Kapitel 8

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Hi, ihr Lieben!

Frankreich wird am Mittwoch der Viertelfinalgegner unserer Jungs sein. Ein starker Gegner, den sie aber durchaus schlagen können! Bis dahin versüßt euch hoffentlich dieses Kapitel die Wartezeit. Schreibt mir doch gern eure Lieblingssätze in die Kommentare. :)

Liebe Grüße

Melinah

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Das zweite Testspiel gegen Portugal war vorbei. Es war zwar gewonnen, aber zwischendurch hatte es die ein oder andere schwächere Phase gegeben. Der Tag war bereits lang gewesen, denn vorher standen zahlreiche Medientermine an. Tess war einfach da und beobachtete. Sie stand jederzeit bereit, sollte jemand das Bedürfnis haben, mit ihr zu sprechen. Im Spiel hatte sich Patrick leider verletzt, eine alte Fußverletzung war vermutlich wieder aufgetreten. Er war mit Teamarzt Philip auf dem Weg ins Krankenhaus. Für einige Spieler standen auch nach dem Spiel noch Termine an. So sollten Juri und Timo jetzt gleich ins Flugzeug steigen und nach Mainz zum ZDF Sportstudio fliegen. Eigentlich sollte Teammanager Oliver sie begleiten, doch der kam jetzt ganz aufgeregt auf das Betreuerteam zu. „Patrick fällt eventuell aus für die EM, ich muss jetzt dringend telefonieren und ein paar Sachen klären, kann jemand anders mit Juri und Timo nach Mainz fliegen?" Die Trainer waren raus, die hatten zu tun, die Physios ebenso und so fiel sein Blick auf Tess. „Was ist mit dir?" „Ich?" „Ja. Im Prinzip musst du gar nichts weiter machen", sagte er. „Du musst nur schauen, dass die Abläufe eingehalten werden, ich leite dir die E-Mail dazu weiter." „Ähm..." „Anziehen können sie, was sie wollen, Hauptsache ordentlich und du... Du siehst eigentlich immer gut aus und du musst auch nicht vor die Kamera. Also... Ich danke dir, Tess." Sie hatte keine andere Wahl und musste quasi ja sagen. Knapp eine Stunde später saß sie im Flugzeug neben Juri und Timo. Die unterhielten sich leise und Tess sah aus dem Fenster. Sie war eigentlich nur die Teampsychologin und jetzt sollte sie irgendwelche Presseaufgaben wahrnehmen. Dieses Abenteuer würde immer verrückter. In Mainz wurden sie am Flughafen abgeholt und ins Studio gebracht. Die Jungs waren schon ein bisschen kaputt von dem Tag, doch trotzdem freuten sie sich. Tess begleitete sie in die Maske und machte ein Foto, als sie abgepudert wurden. Anschließend bekamen sie die Mikrofone und die Sendung begann kurz darauf. Es war nicht viel Zeit gewesen, sodass sie zwischen Flug und Sendung keine Pause hatten. Tess saß im Publikum und beobachtete die beiden. Zwischendurch schien Juri irgendetwas zu stören, denn er wackelte unruhig mit den Fingern. Tess runzelte die Stirn. Timo beantwortete gerade eine Frage und Juris Blick wanderte umher. Er suchte sie. Als ihre Blicke sich trafen, erkannte Tess sein Unwohlsein. Sie lächelte ihn an und bedeutete ihm, tief ein- und auszuatmen. Das tat er unauffällig und sofort wurde es besser. Dankbar sah er sie an und sie blinzelte ihm zu. Als der Part mit Juri und Timo vorbei war, setzten sie sich zu Tess ins Publikum. „Danke", flüsterte Juri. „Kein Problem, dafür bin ich da. Geht's dir gut? Du bist ein bisschen blass." „Ich bin nur müde, keine Sorge." „Sag Bescheid, wenn was ist." Er nickte und wandte den Blick nach vorn. Am Ende der Sendung mussten sie alle noch zum Torwandschießen. Timo und Juri trafen keinen einzigen Versuch, die Kandidatin und der andere Gast jeweils einen. In der Garderobe unterhielten sich die Jungs darüber. „Ey, wir haben gegen einen Schachspieler im Fußball verloren. Schach, Timo!" „Ich weiß... Schon ein bisschen traurig." Sie mussten beide lachen und saßen schon bald wieder im Flugzeug zurück in den Norden.

