Kapitel 7

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Hey, ihr Lieben!

Zunächst einmal möchte ich mich herzlich für eure Reads und Votes bedanken! Ich freue mich, dass Juri und Tess bei euch so gut ankommen. Nach diesem großartigen Sieg heute gegen Kroatien habe ich auch das nächste Kapitel für euch. Ich wünsche euch viel Freude beim Lesen!

Liebe Grüße

Melinah

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Das Testspiel gegen Portugal war vorbei. Die deutsche Mannschaft hatte es knapp gewonnen und Tess hatte zum ersten Mal ein Handballspiel so hautnah miterlebt. Sie war früher schon einmal beim Handball gewesen, doch dieses Mal stand sie unten direkt an der Seite. Für sie war es sehr aufschlussreich gewesen, wie sich die Jungs dabei verhielten, sowohl auf dem Feld als auch auf der Bank. Sie hatte sich in diesem Spiel erstmal darauf beschränkt nur zu beobachten und sich bemüht, nicht im Weg zu stehen. Natürlich war die Stimmung danach gut, dennoch wusste jeder, wo die Baustellen waren und die sollten bis übermorgen in Angriff genommen werden. Am Abend begleitete Tess Physio Peter für eine Weile. Sie wollte wissen, wie er arbeitete und wie die Jungs bei ihm drauf waren. Die meisten nutzten die Zeit auf der Massageliege für lockere Gespräche oder redeten gar nicht. Der einzige Spieler, der nicht aufhörte zu Quasseln war Torhüter Andreas. Juri hingegen hatte die Augen geschlossen und atmete passend zu den Bewegungen des Physiotherapeuten. Peter war ein Meister seines Fachs und verstand es genau, die verspannten Stellen der Spieler zu finden. „Locker lassen, Juri", sagte Peter ruhig. „Ist locker", murmelte Juri. Peter runzelte die Stirn und drückte etwas kräftiger in einen Muskel. Juri zuckte. „Wenn ich nochmal drücke, atme aus." Juri holte Luft und atmete dann aus. „Ja, schon besser." Tess spürte seine Anspannung und ihr Herz schlug schneller. Er lag recht entspannt auf der Liege, hatte die Haare offen und den Haargummi wie immer um den Ringfinger gewickelt. Sie musste daran denken, wie er in ihrem Bett gelegen hatte. Auch da hatte er nie Zopf getragen und sie fand die halblangen Haare ziemlich attraktiv. Sie mochte auch den Zopf, der seine Gesichtszüge hervorhob, doch die offenen Haare hatten etwas Intimes an sich. Schnell wandte sie den Blick ab und atmete ein paar Mal tief durch. Als sie wieder zurückschaute, bemerkte sie, dass Juri sie ansah. Er lächelte sie sanft an und sie lächelte zurück. Auch sie hatte die Haare nicht zusammengebunden und Juri liebte es, wenn sie sie offen trug. Er sehnte sich danach, ihr eine Hand ins Haar zu schieben und sie zu küssen. Schnell schloss er die Augen wieder und blendete jeden Gedanken an Tess aus. Zwanzig Minuten später war Peter fertig. „Bleib noch ein paar Minuten liegen, ich werde mal nachsehen, wie weit Rune ist." Der Physiotherapeut lächelte ihn an und Juri nickte. Peter hatte vor Jahren schon seinen Vater behandelt, als der noch Nationalmannschaft gespielt hatte. Tess beobachtete ihn und verhielt sich ruhig. Schließlich setzte Juri sich auf und sah sie an. „Konntest du dich entspannen?", fragte sie. „Ja und ich freue mich wirklich auf mein Bett." Sie lächelte ihn an. „Dann gute Nacht." „Tess, ich... Ich glaube immer noch, dass wir eine Chance haben und sie auch verdienen... Aber ich werde mich zurückhalten. Wir arbeiten ganz normal miteinander, zumindest werde ich mich anstrengen." Tess seufzte erleichtert. „Ich danke dir, Juri. Ich will wirklich, dass wir uns verstehen. Es soll nicht so unterkühlt zwischen uns sein." Er nickte und stand auf. „Es tut mir trotzdem weh." „Mir auch, glaub mir. Aber mit der Zeit wird es leichter werden, da bin ich mir sicher." Er sagte nichts mehr dazu und ging langsam auf sie zu. Vorsichtig umarmte er sie und Tess ließ es zu. Das war der erste Körperkontakt zwischen ihnen, seit sie sich hier wiedergetroffen hatten.

