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Lexis Frage sah sich jedenfalls nicht so schnell beantwortet. Im Verlauf der folgenden Woche grübelte sie ständig darüber nach, starrte manchmal minutenlang die Profilbilder der Phoenix-Hybriden in den gespeicherten Dateien an, nur um darauf zu achten, ob sie vielleicht plötzlich Herzklopfen wegen ihnen bekommen würde. Aber nichts. Sie waren auf eine leicht gruselige Art süß, das schon, aber süß waren andere Mädchen ja auch.
Am Mittwoch war dann die angekündigte Firmenpräsentation mit Berufsorientierung, die Lexi über all dem Drama komplett vergessen hatte. Die meisten ihrer Mitschüler waren froh darüber, da deswegen kein Unterricht war, aber Lexi blieb unruhig. Sie wusste sowieso, dass sie nach der Schule eine Ausbildung in der Administration beginnen wollte – vielleicht als Managerin oder Beraterin. Also wozu jetzt noch große Präsentationen besuchen?
Sie ließ aber alles brav über sich ergehen. Verschiedene Angestellte aus der Administration brachten Präsentationen und Broschüren mit, erzählten von ihren Jobs und ließen die Hybriden von hastig aufgestelltem Infostand zu hastig aufgestelltem Infostand wandern. Alle möglichen und unmöglichen Berufe waren darunter, vom Kantinenkoch über den IT-Techniker bis hin zum Außendienst-Agenten. Für letzteres brauchte man vermutlich mächtige Talente wie jemand aus Block A oder S.
„Das würde ich nicht sagen", widersprach der Experte freundlich. „Es werden ja auch Menschen Agenten, völlig ohne Talente wie ihr sie habt. Wichtig ist ein gesundes Maß an Kommunikationsfähigkeit, Sprachkompetenz, körperliche Fitness und politisches Interesse. Es ist eine Ausbildung, niemand wird zum Agenten geboren."
„Ist mir wahrscheinlich trotzdem zu gefährlich."
„Hey, Außendienst heißt nicht unbedingt, mit geladener Waffe Terroristen zu jagen. Es ist oft nur ein Bürojob, in dem es darum geht, Informationen zu sammeln und weiterzuleiten. Außerdem, hast du nicht um Außenwelt-Ferien angesucht?"
Lexi war überrascht, dass er das tatsächlich wusste.
„Es gibt viele Berufe in der Administration, bei denen man in der Außenwelt arbeitet", sagte sie, aber nahm artig die Broschüre, den Schokoriegel und das Tennisarmband mit dem Netzwerklogo an sich. Auch wenn sie noch nie in ihrem Leben Tennis gespielt hatte.
Am Ende des Schultages war sie mit so vielen Probeartikeln und Infoblättern beladen worden, dass sie nicht mehr wusste, wohin damit. Schlussendlich stapelte sich die eine Hälfte an ihrem Schreibtisch, die andere Hälfte landete im Müll. Ihr fiel beim Sortieren allerdings auf, dass viele der Broschüren am Rand farblich gekennzeichnet waren – manche mit C und aufwärts, manche mit B und aufwärts.
Das bezog sich offensichtlich auf ihre Kategorien. Lexi überlegte, ob es wohl noch Berufe gab, die man nur als Kategorie-A-Hybrid oder höher ergreifen konnte und welche das wohl sein konnten.
Interessanterweise fand sie hier einen guten Gesprächspartner in Kat, die düster an einem Eistee schlürfte und ihre eigenen Broschüren vor sich am großen Tisch im Aufenthaltsraum ausgebreitet hatte wie Beweismittel von einem Tatort.
„Es ist doch kein Zweifel möglich", behauptete sie und leises Knistern wanderte die Härchen an ihrem Unterarm entlang. „Wenn du eine Top-Position willst, musst du mindestens A sein. Sieh dir doch an, was sie uns hier für Restposten anbieten!"
„Es ist auch, ähm, Abteilungsleiter dabei."
„Ja, für irgendeinen Bereich, der Akten archiviert oder was weiß ich." Kat schob Papier hin und her. „IT-Beauftragter, Humanressourcen, Bauplanung, Geheimdienst, Biochemie, Mechatronik, alles dabei – aber glaubst du, einer von uns kann eine der hohen Positionen erreichen?"
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Lexi, Jo & Freiheit
Science FictionLexi ist zwar nur ein Hybrid der Kategorie B ohne wirklich besondere Fähigkeiten, aber sie ist trotzdem guter Dinge: Sie ist Klassenbeste, hat wirklich gute Freunde und in den nächsten Ferien darf sie mit einer Gruppe ihrer Kameraden endlich den Cam...