen Stromschlag bekommen.
Mit einem Mal sah Severus auf und blickte Lucius an.
„Hast du das gespürt? Das ist nicht seine Magie allein."
Malfoy nickte.
„Es fühlt sich an wie eine fremde Wesenheit, die versucht sich vor uns zu verstecken. Und zeitgleich versucht sie uns fernzuhalten."
„Egal, wir müssen weitermachen. Ich gebe nicht auf."
Auch wenn die fremdartige Magie im Hintergrund lauerte wie ein gefährliches Tier, konzentrierte er sich mit der Hilfe des Aristokraten noch mehr.
Die Sinne der Fledermaus waren aufs Höchste geschärft, als er in der Dunkelheit endlich die Essenz seines Schülers fand.
Severus reagierte sofort, und ganzes Sein richtete sich danach aus, als er nach der schwachen Energie tastete.
Lucius spürte es sofort, verband sich mit Severus und hielt den Burschen fest.
Harrys Herz schlug wieder kräftiger und flatterte etwas regelmäßiger. Mit der Energie der beiden Erwachsenen fühlte sich die Magie des Gryffindors wieder vollständiger an, als sie ihn zusammen zurück in das Licht zerrten.
In diesem Moment hinterfragte Severus alles.
Vor allem die Erleichterung, die er spürte, als er zusammen mit Lucius Dumbledores Goldjungen zurückholte. Warum hatte er solch eine Angst um den Burschen gehabt?
Lucius ließ die Hand von Severus los und ergriff den Zauberstab. Alles lief ohne Probleme. Sie beiden verstanden sich ohne Worte. Sie waren schon immer ein Herz und eine Seele gewesen, auch, wenn sie es nicht öffentlich zur Schau stellten.
Der Hogwarts Professor legte beide Hände auf den Brustkorb des Jungen ab und zusammen sprachen sie die letzten Worte, die nötig waren, um ihre Essenzen in dem Burschen zu verankern.
Harrys Körper bäumte sich unter Severus Händen auf und er holte keuchend einen tiefen Atemzug.
Die Augen des Burschen flogen auf und grüne, verwirrte, verzweifelte Augen sahen ihn an.
„Da ist er wieder. Das war knapp."
Erleichterung machte sich breit und Snapes Muskeln spannten sich an.
Er nahm nur eine Hand von Harrys Brustkorb und strich ihm ein paar braune Strähnen aus dem Gesicht.
„Warum haben Sie mich nicht sterben lassen?", kam es leise, vorwurfsvoll und unendlich verwirrt über die blassen Lippen, und Lucius lachte frustriert auf.
Auch Snape musste sich beherrschen.
Der Drang, den Burschen einfach zu packen und in die Arme zu schließen, brachte ihn fast um. So verletzlich, so voller Schmerz und so zerbrechlich hatte er Harry noch nie gesehen.
„Mein Lieber, das ist wirklich alles, was Ihnen dazu einfällt?"
Severus strich Harry erneut ein paar Strähnen aus dem Gesicht und dann wandte er sich Lucius zu.
„Irgendetwas schlummert in Harry", sprach er geistesabwesend aus, was ihn beschäftigte.
Der blonde Schönling stockte kurz und sah den Zauberer an, ehe er wieder das Buch an sich nahm und es vorsichtig in das Regal zurückstellte.
„Ich habe es auch gespürt. Die fremde Energie war zwar im Hintergrund, doch es hat sich angefühlt, als wären da tausend kleine scharfe Reißzähne, die an meiner Magie gezerrt haben. Zumindest fühlte es sich so an."
„Warum hast du es so weit kommen lassen? Wieso hast du ihn aus den Augen gelassen?"
Als der Aristokrat den Mund aufmachte, um Severus anzuschnauzen, fuhr der Professor aufbrausend dazwischen.
„Sag mir, Lucius. Wieso hast du ihn allein gelassen?
Wo warst du? Vor allem jetzt, wo du mir gesagt hast, dass er sich bei der ersten Gelegenheit umbringen will, darf er nicht aus den Augen gelassen werden!"
„Es gab einen Grund, warum ich ihn kurz allein gelassen habe. Aber was geht es dich an? Du wolltest uns nicht begleiten, also lag es an mir, diese Entscheidungen zu treffen.
Dich hat es noch nie interessiert, was mit Potter passiert!", gab der blonde Zauberer hochmütig und leicht zickig zurück, vermied aber Snapes Blick – was ein Fehler war.
„Es geht mich sehr wohl etwas an, wenn aus einer ausgebrannten Hülle, wie er es ist, eine so mächtige Kraft hervorbricht, die Lockhart mit einem Wimpernschlag töten hätte können. Er hätte dabei alles dem Erdboden gleichmachen können."
Er bewegte sich so schnell, dass Lucius nicht reagieren konnte, und brachte sein Gesicht ganz nah an seines.
„So weit hätte es niemals gehen dürften. Du hattest die Aufsicht über ihn. Es geht mich etwas an, wenn ich den Jungen davor bewahren muss, zu sterben. Sein Herz hat diese Belastung kaum ausgehalten.
Also Lucius, möchtest du mir jetzt eine Antwort geben?
Du weißt, dass ich mir die Antwort hole, also spuck es aus."
Der blonde Aristokrat seufzte leise.
„Beruhige dich. Ich habe gleich durchschaut, dass Lockhart es gewesen ist, der für Unruhe gesorgt hat. Ich hatte Harry immer im Blick. Du hast darauf mein Wort. Allerdings wollte ich wissen, was passiert, wenn er ausrastet. Wir müssen wissen, womit wir zu tun haben, das ist dir genauso bewusst wie mir."
Malfoy studierte Snapes Blick und beobachtete, wie dieser Informationen verarbeitete, die er ihm gerade gegeben hatte.
„Warum bist du nachgekommen, Sev?"
Der dunkelhaarige Zauberer spürte Lucius Atem an seinen Lippen, und seine Finger bohrten sich in das Kinn, das er unsanft fest hielt.
„Ich hatte so eine Vorahnung."
„Willst du damit sagen, dass du vermutest, was mit ihm los ist?"
„Ja."
Eine schwere Stille entstand zwischen den beiden Magiern, und eine Wolke der Spannung, die Regentropfen, auf die beide fallen ließen, breitete sich aus. Zwischen Severus und Lucius herrschte langes Vertrauen. Das wurde auch noch nie infrage gestellt.

Three souls - one fate Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt