Barrikaden

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Seit Stunden arbeiteten Großhexer und griparische Adelige auf dem Platz vor dem Palast, um alles für die öffentliche Hinrichtung herzurichten. Dort würde auch die neue Königin verkündet werden. Die Fürstin, die endlich den Krieg beendete.

Quen lief es eisig den Rücken hinunter. Die Menschen setzten all ihre Hoffnung in sie. Würde sie es schaffen oder an den Erwartungen zerbrechen? Wo steckte Alasdair nur? Sie wünschte sich den Gefährten an ihre Seite. Stark, unbeugsam, der Fels in der Brandung, wenn Stürme über das Land zogen und alles auf ihrem Weg verwüsteten. Er wüsste jetzt, was zu tun wäre und könnte sie mit klugem Rat unterstützen. Sie seufzte verhalten.

„Du machst dir zu viele Gedanken, Bebela." Aruna trat zu ihr und legte ihr einen Arm um die Schultern. „Ein neues Zeitalter bricht an. Mit dir als Hoffnungsträgerin."

„Bloß nicht die Latte zu niedrig anlegen", erwiderte Quen trocken und starrte nach draußen. Bebela, die liebevolle Bezeichnung für ein junges Mädchen. Was wollte ihre Freundin ihr damit sagen? Ein tieferer Sinn, hinter den unverhüllten Worten verborgen.

„Du schaffst das. Und du bist nicht allein." Die Ältere folgte ihrem Blick. „Sein Tod wird die neue Phase einläuten. Andreu und Alasdair werden den Zerstörer vernichten und erfolgreich zu uns zurückkehren. Du und dein Gefährte werdet Vela großziehen und beide Völker vereinen."

„Das hört sich so einfach an, wenn du es sagst." Doch die Zweifel blieben. Quen traute dem Frieden nicht. Kein Anhänger des alten Königs hatte sich bisher gerührt. Die Bewohner der Hauptstadt Macras verhielten sich still, beobachteten nur stumm die Zusammenarbeit der griparischen Adeligen und der oamenischen Großhexer. Die Ruhe vor dem Sturm, der aller Wahrscheinlichkeit nach mitten in der Hinrichtung ausbrach. „Wenn es so weit ist, will ich sämtliche Wachen auf ihren Posten haben."

„Du fürchtest einen Angriff." Aruna nickte. „Es wäre für Verräter ein hervorragender Moment. Ich werde Farlan unterrichten. Er kennt diesen Ort besser als wir. Wenn es Geheimgänge gibt, kann er sie verbarrikadieren oder als Fluchtroute für dich herrichten lassen."

Quen verzog das Gesicht. „Ich habe nicht vor, jemals wieder zu fliehen. Erst recht nicht vor den Nachfahren derer, die für den Tod meiner Mutter verantwortlich sind." Was würde Alasdair ihr raten? Vermutlich als Erstes, Haltung anzunehmen. Sie straffte die Schultern. „Ich erwarte meine gesamte Garde bis an die Zähne bewaffnet und ausgeruht. Wir können es uns nicht erlauben, jetzt die Vorsicht fahren zu lassen. Wir müssen auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Wer sagt uns denn, dass zwischen unseren momentanen Helfern kein Verräter steckt? Oder jemand, der jetzt erst begreift, was meine Regentschaft für ihn und seine Position bedeutet?" Solange ihr Gefährte nicht zu ihr zurückkehrte, um für ihre Sicherheit zu sorgen, war sie teilweise auf Menschen angewiesen, die sie vor kurzem kennengelernt hatte. Kein beruhigender Gedanke, denen ihr Leben anzuvertrauen. Sie fröstelte und rieb sich über die Arme. Wieder einmal ärgerte es sie, dass sie keine Kämpferin war, wie einige andere Großhexen. Könnte sie sich im Notfall verteidigen oder war sie auf den Schutz ihrer Freunde angewiesen?

„Dein Misstrauen ist vermutlich unbegründet, aber wir haben ebenfalls die Risiken analysiert. Barteo wird mit den anderen Schmugglern immer in deiner Nähe sein. Und für dich haben wir noch das hier." Aruna überreichte ihr einen Dolch. „Vorsichtig damit. Die Klinge wurde in ein schnell wirkendes Nervengift getunkt. Nicht tödlich, aber stark paralysierend. Triffst du damit den Arm von jemanden, kann er diesen für einige Stunden nicht mehr verwenden. Beim normalen Gebrauch ist er aber so effektiv und nachhaltig wie jede andere Stichwaffe."

„Mir wäre es lieber, wenn ich den Dolch gar nicht einsetzen bräuchte", brummte Quen, steckte gleichzeitig die Waffe vorsichtig weg. Besser bewaffnet und es nicht zu brauchen, als unbewaffnet und mitten in einem Kampf zu landen.

In den Fängen der GripariWo Geschichten leben. Entdecke jetzt