Rückblick 03

54 9 18
                                    


Die Geburtstagsparty am See ist kaum der Rede wert. Der halbe Jahrgang ist da. Es wird getrunken, laut Musik gehört, im See gebadet und geknutscht.

Lauren hat sich von Ben getrennt, weil sie hofft, bei ihrem neuen Nachhilfelehrer landen zu können, und Ben war innerhalb kürzester Zeit mit einer Blondine aus unserer Schule verschwunden.

Ich sitze mit Owen und Lauren auf einer Decke am Ufer und erzähle ihnen von meinem Leben in New York. Lauren schwärmt davon, einmal mit mir dorthin fahren zu dürfen. Owen hört schweigend zu und wir teilen uns ein Bier.

»Möchtest du irgendwann zurückziehen?« fragt er, während er einen großen Zug aus der Flasche nimmt und sie mir reicht.

Ich nippe daran und erzähle ihnen von meinem Plan. Lauren ist Feuer und Flamme, sie kann sich auch vorstellen, Künstlerin zu sein. Wir lachen alle angeheitert und hängen dann unseren Gedanken nach.

Zwischen Lauren und mir entwickelt sich so etwas wie eine Freundschaft. Sie hat es nicht so damit, Bindungen aufzubauen, aber wir mögen uns und verbringen viel Zeit zusammen. Sie hat einen bissigen Humor und ist schlagfertig.

Wir hängen alle viel miteinander ab. Inzwischen auch Gaby, Bens neue Freundin von seinem Geburtstag. Sie ist nicht gerade begeistert, ihn so oft mit uns dreien zu teilen. Zähneknirschend macht sie mit – wieder eine mit der Hoffnung, etwas Besonderes zu sein.

An einem Abend lag ich schon müde auf dem Bett und schrieb noch ein paar SMS mit Lauren, als ich eine Fahrradklingel höre. Nicht einmal. Nicht zweimal.

Ich öffne genervt das Fenster. Unten steht Ben und schaut stumm zu mir hoch.

Ich gehe runter, es kribbelt in meinem Bauch, nehme mein Fahrrad und wir fahren eine gefühlte Ewigkeit schweigend durch die Nacht. Der Himmel ist voller Sterne und die Luft so klar.

Nach einiger Zeit biegt er auf einen Schotterweg ab, schmeißt sein Fahrrad an den Rand und legt sich schnaubend auf die freie Wiese. Ich folge seinem Beispiel und so liegen wir nur wenige Zentimeter voneinander entfernt auf der Wiese und schauen in die Sterne.

Ich traue mich nicht zu fragen, wieso wir hier sind. Ich traue mich auch nicht zu atmen, während ich ihn beobachte. Seine Brust hebt und senkt sich, die Lichter der Nacht erhellen seine Silhouette. Seine Haare sind heute besonders wild und er scheint angestrengt über etwas nachzudenken.

Irgendwann steht er auf, bedeutet mir mit einer Kopfbewegung, mitzukommen und wir fahren die Strecke wieder zurück zu mir nach Hause.

Ich stelle mein Fahrrad ab, schaue ihn fragend an und er zuckt nur mit seinen Schultern.

»Gaby hat Schluss gemacht.«, sagt er in die Stille der Nacht und ehe ich reagieren kann, ist er schon wieder auf dem Sattel und verschwunden.

Ich weiß nicht, wie lange ich hier schon stehe und die Situation nicht ganz verstehe.

Am nächsten Tag ist alles wie gehabt. Wir sind wieder nur zu viert und verbringen unsere Zeit zusammen in der Hoffnung, dass die Highschool bald endet und wir alle unsere Träume leben können. Ben erwähnt nicht einmal unseren nächtlichen Ausflug.

Manchmal frage ich mich, ob ich mir das eingebildet habe.

IrgendwannWo Geschichten leben. Entdecke jetzt