Kapitel 12

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Rewi

«Manchmal frage ich mich das selber. Das ist, denke ich, sehr situationsabhängig.«

«Hm. Ja, vielleicht.« Sollte ich sie jetzt nach ihrer Situation fragen?

«Rewi, schau! Dort hinten ist schon der Park« Begeistert zeigte Julia auf das Ende der Straße und unterbrach damit unsere Konversation. Ich lächelte ein wenig gekünstelt und passte mich ihrem nun schnellerem Gehtempo an. 

Seite an Seite erreichten wir so schließlich den Park und betraten den steinigen Pfad, der sich um die Bäume herum schlängelte. Kurz darauf saßen wir auf einer Parkbank, die den Blick auf einen Brunnen bot. 

«Ich liebe diesen Ort jetzt schon. Es ist so schön ruhig hier.«, meinte Julia und ließ ihren Blick durch die Gegend schweifen. Ich nickte zustimmend ohne wirklich zugehört zu haben. In mir tobte ein Sturm an Gefühlen. Ich liebte Julia, ja. Aber genau das war das Problem. Ich durfte das nicht.

«Julia...«, begann ich zögerlich, «ich muss dir etwas sagen« Julia drehte sich zu mir und schaute mich aus ihren viel zu schönen blauen Augen an.

«Was ist los, Rewi?« Ihre Stimme klang sanft. 

Ich holte tief Luft, spürte, wie mein Herz begann schneller zu schlagen. «Ich... Ich habe Angst.«, sagte ich schließlich leise.

Julia runzelte die Stirn. «Wovor denn?«

Ich senkte meinen Blick, wollte... konnte ihr nicht in die Augen blicken. «Ich will dich nicht verlieren.«, gestand ich schließlich.

«Warum solltest du das denn tun?« Julia schaute mich verwundert an und ich zögerte kurz bevor ich weiter redete.

«Wegen dieser Regel, die ich aufgestellt habe...«, begann ich erneut, doch meine Stimme versagte beinahe. Warum machte mich dieses Mädchen nur so verdammt schüchtern?

«Die, die besagt, dass man sich nicht verlieben darf? Die ist eh Schwachsinn. Als würden wir uns daran halten.«

«Aber...«, versuchte ich einzuwenden, doch Julia unterbrach mich erneut.

«Ich stelle dir nur eine Frage: Liebst du mich?«, fragte sie mich mit fester Stimme.

«Julia, ich kann das nicht.«, antwortete ich mit zittriger Stimme, die im Gegensatz zu ihr stand. Wäre ich nicht in dieser Situation gerade, würde ich mich dafür schlagen. Warum konnte ich nicht mehr normal reden seit ich mit ihr alleine war?

«Warum nicht?« Mit ihrer Hand griff sie nach meinem Arm und suchte eindringlich meinen Blick. Ich erwiderte ihn endlich und versuchte, mich ihr zu erklären.

«Vor dieser WG war ich in einer anderen, wie du wahrscheinlich bereits weißt. In dieser war auch Bianca. Auf jeden Fall... Sie hat sich in Julian verliebt, der auch in der WG war. Das hat dazu geführt, dass wir alle uns zerstritten haben, weil wir alle gegen diese Beziehung waren. Ich habe Bianca immer gesagt, dass sie nur unglücklich werden wird, aber sie hat nicht auf mich gehört. Naja. Jetzt sind sie getrennt und ich habe nicht nur den Kontakt zu ihr verloren, sondern auch zu allen anderen Freunden aus dieser Wohngemeinschaft. Ich habe diese Regel aufgestellt, um mich zu schützen...um uns zu schützen.«

Julia seufzte und umarmte mich fest. «Das tut mir leid, dass das so passiert ist. Aber du kannst dich nicht vor allem schützen. Liebe ist auch ein Risiko, ja. Aber ist es nicht auch was schönes? Ich würde es trotz allem gerne mit dir versuchen. Bist du dafür bereit? Und liebst du mich?«

Heimisches Chaos - YouTube ffWo Geschichten leben. Entdecke jetzt