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„Weiter, weiter, weiter!" Alfreds Stimme hallte über das Handballfeld in der Trainingshalle. Die Mannschaft war beim Vormittagstraining. Es ging noch ungefähr eine Viertelstunde und alle schwitzten ordentlich. Tess stand wieder an der Seite und sah zu. Zwischendurch unterhielt sie sich mit einigen Spielern und Trainern und alle bemühten sich, ihr so viel wie möglich über Handball beizubringen. Gerade rollte ihr ein Ball vor die Füße. Sie hob ihn auf und sah, dass Johannes in ihre Richtung schaute und die Hand hob. Sie warf den Ball über das halbe Spielfeld zu ihm zurück. „Woah! Wer hat den geworfen?", fragte Rune überrascht. „Tess!", rief Johannes und zeigte auf sie. Gefühlt alle drehten sich zu ihr um. „Was ist?", fragte sie verunsichert. „Soll ich die Bälle nicht zurückwerfen?" „Doch! Aber woher kannst du das so gut?" „Ähm..." „Du hast den Ball gerade durch die ganze Halle geworfen und zwar straff und platziert." Johannes kam zu ihr herüber und auch ein paar andere kamen auf sie zu. „Wir müssen testen, was du noch so kannst", meinte Rune und sofort überlegten sich die Jungs verschieden Aufgaben für ihre Teampsychologin. Die sah sich hilfesuchend um. „Das war Zufall, ich glaube nicht, dass ich das kann. Alfred, hilf mir!" Der Trainer stand grinsend und mit verschränkten Armen daneben und schüttelte den Kopf. „Eigentlich wollte ich ein anderes Abschlussspiel spielen, aber lassen wir sie mal machen." „Die Bälle sind viel zu groß für meine kleinen zarten Hände." „Ach was, das geht schon, du wirst sehen", meinte Andreas und drückte ihr einen Ball in die Hand. „Dieses Harz... Das geht doch nie wieder ab." „Doch, mit Babyöl, keine Sorge. Jetzt komm mit." Ergeben folgte Tess dem Torhüter zur Kreislinie. „Okay, wirf auf das Tor." Tess warf und traf. „Okay, das war nah und ohne Hüter. Jetzt weiter zurück." Alle anderen stellten sich im Halbkreis auf und warfen ebenfalls. So ging es immer weiter zurück, bis sie schließlich an der Mittellinie standen. „Von links nach rechts!", wies Alfred an und nacheinander warfen alle aufs Tor. Wer nicht traf, schied aus. Für Tess war es aus der Mitte erstmal einfach und am Ende waren nicht mehr viele übrig. Je weiter es zurückging, desto weniger Spieler hatten noch getroffen. Am Ende standen die verbliebenen an der gegnerischen 9-Meter Linie. Julian, Juri, Kai und Tess waren übrig. Tess traf das Tor, die anderen drei nicht. Ein Raunen und Lachen ging durch die ganze Mannschaft. „Sie wirft besser als wir!", lachte Jannik. „Das gibt's doch nicht!" „Zufall", murmelte Tess. „Das glaube ich nicht. Hast du selbst mal gespielt?" „Nein, ich hatte vor euch mit Handball nichts zu tun", antwortete sie. „Unglaublich. Na, schauen wir mal, ob es Zufall war." Nacheinander drückten die Jungs ihr die Bälle in die Hand und von 10 Würfen gingen 7 ins Tor. Alle waren erstaunt und keinen interessierte es, dass das Training seit zehn Minuten vorbei war. Sie hatten Spaß und weil das so war, ließ Tess sie machen und auch Alfred freute sich darüber. Wie die kleine Tess zwischen den ganzen großen Spielern stand, war schon ein lustiges Bild. Ein paar der Jungs warfen auf der einen Seite ins Tor und