Kapitel 12

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Guten Morgen!
Es ist soweit und in ein paar Stunden steht für die Jungs das nächste wichtige Spiel an! Und ganz egal, was passiert, sie spielen auf jeden Fall um eine Medaille. Drücken wir kräftig die Daumen!
Viel Freude mit dem heutigen Kapitel und bis ganz bald!
Melinah
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Uhr. Es war erst kurz nach sieben, wer war denn so früh wach, wenn es erst in zwei Stunden Frühstück gab? Tess richtete sich auf und rief: „Moment!" Schnell warf sie sich die Strickjacke über und öffnete die Tür. „Johannes! So früh auf?" Er nickte. „Entschuldige bitte, du hast noch geschlafen, oder?" Sie nickte. „Komm rein, ich bin in ein paar Minuten voll und ganz für dich da." „Ich kann auch wieder..." „Setz dich einfach hin, okay?" Er nickte und trat ein. Tess ging ins Bad und stand 5 Minuten später wieder vor ihm. „Ich brauche einen Kaffee", stöhnte sie und lächelte ihn an. „Tut mir leid." „Ach was. Was kann ich denn für dich tun?" „Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sich eine Art Spannung aufbaut", sagte er. „Erklär mir das bitte genauer." „Einerseits in mir, andererseits innerhalb der Mannschaft. Und ich bin mir noch nicht sicher, wie ich damit umgehen soll." Tess streckte sich und nahm ihre Mappe. „Lass uns das mal nacheinander betrachten. Wie fühlt sich diese Spannung an, die sich in dir aufbaut?" Johannes atmete durch. „Ich schlafe schlecht ein und wenn ich dann schlafe, dann bin ich ständig wieder wach. Kai beschwert sich schon, dass ich so unruhig schlafe. Und tagsüber fühle ich die Anspannung immer stärker. Manchmal fühlt es sich so an, als würde ich nicht richtig Luft kriegen." Tess runzelte die Stirn. „Und was machst du dann?" „Ich versuche, bewusst durchzuatmen, aber manchmal würde ich am liebsten weglaufen." „Ich verstehe." „Was soll ich machen?", fragte er. „Wegen des Schlafens würde ich dir empfehlen, dich mal bei Philip zu melden, er kann dir bestimmt weiterhelfen." „Ja, daran habe ich auch schon gedacht." „Und wegen der inneren Anspannung solltest du dir überlegen, was dir in diesem Moment gut tut. Durchzuatmen ist immer gut und wenn du das Gefühl hast, weglaufen zu müssen, dann geh ein bisschen auf Abstand. Nimm dir eine Minute, dich wieder zu fokussieren. Mach dir deine Empfindungen in diesem Moment bewusst. Was stört dich und was beeinflusst dich positiv? Du stehst sehr unter Druck, Johannes. Als Kapitän nochmal auf eine andere Art und Weise als die anderen Spieler. Man muss lernen, damit umzugehen, aber ich bin zuversichtlich. Du bist erfahren, klug im Spiel und ein ruhiger und besonnener Anführer. Du machst es gut." Er sah sie dankbar an. „Und wie äußert sich die Spannung innerhalb der Mannschaft?" „Naja, ich glaube, die Stimmung heizt sich langsam auf. Nach dem Spiel gegen Frankreich waren schon viele unzufrieden." „Hmm, ich verstehe. Es ist das erste verlorene Spiel dieses Turniers. Es kann gut sein, dass ihr noch mehr Spiele verliert. Zu lernen damit umzugehen, das ist die große Aufgabe. Und du als Kapitän kannst da gut vorangehen. Vor allem für die jüngeren Spieler. Ich denke, indem du einfach da bist und die Jungs motivierst, kannst du ganz viel Spannung wegnehmen." „Ich hoffe einfach, dass ich dem gerecht werden kann." „Zweifel nicht an dir, Johannes. Du bist nicht ohne Grund in dieser Position, vergiss das nicht." „Danke, Tess." Sie lächelte ihn an und er stand auf. „Sorry nochmal, dass ich dich geweckt habe." „Macht nix, dafür bin ich da." „Willst du jetzt schon mit mir einen Kaffee trinken gehen?" Tess sah auf die Uhr. „Danke für das Angebot, aber ich glaube, ich leg mich nochmal hin. Eine halbe Stunde kann ich noch schlafen. Aber nachher beim Frühstück dann", sagte sie. Johannes verabschiedete sich und Tess legte sich wieder hin. Sie war zwar mittlerweile angezogen, kuschelte sich aber dennoch noch einmal unter ihre Decke. Jetzt war es dreiviertel acht, sie konnte also locker noch eine dreiviertel Stunde im Bett bleiben, bevor sie zum Frühstück um neun musste. Kaum hatte sie die Augen geschlossen, klopfte es wieder. Seufzend stand Tess auf und öffnete die Tür. „Juri?" „Hi", sagte er leise. Tess sah ihn stirnrunzelnd an. Er sah müde und blass aus. Sie ging einen Schritt zur Seite und ließ ihn rein. Am liebsten hätte sie ihn direkt ins Bett geschickt und sich an ihn gekuschelt. Alles in ihr verlangte danach, doch sie zwang sich, professionell zu bleiben. „Was ist los? Es ist viel zu früh für dich." „Ich konnte nicht mehr schlafen." Er setzte sich auf einen der Sessel und Tess kam näher. „Ich will mich entschuldigen, Tess. Du hattest Recht, ich hätte gestern zum Arzt gehen sollen." Sie legte den Kopf schief und sagte nichts. Juri sah von unten zu ihr herauf. „Ich hätte nie gedacht, dass du mich wirklich für nicht spieltauglich erklärst." „Irgendjemand muss dich schützen, wenn du es nicht selbst kannst, Juri." Er schloss kurz die Augen. „Ich weiß... Ich nehme mir viele Dinge zu sehr an und ich weiß auch, dass ich die Welt nicht retten kann, aber..." Er seufzte. Tess' Mauer, die sie Juri gegenüber um ihr Herz aufgebaut hatte, bekam Risse. Sie wollte nichts anderes, als ihn in den Arm zu nehmen und zu küssen. Er fuhr sich durch die offenen Haare, eine Geste, die Tess liebte. „Handball ist mein Leben und ich will es unbedingt gut machen. Mir ist klar, dass das nicht immer geht, aber das ist schwer für mich." „Ich verstehe. Du wirst deinen Weg finden, Juri. Ich weiß, dass du dafür hart arbeitest. Versprich mir nur, dass du auf dich aufpasst. Respektiere deine eigenen Grenzen." Er nickte und sie ging auf ihn zu. „Du bist mir viel zu wichtig, als dass ich mir das mit ansehen könnte", sagte sie leise und fuhr ihm sanft durch die Haare. Er seufzte und schloss die Augen. „Tess, ich liebe dich", sagte er. Worte, die er schon fühlte, seit er sie kannte und die ihm immer bewusster wurden. Trotz der kurzen Zeit war er sich sicher. „Ich weiß." Ihre Stimme war sehr leise. Sie erwiderte es nicht, aber tief in ihrem Inneren wusste sie, dass es ihr ebenso ging. Jede Berührung kribbelte, jeder Blick bescherte ihr eine Gänsehaut und wenn sie seine Stimme hörte, könnte sie alles um sich herum vergessen. Er stand auf und zog sie an sich. Entgegen aller ihrer Prinzipien ließ sie es zu. Sie standen eine ganze Weile so da. Er hielt sie fest im Arm und sie kuschelte sich an seine Brust, atmete seinen ganz eigenen Juri-Geruch ein und fühlte sich einfach nur geborgen, beschützt und geliebt. Würde Tess einen Weg sehen, der sie beide trotz dieser Situation zusammenführen würde, dann würde sie ihn ohne zu zögern gehen. Doch es war und blieb unglaublich kompliziert. Schließlich lösten sie sich voneinander und Juri sah sie an. „Wie gern würde ich dich jetzt küssen", murmelte er. Doch Tess schüttelte den Kopf. „Das geht nicht, Juri." Er nickte kurz und ließ sie los. Traurig sah er sie an. „Wir sehen uns beim Frühstück." Tess nickte und er ging.

Das mit uns...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt