Kapitel 13

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KAPITEL 13 - ERIK

Hayes

Keuchend und schwer atmend drehte ich mich auf den Rücken.
„Ich habe ganz vergessen, wie sich das anfühlt", schnaufte Erik neben mir außer Atem.
Grinsend sah ich ihn an. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust.
„Das darf keiner erfahren!"
Erik stützte sich auf einen Arm ab und sah mich an. Seine Lippen waren geschwollen, sein Haar zerzaust. Der leichte Bart stand ihm. Er war unglaublich heiß- so wie damals.
„Das dachte ich mir. Und ich bin nicht scharf auf den Stress mit deiner Familie. Dein Bruder lauert mir immer noch auf", erwiderte ich.
Fast zehn Jahre ist es her, seit ich Erik gesehen hatte. Wie wir uns geliebt hatten. Wie wir einfach alles miteinander ausgetestet hatten, weil wir jung und unerfahren waren. In ihn hatte ich mich das erste mal verliebt.
Erik strich mir mit seiner Hand über meine Brust, sah auf seinen Ehering.
„Weiß sie es?", fragte ich leiser und legte meine Hand auf seine.
Er nickte.
„Sie schläft auch mit Anderen. Wir sind nur wegen unserer Eltern verheiratet."
Erik küsste meine Brust. Ich seufzte wohlig auf, dann küsste er jede meiner Narben.
„Es tut mir alles so leid."
„Muss es nicht", flüsterte ich. „Du kannst ja nichts dafür. Außerdem bin ich dadurch zu dem geworden, der ich heute bin", fügte ich hinzu.
Es war die Wahrheit. Erik konnte nichts dafür, dass seine Familie mich damals nach dem Skandal beseitigen wollte. Vor allem sein Bruder Will wollte mich tot sehen. Doch er hatte es nie geschafft. Wahrscheinlich hatte  ich es einzig und allein Daniel zu verdanken, dass ich überlebt hatte.
„Hm, also an Selbstbewusstsein fehlt es dir jetzt definitiv nicht mehr", grinste Erik und gab mir einen Kuss.
„Wie wär's, wenn du lieber die Klappe hältst und deinen Mund für nützlichere Dinge benutzt?", fragte ich grinsend.
„Zu Befehl, Meister", grinste Erik und verschwand unter der Decke.