probierten sich an Trickwürfen und allerlei Unsinn und die andere Hälfte brachte Tess fleißig das Tore werfen bei. Andreas hatte sich mittlerweile in den Kasten gestellt, erstmal nur als Hindernis, wie er selbst sagte. „Okay, also pass auf. Du darfst beim Wurf nicht im Kreis stehen und auch nicht auf der Linie, sonst zählt das Tor nicht und der Gegner bekommt den Ball", erklärte Timo und Tess nickte. Ein bisschen was hatten sie ihr in den letzten Tagen schon erklärt und sie hatte viel gelesen, sodass sie die grundlegenden Regeln kannte. „Mit dem Ball in der Hand sind nur 3 Schritte erlaubt, ansonsten musst du prellen." „Aber nicht prellen, gehen, prellen." „Genau, das ist verboten." „Stell dich hier an die Seite", sagte Rune und nahm sie mit auf seine linke Außenposition. „Als Rechtshänderin ist die Position Linksaußen für dich ganz gut. Jetzt steht Andi relativ weit links, das heißt, du müsstest in die lange rechte Ecke, werfen, aber..." Tess legte den Kopf schief und warf auf das Tor. „Uhhhhhhh! Nice!", rief Andreas, als der Ball neben ihm im Netz landete. „Ja, genau so. Das kann doch nicht wahr sein, wieso triffst du denn?" Tess zuckte mit den Schultern. Sie ließen sie noch ein paar Mal von links werfen und es schien, als hätte sie wirklich Talent. „Das liegt nur daran, dass Andi sich nicht bewegt. Wenn er die Arme lang macht, hab ich keine Chance mehr." „Das probieren wir die Tage mal aus", grinste Jannik. „Juri! Erklär Tess, wie man einen ordentlichen 7-Meter wirft." Juri grinste und zeigte auf die Wurflinie. „Also, das Wichtigste ist, dass dein Fuß sich nicht bewegt. Du darfst keinen Schritt machen und nicht verrutschen. Und der Fuß darf die Linie nicht berühren, also stell dich ein kleines Stück weiter hinter." „So?" „Ja, genau. Technisch gesehen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Du kannst direkt werfen, viele täuschen aber auch einen Wurf an, um den Torwart zu verwirren. Ich hampele da immer ein bisschen rum." Sie lachte und wusste genau, was er meinte. Sie hatte sowohl im Training als auch im Spiel gesehen, wie er einen 7-Meter Wurf ausführte. „Je nach Torhüter gibt es Ecken, in die man werfen sollte und welche, die man meiden sollte. Grundsätzlich ist aber ein Wurf nach unten erstmal nicht verkehrt. Andi steht meistens sehr weit vorne, da kann man einen schönen Heber drübersetzen. Aber fangen wir erstmal unten an, würde ich sagen." Er reichte ihr den Ball und sie stellte sich auf. Er korrigierte ihre Position ein wenig und kaum, dass er sie berührte, schlug ihr Herz wieder schneller. Sie ignorierte es konsequent und konzentrierte sich auf den Wurf. Der erste ging daneben, der zweite war im Tor. „Yes!" Juri klatschte mit ihr ab. „Respekt, Tess. Wir machen aus dir noch eine richtige Handballerin", meinte Andreas und kam aus dem Tor. „Oh je...", lachte sie. „Warte mal ab, wenn die EM vorbei ist, kannst du bei den Frauen mitspielen." „Ja klar." „Aber mal im Ernst, du hast Talent. Und solange dir es Spaß macht, dass wir nach dem Training ein bisschen mit dir werfen, ist es doch okay, oder?" Tess nickte. „Ja, natürlich. Ich freue mich ja auch darüber, dass euch das so viel Spaß macht."

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