Das Spiel beginnt

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„Euer Hoheit." Alasdair verbeugte sich tief vor dem König von Macra. Vor diesem selbstgefälligen Kerl, der sich für den rechtmäßigen Herrscher hielt, obwohl er nur einer Familie von Verrätern entstammte. Widerwärtige Kreaturen, die nur durch Hinterhalt und Mord an die Macht gelangt waren. Die rechtmäßige Regentin war eine andere.

„Wie ich sehe, seid Ihr nicht allein gekommen, General." Der Monarch ließ indifferent den Blick über die Anwesenden schweifen. Bei Quendresa blieb er hängen. Interesse flackerte in seinen Augen auf. Alasdair versteifte augenblicklich. Ahnte der Despot, dass sie die wahre Thronerbin war? Dann war ihr aller Leben in Gefahr. Vor allem das seiner Gefährtin. Ein Schweißtropfen rann seinen Nacken herab, verschwand unter dem schweren Kragen seiner Uniform.

„Mein König, erlaubt mir zu sprechen." Andreu trat vor. Er trug seine nun dunklen Haare in einem Knoten am Nacken. Seine verräterischen hellblauen Augen hatte er mit einem Zauber ebenfalls braun gefärbt. So wie die anderen Großhexer ihrerseits alle Merkmale, die sie als Oameni hatten, vorübergehend abgelegt hatten. Eben damit sie nicht auffielen und die Mission nicht in Gefahr geriet. „Der General hat uns gebeten, für die Sicherheit seiner Gefährtin zu sorgen, während er sich um die Jagd auf die Rebellen kümmert. Der Anschlag auf den Konvoi zeugt davon, wie wichtig ein strategisches Vorgehen ist, um die Gefahr ein für alle Mal zu beseitigen." Kluge Worte, die den König nicken ließen.

So viel Weitsicht und taktisches Geschick hatte Alasdair dem Älteren kaum zugetraut. Vielleicht erwies er sich doch als nützlich, wenn sie es schafften, ihre Querelen für einige Zeit ruhen zu lassen. Kurz vor der Ankunft auf Macra hatte der Großhexer sich erst wieder von seiner nachtragenden Seite gezeigt. Weil Vela ihn nicht mochte, sondern lieber bei Alasdair war. Dem Mann, weswegen ihre Eltern gestorben waren. Dabei hatte er keinen Finger gerührt und hatte der Angriff ihm gegolten. Ein Schachzug des Monarchen, der erneut anzüglich Quen musterte, kaum dass Andreu verstummt war.

„Ich nehme an, Ihr bleibt hier auf Macra, während Euer Gefährte sich um die Bastarde kümmert, die unsere Werte bedrohen?" Gier blitzte in seinem Blick auf. Ein düsteres Versprechen, dass er sich etwas holen wollte, was ihm nicht zustand.

„Ihr geht recht in der Annahme, mein König." Quen knickste höflich, obwohl sie wie alle Anwesenden dem Monarchen für sein anzügliches Starren, das er weiterhin offen fortsetzte, die Kehle durchschneiden würde. Doch dafür war es noch zu früh. Sie mussten erst den Zerstörer ausschalten.

Alasdair unterdrückte ein Knurren. Ihm gefiel es immer weniger, seine Gefährtin hier zurückzulassen. Er würde Aruna und den anderen Großhexern – Gardemitgliedern, verbesserte er sich in Gedanken – einbläuen müssen, Quen niemals aus den Augen zu lassen. Der jetzige Herrscher würde nicht davor zurückschrecken, sich ihr aufzudrängen, wenn er sie allein antraf. Machtmissbrauch gehörte für viele hochangesehene Angehörige des Adels auf Macra zum guten Ton. Quendresa würde diesem ein Ende bereiten – ob mit seiner Unterstützung oder ohne. Seitdem sie Vela aufgenommen hatten, fürchtete er, dass bei der Mission etwas schieflief. Ein vages Gefühl, das sich mit Logik nicht erklären ließ. Zu viele unbekannte Variablen, die ihnen nicht nur einen Strich durch die Rechnung machen konnten, sondern auch ihrer aller Leben bedrohten. Jedem Mitglied der kleinen Gruppe war bewusst, dass eine verdammt hohe Wahrscheinlichkeit bestand, das Streben nach Gerechtigkeit und Frieden mit dem höchsten Gut zu bezahlen und zu Märtyrern zu werden.

Wollte er dies verhindern, musste er sich zusammenreißen. Selbst wenn das Blut in seinem Innern rauschte und eine Stimme in seinem Kopf forderte, jegliche Gefahr sofort zu beseitigen und der wahren Herrscherin über Macra und Hayreni auf den Thron zu helfen. „Mein König, wenn Ihr erlaubt würde ich mich gern zurückziehen und mit meiner Garde das weitere Vorgehen abstimmen." Und um seine Gefährtin vor diesem Widerling und dessen anzüglichen Blicken, mit denen er Quen fast schon auszog, in Sicherheit zu bringen.

In den Fängen der GripariWo Geschichten leben. Entdecke jetzt