I
Der Filmriss war so abrupt, dass es Lexi vorkam wie ein bloßer Wimpernschlag. Im nächsten Moment saß sie wieder vor dem Raum auf der breiten Sitzbank, als wäre nichts davon passiert.
War überhaupt etwas passiert?
Hatte sie sich alles eingebildet?
Nein, halt, herrschte sie sich an. Du warst da drin. Du hast mit Mindscape gesprochen und sie hat dich ... wie hatte Joanna gesagt? Ins La-La-Land geschickt?
Und das war auch leicht nachzuprüfen. Sie musste nur einen der anderen beiden fragen, was passiert war und wie lang sie da drin gewesen war, bevor ...
Gerade als Lexi sich aufrichten wollte, fiel ihr auf, dass jemand rechts von ihr saß, sehr eng an sie geschmiegt, den Kopf auf ihrer Schulter. Sie gab ein erschrockenes Geräusch von sich und wäre zur Seite gerutscht, wenn Joanna nicht ihren Arm umklammert hätte wie ein Stofftier.
Es war in der Tat Joanna, der Phoenix selbst, der an ihr lehnte und selig schlief. Der C-Block-Junge wiederum war nirgends zu sehen. Womöglich war er noch in Mindscapes Zimmer, neben dessen Doppeltüre eine rote Lampe leuchtete.
„Ähm", machte Lexi und versuchte, ihren Arm aus der Umklammerung zu winden. „Joanna? Jo? Könntest ... könntest du meinen Arm loslassen?"
Joanna gähnte laut und öffnete ihre Augen zur Hälfte, aber ließ nicht los. Im Gegenteil, sie klammerte sich nur noch stärker an Lexis Arm. „Noch fünf Minuten?"
„Joanna, was zum ..."
Endlich schien auch Joanna zu begreifen, wo sie war und was sie gerade tat. Sie riss die Augen auf und ließ Lexis Arm los, räusperte sich laut und nestelte an ihrer Brille herum. „Oh shit, sorry", stieß sie hervor, rutschte aber nicht von Lexi weg. „Ich dachte, ich ... warte, was dachte ich eigentlich?"
Sie wirkte definitiv noch etwas weggetreten. Ihr Blick war glasig, ihre Bewegungen träge und ungenau und als sie versuchte, aufzustehen, verlor sie sofort wieder das Gleichgewicht und fiel zurück auf die Sitzbank. Lexi musste sie auffangen.
„A-alles okay?"
„Fuck. Ja. Mir ist nur noch schwindelig. Dir nicht?"
Mit der Erwartung, gleich wieder umgerissen zu werden, stand Lexi langsam auf, aber nichts passierte. Alles fühlte sich völlig normal an. „Mir geht's gut", antwortete sie also etwas ratlos und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Mir fehlen einfach nur ... was, es sind fast vier Stunden vergangen?"
„Du warst ne Weile da drin, ja." Joanna erhob sich nun erneut mit wackeligen Beinen und klammerte sich sofort wieder an Lexis Arm fest. „Whoooa, ich fühl mich echt, als hätte jemand in meinem Gehirn umgerührt. Mit einem heißen Löffel."
„Tut ... es weh?"
„Nah." Joanna brach aus unerklärlichem Grund in einen Kicheranfall aus und lehnte sich an Lexi, die nun doch beinahe umgefallen wäre. „Hey, Haarsträhnchen. Hey."
„J-Jo?"
„Kannst du mir helfen, wieder zurück in meinen Block zu kommen? Ich bin leider noch total high."
Lexi war mehr als nur irritiert. Joanna war um Klassen mächtiger als sie, aber aus irgendeinem Grund war sie noch ziemlich benebelt, während Lexi sich fühlte wie an jedem anderen Freitag auch. „Wie kann das sein?", fragte sie und legte sich Joannas Arm umständlich um die Schultern, um sie besser stützen zu können. „Bist du nicht ein Regenerator Stufe III?"
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Lexi, Jo & Freiheit
Science FictionLexi ist zwar nur ein Hybrid der Kategorie B ohne wirklich besondere Fähigkeiten, aber sie ist trotzdem guter Dinge: Sie ist Klassenbeste, hat wirklich gute Freunde und in den nächsten Ferien darf sie mit einer Gruppe ihrer Kameraden endlich den Cam...