Während des Fluges war Juri ziemlich schnell eingeschlafen. Timo lehnte sich zu Tess rüber. „Süß ist er, wenn er schläft," grinste er. Tess schüttelte den Kopf. Sie fand ihn immer süß, aber das würde sie Timo nicht sagen. „Ihr versteht euch ganz gut, oder?", fragte er und Tess sah ihn an. „Ich verstehe mich mit allen gut. Ich glaube aber, dass Juri in seinem jungen Handballerleben schon viel aushalten musste und dass sich das jetzt noch verstärken wird. Ein stabiles und mental starkes Umfeld wird für ihn wahnsinnig wichtig sein und ich möchte dazu beitragen, dass das auch so ist." „Du machst es echt gut, Tess. Alle reden sehr positiv von dir." „Das freut mich, Timo." Er lehnte sich zurück. „Was beschäftigt dich?", fragte sie nach einer Weile. Timo seufzte. „Ich frage mich, wie oft ich noch zu meiner Alkoholfahrt befragt werde." Tess wartete ab, bis er weitersprach. „Ich weiß, dass das dumm war und ich stehe zu meinem Fehler. Ich bezahle nach wie vor dafür, was auch richtig ist und mir ist klar, dass das etwas ist, was die Presse interessiert. Ich spreche auch darüber, wenn ich gefragt werde, aber heute war es mir irgendwie unangenehm." „Warum?", fragte Tess. „Ich weiß nicht... Ich glaube, ich sehe uns oder in dem Fall mich irgendwie in einer Vorbildfunktion. Und ich schäme mich dafür, dass das passiert ist. Ich will nicht, dass die Menschen schlecht über mich denken." „Warum denkst du, dass sie das tun?" Er überlegte. „Die Presse ist gnadenlos, aus allem wird eine Schlagzeile gemacht und die negativen Dinge bieten einfach mehr Stoff zum Diskutieren. Ich will nicht, dass mich das trifft." „Hast du das Gefühl, das nicht aushalten zu können?" Tess drehte sich seitlicher, um ihn besser anschauen zu können. Da sie in der Mitte saß, drehte sie Juri nun den Rücken zu, der von ihrer Bewegung geweckt wurde. Er öffnete ein Auge und sah Tess' Gesicht von der Seite. Am liebsten hätte er ihre Wange gestreichelt, doch er hielt sich zurück. Leise seufzend schloss er das Auge wieder und lehnte sich noch ein Stück weiter an. Instinktiv legte Tess ihm kurz eine Hand auf den Oberschenkel, eine Geste, die Timo nicht entging. Doch er vermied es, etwas dazu zu sagen. „Ich weiß es ehrlich gesagt nicht", antwortete er auf ihre Frage. „Das kann ich dir wahrscheinlich erst sagen, wenn ich in diese Situation komme." „Ich sehe das so: Du stehst zu deinem Fehler und du kommunizierst das offen und ehrlich. Dass man irgendwann nicht mehr darüber sprechen möchte, ist ganz normal. Aber du hast einen guten Umgang damit gefunden und eben, weil du deinen Fehler nicht versteckst, wird mit dir auch respektvoll umgegangen. Die Situation kann sich natürlich immer verändern, aber es ist jetzt schon eine Weile her und deswegen denke ich, dass du dahingehend gefestigt bist. Die Menschen sehen dich nicht als Alkoholfahrer, sondern als Mensch mit Fehlern, der diese auch zugibt und ehrlich ist. Das ist eine großartige Eigenschaft." Timo nickte langsam. „Danke, Tess."

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