„Wann bist du das nächste Mal in der Stadt?", fragte ich ihn.
„Weiß ich nicht. Aber ich muss mich jetzt echt beeilen, wenn ich pünktlich kommen will", flüsterte Erik und drückte mich gegen den Türrahmen.
Grinsend legte ich meine Hände an seinen Hintern.
So knackig wie damals!
„Lass es nicht wieder zehn Jahre werden", flüsterte ich und gab ihm einen Kuss.
„Definitiv nicht. Da ich jetzt deine Nummer habe, kann ich dir schreiben, wenn ich mal in Miami bin."
Ich nickte.
„Dann buche ich uns das beste Zimmer im besten Hotel."
Ich öffnete meine Wohnungstür und wir erschraken, als Callie und Daniel vor uns standen.
„C-Callie", stotterte Erik.
„Gut siehst du aus!"
Er wurde rot, doch Callie lächelte nur.
„Danke, du auch. Ich wusste gar nicht, dass ihr noch Kontakt habt."
Sie sah zwischen uns hin und her.
„Hatten wir auch nicht. Es war gestern Abend Zufall."
Ich lächelte Erik an.
„Okay, ich muss jetzt los, bevor mein Vater mich umbringt", erwiderte Erik und sah mich ein letztes Mal an.
Dann ging er.
Meine Schwester und mein Schwager traten ein.
„Wer war das?", fragte Daniel und schloss die Tür.
„Erik", lächelte ich.
„Etwa der Erik? Aus den Erzählungen?"
Ich nickte und lief ins Wohnzimmer. Meine Bude war durch gestern Nacht das reinste Chaos. Zumindest war ich schon in der Lage gewesen, die benutzen Kondome aufzusammeln.
„Wie war es in Miami?", fragte ich und sammelte meine Kleidung vom Boden auf.
„Schön!"
Callie strahlte. Anscheinend war das Gespräch in der Kinderwunschklinik gut verlaufen.
„Es ist bei uns beiden alles in Ordnung. So wie es aussieht, liegt es am ganzen Stress. Ich schreibe noch mein Buch zu Ende und werde dann eine Zeit lang pausieren. Daniel redet mit seinem Chef, dass er ebenfalls Urlaub nimmt und seine Überstunden abbauen kann. Und dann machen wir einen richtig schönen Urlaub."
Callie strahlte über das ganze Gesicht. Doch auch Daniel sah sehr erleichtert aus und gab seiner Frau einen Kuss auf die Schläfe.
„Das klingt doch super", lächelte ich und brachte die Klamotten zum Wäschekorb.
„Und jetzt erzähl mal von Erik! Du hast hoffentlich gesehen, dass er einen Ehering trägt? Du schläfst doch sonst nicht mit Leuten, die in einer Beziehung sind."
Callie war mir gefolgt.
„Da hast Du recht, aber er ist mit einer Frau verheiratet. Sie weiß es und geht ebenfalls mit anderen Männern ins Bett. Sie haben es nur ihren Eltern zu liebe getan und geheiratet. Ich muss dich doch nicht dran erinnern, wie Eriks Familie tickt, oder?"
Meine Schwester schüttelte ihren Kopf.
„Nein. Liebst du ihn noch?"
Ich seufzte.
„Ich habe ihn nie geliebt, Callie. Liebe entwickelt sich, wir hatten aber keine Zeit dafür. Wir wurden einfach brutal auseinandergerissen."
Meine Worte klangen hart- härter als beabsichtigt. Doch es es die Wahrheit. Erik und ich kannten uns einige Wochen, dann hatten wir unseren ersten Kuss. Es gefiel uns und wir beiden wollten sofort mehr ausprobieren. Das Ganze ging ungefähr einen weiteren Monat gut. Ein Monat, in dem wir miteinander schliefen, egal wann und wo. Wir probierten alles aus- bis die Presse uns fotografierte. Sie schickten Erik sofort auf ein Internat in einen anderen Staat und ich bekam Probleme mit seiner Familie- vor allem mit Will, welcher mich tot sehen wollte.
Ich holte tief Luft und sah meine Schwester an.
„Aber das Ganze hatte ja auch gute Seiten", erwiderte ich dann sanfter.
„Und welche?"
Ich verließ mein Schlafzimmer und ging zurück ins Wohnzimmer, wo Daniel am Fenster stand und meine Aussicht genoss. Das tat er immer.
„Du hast deinen Mann kennengelernt und ich wurde stärker und selbstbewusster."
Callie verdrehte ihre Augen.
„Und du bist wie oft fast gestorben?"
„Callie, das alles ist Vergangenheit."
Ich war genervt. So oft redete sie über vergangene Tage, redete von den schlimmen Zeiten ohne unsere Eltern. Ich war anders. Ich weinte der Vergangenheit nicht hinterher. Meine Eltern hatte ich nie kennengelernt, besser gesagt, ich konnte mich nicht an sie erinnern. Ich kannte nur die Zeiten im Heim oder in lästigen Pflegefamilien. Ich kannte nur Schmerz. Warum sollte ich auf das alles zurückblicken? Die Vergangenheit konnte ich nicht ändern.
„Hört auf zu diskutieren."
Daniel trat zwischen uns.
„Wir wollten dich eigentlich zum Essen einladen. Zur Feier des Tages und nicht zum nachtrauern eurer nicht so schönen Vergangenheit."
Dankbar sah ich Daniel an.
Danke!

HOPE | manxmanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt