I
Lexi wachte am nächsten Morgen auf die beste mögliche Art auf, die sie sich vorstellen konnte: Neben einem schlafenden Mädchen mit völlig zerzausten, roten Haaren, das statt einem Pyjama ein großes T-Shirt aus Lexis Koffer trug. Joanna lag eingerollt wie ein Kätzchen neben ihr unter der Decke und griff mit einem Arm nach Lexi, als diese Anstalten machte, aufzustehen.
„Noch nich' aufstehn", nuschelte Jo mit geschlossenen Augen und schmiegte sich an sie. „Mag noch liegen bleiben."
Es war so süß, dass man fast hätte schreien wollen. Lexi blieb noch ein Weilchen liegen und strich sanft durch Joannas Haare, während sie das Mädchen musterte. Dass sie einer der mächtigsten Hybriden war, die das Netzwerk je hervorgebracht hatte, hatte Lexi inzwischen fast völlig verdrängt.
Sie dachte an den gestrigen Abend. Wie unglaublich schüchtern Jo sein konnte, aber auch wie gierig sie nach Nähe war. Wie es sich anfühlte, wenn sie sich unter der Decke an sie klammerte.
Sie hätte lange so liegen bleiben können, aber sie musste sich schließlich doch von ihr lösen, obwohl Jo maulend die Arme nach ihr ausstreckte.
„Ich muss aufs Klo", wisperte Lexi. „Und danach mag ich Frühstück machen."
„Mmh. Na gut." Joanna dagegen machte keine Anstalten, sich aus dem Bett zu erheben und rollte sich sogar noch fester in die Decke ein. „Aber ich bleib noch da." Und das war nicht gelogen. Selbst als Lexi ihre gesamte Morgenroutine mit duschen, frisieren und schminken hinter sich gebracht hatte, lag Jo noch unter der Decke und war sogar inzwischen wieder eingeschlafen.
Sie brachte es nicht übers Herz, sie zu wecken, aber stellte ein weiteres Problem fest: Bei all ihrem Einkaufsexzess vom vergangenen Tag hatten sie beide völlig vergessen, Frühstück zu kaufen. Zuhause gab es Frühstück immer in der Kantine, aber hier natürlich nicht. Die Küchenschränke waren noch leer. Kein Kaffee oder Tee, keine Frühstücksflocken, nicht einmal Brot. Nur die vielen Snacks, die immer noch im Wohnzimmer herumlagen.
Wie das aussah! Die Aufpasser wären durchgedreht!
Lexi nahm sich erst einmal gute zwanzig Minuten Zeit, um das Wohnzimmer in Ordnung zu bringen, aufgerissene Verpackungen wegzuwerfen und die Einkäufe ordentlich auf dem Sofatisch zu stapeln, aber Frühstück gab es danach trotzdem keines. Also blieb nur eine letzte Möglichkeit.
Sie schlich zurück in die Schlafzimmerecke der Wohnung und setzte sich auf die Bettkante. Jo wachte halb auf und öffnete träge ein Auge, bevor sie es wieder schloss, aber mit einem Arm nach Lexis Hand tastete.
„Komm wieder ins Beeeeett."
„Jo, es ist halb neun." Lexi strich mit den Fingern durch Joannas Haare. „Ich bin schon ne Stunde wach."
Diesmal öffnete Jo ein Auge vollständig. „Du stehst in den Ferien um halb acht auf? Ich könnt sicher noch locker bis zehn pennen."
„Du kannst ja auch liegen bleiben, wenn du magst. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich kurz hinunter zum Einkaufszentrum gehe. Wir haben absolut nix zum Frühstücken im Haus."
Jo kuschelte sich zurück in das Kopfkissen und murmelte ein „Mmmh, okay", bevor sie plötzlich beide Augen weit aufriss und Lexi anstarrte. „Was, du willst allein einkaufen gehen?"
„Ja klar, wieso nicht? Ist ja nicht weit weg."
„Schon, aber ..."
„Und die Geschäfte laufen sowieso alle vollautomatisiert ab. Ich kauf nur ein paar Brötchen und Kaffee oder sowas."
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Lexi, Jo & Freiheit
Science FictionLexi ist zwar nur ein Hybrid der Kategorie B ohne wirklich besondere Fähigkeiten, aber sie ist trotzdem guter Dinge: Sie ist Klassenbeste, hat wirklich gute Freunde und in den nächsten Ferien darf sie mit einer Gruppe ihrer Kameraden endlich den Cam...